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059 - Der Preller

059 - Der Preller

Titel: 059 - Der Preller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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»Schweigegeld? Weswegen denn, Mr. Smith?«
    »Weil Sie durch Ihre Leute ausfindig gemacht hatten, daß der unglückselige junge Mann in Südafrika im Zuchthaus gesessen hatte. Das war, ehe er die Hinterlassenschaft seines Onkels antrat. Seit drei Jahren zahlte er Ihnen ein jährliches Schweigegeld von fünftausend Pfund, fällig jeweils am 21. Juni. Zum Selbstmord wurde er durch Ihre kürzlich an ihn gestellte Forderung von fünfundzwanzigtausend Pfund getrieben.«
    Sie zuckte nicht einmal zusammen, als sie diese wuchtigen Anschuldigungen hörte. Mit einem leichten Lächeln des Spottes musterte sie ihn.
    »Klug, sehr klug«, murmelte sie. »Wie ist es Ihnen denn gelungen, das alles herauszubekommen?«
    »Das hat ja mit der Sache selbst nichts zu tun«, wies Anthony die Frage zurück.
    »Jetzt hören Sie mir mal gut zu.« Ihre Wangen röteten sich leicht. »In London treibt sich seit einiger Zeit ein Gauner herum, der die Ganoven um die Früchte ihrer Arbeit prellt. Man kennt ihn unter der Bezeichnung ›Preller‹. Haben Sie schon etwas von ihm gehört?«
    »Jawohl.«
    Sie spielte mit ihrem Spitzenkragen und fuhr fort, ohne Anthony auch nur einen Blick zuzuwerfen:
    »Sein Beruf besteht darin, daß er arme Gauner, die endlich einmal einen Coup gelandet haben, beschwindelt und hereinlegt. Glauben Sie nicht, daß es begreiflich wäre, wenn er seine Tätigkeit nunmehr auch auf - hm - Erpresser ausdehnt?« Sie blickte ihn starr an: »Ich meine, Erpresser zu erpressen versucht?« Er antwortete nicht. »Nun?« fragte sie.
    Jetzt erst lächelte er. - »Zwanzigtausend Pfund Schweigegeld, Mrs. Yonker«, sagte er. Sie nickte.
    »Dachte ich es mir doch!« Lachend schritt sie ihrem Pult zu. »Mein lieber, guter Preller«, sagte sie und wandte ihm ihr Gesicht zu. »Sie halten mich für klug genug, das viele Geld zu verdienen, das Sie vorhin erwähnten ... Und ich sollte mich von einem Fremden, mit dem ich das erstemal in meinem Leben zusammenkomme, so ins Bockshorn jagen lassen?«
    Anthony stimmte in ihr Lachen ein.
    »Im Gegenteil, Mrs. Yonker«, erwiderte er. »Ich halte Sie für eine sehr vorsichtige Person. Hinter jener Tür dort« - er wies auf eine durch einen Vorhang verhüllte Öffnung in der einen Wand - »wartet Mr. van Deahy, einer Ihrer privaten Beschützer. Durch klug versteckte Gucklöcher beobachtet uns ein zweiter Wächter, Mr. Thomas Sethern, ebenfalls bei Ihnen in Lohn und Brot.«
    »Wirklich wunderbar, wie Sie das erraten haben«, spottete sie. »Aber ich bin über Ihre Kenntnisse gar nicht so überrascht, wie Sie zu glauben scheinen. Ich wußte, daß ein Mann, der einen Ruf wie Sie genießt, sich über die Lage der Dinge vorher eingehendst unterrichten würde.« Sie öffnete ein auf dem Rauchtisch liegendes Etui, brannte sich eine Zigarette an und bot auch ihm eine Zigarette an.
    »Sie könnten doch eigentlich mit uns zusammenarbeiten«, schlug sie vor.
    »Ich muß leider verzichten«, gab er ironisch zurück. Er schob das Etui zur Seite. »Dieser Verzicht erstreckt sich sowohl auf Ihr Angebot der Mitarbeit als auch auf die präparierte Zigarette, die Sie mir eben anboten. Mich interessiert für den Augenblick mehr Ihre Entscheidung über das Schweigegeld.«
    »Darauf kann ich Ihnen sofort Antwort geben«, meinte sie. »Sie werden es nicht bekommen.«
    Ein leises Klopfen drang an Anthonys Ohr. Es kam aus der Richtung des Vorhangs, auf den er die Hausherrin hingewiesen hatte.
    »Ich werde mich mit meinen Freunden beratschlagen«, erklärte nun Mrs. Yonker, die ebenfalls das Klopfen gehört zu haben schien. »Wie Sie vorhin ganz richtig bemerkten, befindet sich jemand im Nebenzimmer.«
    Anthony verbeugte sich, und Mrs. Yonker verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Sie blieb nur kurz weg.
    »Mein Freund stimmt Ihrem Verlangen zu, Mr. Preller«, sagte sie. »Er glaubt zwar, daß die verlangte Summe unverschämt hoch ist, will sie Ihnen aber trotzdem bezahlen, wenn er eine Garantie haben kann, daß Sie uns in Ruhe lassen werden.«
    »Diese Bürgschaft werde ich Ihnen wohl kaum geben können«, erklärte der Besucher. »Im Gegenteil, ich muß Sie bitten, England auf dem allerschnellsten Wege zu verlassen. Das Geld, das Sie mir zu geben haben, ist eigentlich der Kaufpreis für Ihre Freiheit und nichts weiter.«
    »Gut. Kommen Sie heute abend um acht Uhr wieder. Nein, wir haben nicht so viel Geld im Haus, denn, wie Sie sich denken können, haben wir Angst vor ungebetenen Abnehmern.« Sie erhob sich. »Also um acht

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