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059 - Der Preller

059 - Der Preller

Titel: 059 - Der Preller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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durchsuchten.
    »Nein, danke. Ich habe, was ich suchte. Ihre beiden privaten Mordbeauftragten liegen, falls Sie sie suchen sollten, draußen auf dem Bahnkörper; das heißt, wenn der Zug, wie ich hoffe, beim Verlassen des Tunnels seine Geschwindigkeit vermindert.«
    Das Erhoffte trat ein, der Zug fuhr langsamer. Anthony eilte in sein Abteil zurück, auf dessen Polstern immer noch die beiden Mordgesellen lagen. Ihr Bewußtsein fing langsam an zurückzukehren. Sie gaben ihren Gefühlen in französischer Sprache derartig Ausdruck, daß Anthony seinem Schöpfer dankte, daß Miss Maccall die Sprache nicht verstand. Er packte die beiden und führte sie auf die Plattform des Wagens. »Messieurs«, bemerkte er in ihrer Muttersprache, »Sie können entweder abspringen oder hinausgeworfen werden. Was wählen Sie?«
    »Sie haben mir den Arm gebrochen«, beschwerte sich der eine der beiden, den Paul bearbeitet hatte.
    »Unsinn, er ist nur verstaucht. Wollen Sie springen oder geworfen werden?«
    »Wir springen!« Als der Zug den Tunnel mit verminderter Schnelligkeit verließ, sprangen die beiden auf den Bahnkörper, und Anthony begab sich ins Abteil zurück.
    Auf dem Dampfer nach Dover machte er Bessie ernsthafte Vorhaltungen. Er sprach wie ein Bruder zu ihr und riet ihr, in Zukunft sich niemals fremden Leuten anzuvertrauen, wenn sie je wieder eine Reise auf das Festland machte.
    »Mr. Jones bat mich, Ihnen ein kleines Andenken zu überreichen«, schloß er seine Ermahnungen. »Ich sollte es Ihnen geben, als wir noch in Paris waren, vergaß es aber.«
    »Seine goldene Uhr und Kette?« rief Bessie verwundert aus, als sie das ›Andenken‹ erkannte.
    »Stecken Sie sie ruhig ein«, riet ihr Anthony, »und schenken Sie beides Ihrem Zukünftigen. Und . trauen Sie niemand.«
    »Aber ich vertraue doch Ihnen«, meinte das Mädchen lächelnd.
    »Das durften Sie auch, denn wir sind ehrliche Menschen«, gab Anthony zurück. Er begab sich zu Paul zurück und erzählte ihm, was er getan hatte.
    »Jones wird wohl kaum auf diesem Dampfer sein?« erkundigte sich Paul.
    »Nein, ich glaube nicht. Ich habe ihm den Paß und die Billetts abgenommen, und ohne diese beiden Dinge wird es ihm wohl nicht gelungen sein, in Calais an Bord zu kommen.«
    »Einen Augenblick«, sagte sein Sekretär und hielt ihn am Ärmel zurück: »Sagtest du nicht eben, du hättest uns Miss Maccall gegenüber als ehrlich ausgegeben?«
    »Ja, das habe ich getan«, gab Anthony kaltblütig zurück.
    »Du weißt, daß der Begriff ›Ehrlichkeit‹ nur relativ ist.«
    »Und wie willst du diese Relativität auf uns anwenden?« erkundigte sich sein Freund.
    »Wir sind mit der Ehrlichkeit wenigstens weitläufig verwandt«, beschied ihn Anthony. »Sobald wir das Mädchen sicher nach London geleitet haben, werde ich eine neue Laufbahn beginnen, gegen die unsere bisherige so aufregend ist wie ein Kreiselspiel unter Säuglingen.«

Eine Spielklub-Razzia
    Gemächlich spazierten der Preller und sein Sekretär die Strandpromenade von Brighton entlang, anscheinend ganz in die Herrlichkeit des Sommermorgens vertieft. Ein zufälliger Beobachter konnte der Meinung sein, daß sie für nichts anderes Interesse hätten als für die letzte Mode in Herrenanzügen und Krawatten. Sie schwiegen, gemäß ihrer Vereinbarung, sich in der Öffentlichkeit so wenig wie möglich zu unterhalten. Anthony lebte in dieser Beziehung nach einer Theorie, die er einst folgendermaßen ausgedrückt hatte:
    »Man kann sein Gesicht ändern, die Gestalt, alles, nur die Stimme kann man nicht verstellen. Eine Unmenge Leute kann an einem vorbeigehen, ohne dem Äußeren eines Menschen auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu zollen; läßt man aber seine Stimme hören, dann ist es mit dem Verbergen vorbei.«
    Erst als die beiden beim Frühstück saßen, fing Anthony zu sprechen an:
    »Hier in Brighton gibt es für meinen Geschmack zu viel Leute, die nicht wissen, was sie mit ihrem Geld und ihrer Zeit anfangen sollen. Es macht mich nervös, wenn ich die alte Dicke in ihrem echten Chinchillamantel betrachte.«
    »Der, wie ich fest glaube, über dreitausend Pfund gekostet haben muß«, stimmte ihm Paul mißmutig zu. »Es ist eine Verschwendung sondergleichen und außerdem sinnwidrig, denn der Mantel macht sie noch viel dicker, als sie wirklich ist.«
    »Ich bin der gleichen Meinung«, gab Anthony zu. »Wenn wir aber hingingen und ihn ihr wegnähmen? Was, um Gottes willen, sollen wir mit dem Mantel anfangen?«
    »Du könntest

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