0591 - Engel der Geister
Haut. Die Knochen drückten nach vorn, sie zeichneten sich unter der Haut ab, die einen leicht grünlichen Schimmer angenommen hatte.
Wenn sie sich bewegte, hatte ich den Eindruck, als würde sie bei jedem Schritt ein Stück der Schwärze aufreißen, damit man sie erkennen konnte. Das Zerstörte oder Aufgerissene fiel hinter ihr wieder zu einer gehörigen Dichte zusammen.
Sehr ungewöhnlich, wie ich fand, und für mich noch immer nicht recht zu begreifen.
Die Tür, durch die wir gefallen waren, konnte ich nicht mehr erkennen. Die Schwärze hatte sie längst verschlungen, ich konzentrierte mich dafür auf Valesca, die sich selbst einen Engel genannt hatte, für mich aber ein Teufel war.
Sie hatte mein Schwert, das war fatal. Ich hätte mich von ihr nicht einlullen lassen sollen.
Als sie die Klinge bewegte und anhob, sah es so aus, als würde sie sich durch zähen Teer bewegen. Sie musste die Schwärze erst zerschneiden und zerreißen. Die Spitze blieb auf mich gerichtet, war noch so weit entfernt, dass sie mir nicht direkt gefährlich werden konnte.
Wir starrten uns an.
Ihr Gesicht glühte. Es war kein Brennen oder feuriges Strahlen, das aus der Tiefe hervordrang, sondern das Erbe einer alten Kraft oder Macht, die von den Kräften der Finsternis geleitet wurde.
Manchmal wischten die hellen, wolkenartigen Fetzen zwischen uns hindurch. Sie schufen Inseln, die sofort wieder verschwanden.
»Du bist nicht Lilith«, sagte ich ihr auf den Kopf zu. »Nein, ich kenne sie. Lilith sieht anders aus als du!« Meine normal gesprochenen Worte erreichten sie zwar, doch nicht so rasch wie auf der normalen Erde. Der Schall wurde in dieser Welt wesentlich langsamer geleitet. Alles kam mir zäher vor – wie eingepackt.
»Die Große Mutter steckt in vielen!«
»Bist du eine Hexe?«
»So ähnlich.«
»Aber du kannst nicht hinein nach Aibon. Lilith ist der Zugang zu diesem Land verwehrt. Ich weiß, dass sie es will. Das Böse will Aibon überfluten, ich habe es erlebt. Ein Hexenreich sollte aufgebaut werden, was nicht gelungen ist. Du bist die Hüterin der Seelen. Man hat deine Seele ausgetauscht. Wer hat sie, Valesca? In welcher Person steckt deine Seele? Oder schwimmt sie hier durch die Dunkelheit? Gehört sie zu den hellen Streifen, die wir ab und zu sehen?«
»Ja, ich gab sie ab, und ich gab sie gerne her, das kannst du mir glauben. Auch du hast deine Seele abgeben müssen. Der Seelendieb besitzt hier einen großen Vorrat, in den er hineingreifen kann. Du hast deine Seele zurückbekommen, wie auch immer, anderen gelingt das nicht, aber etwas hat diese Magie gestört. Was?«
»Ich kann es dir nicht sagen!«
»Du musst es wissen!«
»Nein, Valesca!«
Sie schüttelte den Kopf. Auch ihr Haar kam mir anders vor als bei unserer ersten Begegnung. Grauer und spröder. »Was ist geschehen?« keuchte sie. »Das hier ist eine Welt für sich. Ja, wir befinden uns in einem bestimmten Kosmos, der Grenzen hat.«
»Wir sind vor Aibon, nicht?«
Sie nickte. »Da hast du recht. Wir sind groß und trotzdem begrenzt, denn dieser Kosmos konnte nur durch eine bestimmte Magie entstehen. Da müssen die Kräfte fließen und zusammenkommen. Ich frage mich, wohin sie geflossen sind.«
»Das weiß ich nicht.«
»Denk an Dr. Franklin, den Seelendieb. Er hat den Helm erfunden, er hat die Kräfte fließen lassen. In diesem Helm entstand ein Kosmos, dort entstand diese Welt und dehnte sich aus. Aber sie ist gestört worden, ich habe den Eindruck, als würde sie sich vom Ganzen abspalten. Etwas stimmt hier nicht.«
Das fand ich auch. Ich musste meine Gedanken zunächst sortieren. »Dann gehst du davon aus, dass wir uns in der Welt des Helms befinden, die in der Mind-Maschine floss?«
»So ähnlich.«
»Aber sie hat sich ausdehnen können. Sie war kleiner oder nicht?«
»Sie konnte Grenzen überwinden. Sie ist künstlich erweitert worden. Ich habe schon von Grenzen gesprochen…«
»Und der Zutritt. Der, lange Gang mit seinen Säulen, die Mauer, auf der du gesessen hast? Wo befand sich das alles? Erkläre es mir. War das die normale Welt, oder zählte es schon zu dem Kosmos?«
»Es war die normale. Eine Ruine, die das magische Tor verbarg, mehr nicht.« Valesca kam näher. Sie wechselte auch das Thema.
»Deine Seele passt nicht hierher. Ich spüre es genau. Du bist kein Mensch für diese Welt, du bist ein Eindringling, den ich lieber vernichten will. Hast du verstanden?« Sie lächelte kalt. »Ich habe mich gefreut, dir das Schwert
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