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059 - Der Preller

059 - Der Preller

Titel: 059 - Der Preller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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geborgt hat, war sein Bankkonto, wie ich bestimmt weiß, ziemlich groß. Warum er also gleichwohl zu einem Geldverleiher ging, weiß ich nicht. Möglich, daß er Verpflichtungen hatte, von denen ich nichts wußte; ich kann es mir aber nicht gut denken, denn er pflegte mir alle seine Sorgen zu beichten.«
    »Besten Dank. Ich will Sie nun nicht länger belästigen, kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, daß man Sie zu betrügen versucht. Ich rate Ihnen, nicht einen Penny zu zahlen, bis Sie wieder von mir gehört haben. Haben Sie einen Rechtsbeistand?«
    »Nein, ich habe mich bisher noch an keinen Anwalt gewandt.«
    »Es wäre vielleicht besser, Sie nähmen sich einen«, riet er ihr. »Man soll sich in derartigen Fällen immer eines Anwalts bedienen.«
    »Wohin kann ich Ihnen nötigenfalls Bescheid geben?« wollte sie wissen.
    Die Frage setzte den Preller in Verlegenheit.
    »Ich wohne mit einigen Freunden im Rex-Hotel, Brighton«, gab er nach kurzem Nachdenken Auskunft. »Dort erreicht mich Ihre Post.«
    Die geschilderte kurze Unterhaltung hatte bei Anthony tiefen Eindruck hinterlassen. Er versäumte seinen Zug nach Brighton, weil er vorher noch einen kurzen Besuch bei einer privaten Auskunftei zu machen hatte.
    »Ja, gewiß, wir können Ihnen über den alten Digle allerlei berichten«, meinte der Chef der Auskunftei auf die Frage seines Besuchers. »Es geht ihm seit einiger Zeit nicht zum besten.«
    »Spekulationen?« fragte Anthony rasch.
    »Nein: Wettleidenschaft. Er soll in den letzten zwei Monaten über hunderttausend Pfund bei Rennwetten verloren haben.«
    »Ist er ehrlich?«
    »Wie des Teufels Großvater. Er besitzt eben die Anschauungen eines Wucherers.«
    »Das heißt also, daß er ein Schuft ist! Haben Sie irgend etwas Nachteiliges über ihn in Ihrer Kartei?«
    »Nein, das nicht. Gewiß, er hatte schon verschiedentlich mit dem Staatsanwalt zu tun, aber es ist ihm bisher immer gelungen, die Fälle außergerichtlich beizulegen.«
    »Weiter will ich nichts wissen. Das genügt mir.« Anthony verabschiedete sich und fuhr mit dem nächsten Zug nach Brighton.
    Am nächsten Tag besuchte er die junge Witwe in ihrem Landhaus in Chorley und erfuhr dort noch einiges aus dem Leben des gefallenen Offiziers, das ihn interessierte.
    »Hat Ihr Gatte, als er das letztemal auf Urlaub war, etwa geheimnisvolle Briefe erhalten?« erkundigte er sich bei der Frau.
    Sie dachte einen Augenblick nach, dann sagte sie:
    »Nein, nicht daß ich wüßte ... Doch, jetzt erinnere ich mich. Er hatte damals einen Brief von einer Dame aus Pimlico erhalten, der ihn sehr überraschte. Sie hatte ihn um sein Autogramm gebeten, was sie damit begründete, daß sie von seiner Tapferkeit im Krieg gehört habe. Mein armer Edi ist natürlich nicht einer von jenen gewesen, die sich besonders auszeichneten, und er wunderte sich, wie die Briefschreiberin auf diese sonderbare Idee gekommen war. Das Autogramm hat er ihr aber doch gesandt. Wenn Sie sich einen Augenblick gedulden würden, will ich versuchen, den Brief der Autogrammsammlerin zu finden. Ich habe alle Briefe aufbewahrt, die er im letzten Jahr seines Lebens erhielt.«
    Nach zehn Minuten kam sie mit einem Bündel Briefe zurück, aus dem sie bald darauf den herausgesucht hatte, der sich auf das geschilderte Ereignis bezog. Als Absender war eine Dame genannt, die in der Pimlico Road wohnte. Anthony notierte sich die Adresse. Der Name, den die Briefschreiberin angegeben hatte, interessierte ihn wenig, obwohl er deutlich als ›Caroline Smith‹ zu entziffern war.
    Am nächsten Vormittag suchte er die angegebene Adresse auf und fand sich in einer billigen Pension. Ja, Mrs. Smith hatte eine Zeitlang hier gewohnt, war aber schon lange ausgezogen. Sie hatte angegeben, daß sie als Sekretärin bei einem Citykaufmann beschäftigt sei.
    »Haben Sie eine Ahnung, wie der betreffende Kaufmann heißt?«
    »Ja. Bei einem Mr. Digle«, erwiderte die Pensionsinhaberin.
    In der darauffolgenden Nacht wurden das Büro und der Geldschrank Digles von einem Eindringling heimgesucht. Es war gegen ein Uhr morgens, als der mitternächtliche Besucher durch das Hintertreppenfenster in den Arbeitsraum des Wucherers eindrang. Das einzige, was der Einbrecher aus dem Geldschrank entwendete, war ein Bündel Papiere, die er lange studierte. Erst kurz vor der Morgendämmerung drehte er das Licht aus, entfernte die vor das Fenster gehängte Decke, steckte einige Papiere zu sich und verschloß den Rest wieder in den Schrank. Dann

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