059 - Der Preller
laut und ungeniert gesagt.
»Viel Spaß dabei, geliebte Freundin«, gab Anthony zurück und erhob sich von dem Sitzplatz, den er im Saal während der Verhandlung innegehabt hatte.
Wie ein Fuchs in die Falle ging
»Die Wohnung Mr. Heimers, 940 Parkside, Wimbledon, wurde gestern von einem Einbrecher heimgesucht. Schmuckstücke im Wert von etwa viertausend Pfund Sterling werden vermißt. Die Polizei ist der Meinung, daß auch dieses Verbrechen auf einen Einbrecher zurückgeführt werden muß, der in Diebeskreisen unter dem Spitznamen ›Der Löwenzahn‹ bekannt ist. Das ist der siebente Einbruch in einem einzigen Monat. Die Methoden des Einbrechers waren in allen gemeldeten Fällen die gleichen. Er dringt ein, während die Hausbewohner beim Essen sitzen ... und so weiter und so weiter.«
»Und was sollen diese ›und so weiter‹ besagen?« erkundigte sich Paul, als Anthony die Vorlesung unterbrach.
»Nicht viel«, erwiderte der Preller. »Was hältst du von der Sache?«
»Meinst du, von den Einbrüchen oder von Mr. ›Löwenzahn‹ selbst? Nun, ich glaube, daß er ein sehr schlauer Fuchs ist. Das einzige, was mir bei seinen Methoden auf die Nerven fällt, ist die Gewohnheit, irgendeinem unglücklichen Dienstmädchen, das ihm bei seiner Arbeit über den Weg läuft, eins mit einem Knüppel zu versetzen.«
»Ja, klug ist er, gleichzeitig aber auch brutal«, meinte Anthony nachdenklich. »Diese Brutalität bezeugt, daß er kein sehr intelligenter Mensch sein kann, Paul. Nebenbei gesagt, stimmt das, was die Zeitung angibt, nicht ganz. Nicht der siebente, sondern bereits der neunte Einbruch kommt auf sein Konto. In allen Fällen, die ich von Anfang an verfolgt habe, ist sein Trick, sein Köder, derselbe.«
»Ein Köder?« Paul war offensichtlich überrascht. »Deshalb also hast du dich mit einer solchen Ausdauer in die alten Zeitungen vertieft?«
Anthony nickte. Seit drei Tagen hatte er mit einer Sorgfalt, die einer wichtigeren Sache würdig gewesen wäre, alle Zeitungen durchgelesen, die seit Monatsfrist erschienen waren.
»Merkwürdige Dinge sind mir aufgefallen«, fuhr er fort. »Jedesmal, wenn ein Einbruch gemeldet wurde, fand sich in den einige Tage früher erschienenen Tageszeitungen in der ›Gesellschaftsrubrik‹ eine kleine Notiz mit der Mitteilung, daß Mr. und Mrs. Soundso an dem und dem Tag in ihrer Wohnung dort und dort eine Gesellschaft, einen Tanztee oder sonst etwas Ähnliches veranstalten würden. Vorige Woche brachte der ›Daily Megaphone‹ etwas von einer demnächst bei Mr. Heimer stattfindenden Gesellschaft und erwähnte dabei die wunderbare Smaragdsammlung, die der Gastgeber sein eigen nennt, oder vielmehr bis gestern abend nannte.«
»Und welche Gedankengänge löste diese Kenntnis bei dir aus?«
»Verschiedene. Der eine betrifft die Geistesverfassung des Einbrechers. Er scheint ein vorzüglicher Psychologe zu sein, der mit der Eitelkeit seiner begüterten Mitbürger rechnet und sie sich zunutze macht. Er geht von dem sehr richtigen Standpunkt aus, daß ein Mensch, der sich seines Vermögens brüstet, auch ein leichtsinniger Hüter seiner Schätze sein müsse. Hast du jemals gelesen, daß sich die Rothschilds oder die Vanderbilts über die Größe ihrer Vermögen interviewen lassen? Nein, bestimmt nicht. Sie werden demzufolge auch nicht beraubt werden. Andererseits gibt es eine gewisse Menschenklasse, meist sind es Neureiche, die es sich nicht verkneifen können, täglich der staunenden Welt zu verkünden, daß sie soundso viel Geld oder wertvolle Juwelen im Haus liegen haben. Auf dieser Linie arbeitet unser Mr. Löwenzahn. Ich habe herausgefunden, daß bei allen Einbrüchen gerade die Stücke aus den Schätzen der Bestohlenen fehlen, die einige Tage vorher von den Opfern den Berichterstattern gegenüber als besonders wertvoll erwähnt worden waren. Nur die Sachen, die herumlagen und ohne besondere Mühe greifbar waren, hat er mitgenommen. Du weißt ja, daß es leichter ist, dem Verwalter eines Kunstmuseums Uhr und Kette zu klauen als das in seiner Verwahrung befindliche Königsszepter von 1490. Auf dieses konzentriert sich die Aufmerksamkeit des berufenen Hüters, während er den Diebstahl seiner eigenen Schmuckstücke gar nicht in Erwägung ziehen und deshalb auch nicht merken würde, ehe es zu spät ist.«
Anthony schwieg. Nachdenklich klopfte er taktmäßig auf die Lehne seines Klubsessels.
»Ich habe aber auch noch andere Theorien, doch von ihnen will ich später sprechen. Weißt
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