059 - Der Preller
seine Karten; er hatte vier Asse; es mußte ja auch so sein, denn er hatte die Karten so gemischt, daß er entweder diese vier Asse oder einen ›Flush‹ haben mußte.
»Mein Blatt ist gut«, meinte Anthony. »Ich werde halten!«
Er zog eine Rolle Banknoten aus der Tasche, bei deren Anblick die Augen des Spielers glitzerten.
»Da du dein Geld zeigst, Anthony, möchte ich nicht hinter dir zurückstehen«, rief Paul aus, und warf ebenfalls ein Päckchen Noten auf den Tisch.
»Schotten sind vorsichtig«, erklärte nun auch Sandy, »und da ich einer bin, werde ich vorläufig nur dreihundert Pfund aufs Spiel setzen.«
Sandy war an der Reihe, er bot.
»Ich halte!« gab Jones zurück.
»Dreihundert höher!« rief Anthony.
»Nochmals dreihundert«, kam es von Paul.
Man hatte gekauft und abgelegt, und Baltimore befand sich, wie ein Tiger im Dschungel, in seinem Element. Er wartete auf die gemästeten Lämmchen, die bald unter seinem Messer verbluten sollten.
Der ›Pott‹ war schon auf dreitausend Pfund angewachsen, als Jones, mißtrauisch geworden, ob die anderen auch wirklich zahlen könnten, die Karten zu sehen verlangte. Paul und Sandy hatten gegen seinen Wunsch nichts einzuwenden; nur Anthony widersprach. Es war ein Glück für Jones, daß er den ›Pott‹ nicht höher trieb, denn Anthony war darauf vorbereitet, die auf dem Tisch liegende Summe zu verdoppeln, sobald er an die Reihe käme.
»Vier Asse«, verkündete Jones und legte sie auf den Tisch.
»Einen kleinen Flush«, sagte Sandy und warf die ›Drei‹, ›Vier‹, ›Fünf‹, ›Sechs‹ und ›Sieben‹ hin.
Jones erbleichte. Er schien kaum seinen Augen zu trauen. Dann nahm er die Karten Sandys und betrachtete eingehend jede einzelne. Mit sichtbarem Widerstreben zählte er einunddreißig Hundertpfundnoten ab und händigte sie dem glücklichen Gewinner, Sandy, ein.
»Schön!« meinte Paul, mischte und gab.
Jones betrachtete die ihm zugeteilten Karten. Er faßte neuen Mut, denn er hatte einen ›Flush‹, eine direkte Folge bis zum König. Er wußte, daß sein System nicht zweimal an einem Abend fehlgehen konnte, und sicherheitshalber hatte er, als Anthony die Karten auf den Tisch legte, damit Paul geben konnte, wiederum ein neues Päckchen für das alte ausgetauscht. Das Bieten begann, zuerst vorsichtig, dann höher und höher, und zwar auf Jones' Veranlassung. Endlich lagen sechstausendfünfhundert Pfund auf dem Tisch.
»Ich möchte Ihre Karten sehen«, sagte Anthony.
»Ich gehe mit«, meinte Paul.
Sandy sagte gar nichts, sondern warf nach einem Blick auf seine Blätter die Karten auf den Tisch.
»Sie werden wohl berappen müssen, meine Herren«, erklärte Baltimore Jones, mit gut gespieltem Bedauern in seiner Stimme.
»Glück in der Liebe, Unglück im Spiel! Manchmal winkt Fortuna diesem, manchmal jenem. Alle können wir doch nicht gewinnen, nicht wahr?«
»Was haben Sie denn?« fragte Anthony.
»Einen hohen ›Flush‹, Folge bis zum König.«
»Schade«, meinte Anthony. »Der meine geht bis zum As.« Er zeigte seine Karten; wie von einer höheren Macht getrieben bewegte sich die Hand Jones dem Banknotenhaufen zu, aber Anthony war schneller. Gewandt zählte er das Geld.
»Von Ihnen fehlen noch zweitausend, Mr. Jones«, sagte er.
»Ich gebe Ihnen morgen früh einen Scheck dafür. Ich habe nicht soviel Bargeld bei mir«, versprach der Gerupfte.
»Ich habe meiner seligen Tante auf dem Sterbebett versprechen müssen«, gab Anthony traurig zurück, »niemals für Spielgewinne einen Scheck anzunehmen. Suchen Sie nur, Mr. Jones, Sie werden schon noch irgendwo ein Päckchen Banknoten stecken haben.«
Fluchend zog Jones aus der Hüfttasche seinen Reservefonds und zählte zwanzig Hundertpfundnoten ab.
Er war nicht nur schmerzlich von seinem Verlust berührt, sondern auch höchst verwundert.
So etwas war ihm in seiner ganzen Falschspielertätigkeit noch nicht vorgekommen. Er war doch seiner Sache immer sicher gewesen und hatte die Karten stets so gut zu mischen verstanden, daß immer seine Mitspieler die Verluste zu tragen hatten.
»Ich will mein Glück nochmals versuchen«, entschloß er sich. Diesmal war Sandy mit Mischen an der Reihe. Wieder hatte Jones ein neues, seinem Rockärmel entnommenes Spiel eingeschmuggelt, ohne daß die anderen es bemerkt zu haben schienen. Er warf einen Blick auf seine erste Karte. Wenn alles stimmte, mußte sie das Karo-As oder der Treff-König sein, oder, wenn die dritte, von ihm vorbereitete Kombination
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