0595 - Der Werwolf-Dämon
Zamorra. »Forschen wir erst mal nach, was man uns bei den Bouix sagen kann. Die Zeitung hat ja nicht sonderlich viel hergegeben.«
***
Perrot folgte den beiden Fremden auch weiter in angemessenem Abstand. Als sich sein Handy meldete, blieb er stehen und nahm das Gespräch entgegen.
»Der BMW ist ein Leasingfahrzeug«, begann Marais ohne Vorankündigung. »Fahrzeughalter ist ein gewisser Zamorra, Professor für Parapsychologie. Beschreibung und Ausweis stimmen. Der Mann ist Privatgelehrter und recht gut betucht. Ihm gehört ein Schloß an der Loire. Für einen trockenen Wissenschaftler und Hochschullehrer recht ungewöhnlich, nicht wahr?«
»Hm«, machte Perrot.
»Noch etwas«, fuhr Marais fort. »Halten Sie sich fest, Chef. Vor ein paar Jahren gab es eine Interpol-Fahndung nach diesem Professor. Er soll irgendwie mit einer ganzen Reihe von bis heute ungeklärten Kriminalfällen zu tun gehabt haben.«
»Unter Tatverdacht?«
»Ich kenne die Akten nicht, aber ein Interpol-Ermittler namens Odinsson war damals hinter Zamorra her. Offenbar ist die Fahndung mittlerweile zurückgezogen worden, es liegt jedenfalls kein aktueller Steckbrief mehr vor.«
»Eine ganze Reihe bisher ungeklärter Kriminalfälle…«, murmelte Perrot. »Danke, Jeannot. Ich werde Sie zur Beförderung vorschlagen.«
»Möglichst gleich um zwei Dienstränge«, verlangte Marais. »Dann werde ich Ihr Vorgesetzter und kann Sie mit solchen Sch… schönen Aufträgen überhäufen.«
»Ich würde mich sofort pensionieren lassen«, erwiderte Perrot. »Aber ich denke, für heute dürfen Sie Feierabend machen.«
»Jetzt brauche ich den Feierabend nicht mehr. Die Verabredung mit Colette ist ohnehin geplatzt.«
»Wenn ich selbst mal zwei Minuten freie Zeit habe«, versprach Perrot wenig glaubhaft, »werde ich Sie bedauern. Nochmals Dank für die schnelle und präzise Arbeit. Wie schon erwähnt, ich bleibe vor Ort.«
»Soll ich zu Ihnen stoßen?«
»Nicht nötig. Genießen Sie Ihren streßfrei gewordenen Feierabend.« Diesmal war es der Inspektor, der abschaltete.
Er sah sich nach Zamorra und seiner Begleiterin um. Von beiden war nichts mehr zu sehen.
Aber Perrot war sicher, daß sie jetzt im Haus Bouix waren…
***
»Können Sie uns nicht endlich in Ruhe lassen?« rief Lenard Bouix erregt. »Erst diese beiden Polizisten aus Rouen, heute erst war dieser Inspektor Pernod, oder wie er sich schimpft, schon wieder hier, als ob wir etwas dafür könnten, daß letzte Nacht Madame Mirabeau umgebracht wurde… Und jetzt tauchen Sie hier auf. Was soll das? Von der ganzen verdammten Fragerei wird Jean nicht wieder lebendig. Also gehen Sie!«
Lenard hockte in einem Wohnzimmersessel. Er wirkte übermüdet.
Vor ihm auf dem Tisch stand ein halbgefülltes Wasserglas, aber die Flüssigkeit darin war alles andere als Wasser.
Zamorra ahnte, daß der Mann heute schon eine Menge Alkohol konsumiert hatte. Obgleich es noch später Nachmittag war und es draußen noch nicht zu dämmern begonnen hatte.
Doch Lenards Stimme war völlig klar und beherrscht, wenn auch ein wenig kratzig.
Ein etwa 16jähriger Junge hockte auf dem Sofa, er hatte die Besucher ins Haus gelassen und betrachtete Zamorra jetzt mit einem eigenartig gespannten Gesichtsausdruck, sagte aber kein Wort.
Die alte Frau, die wohl die Großmutter war, schüttelte den Kopf und legte ihrem Sohn die Hand auf die Schulter.
»Sie müssen verstehen, daß es uns alle sehr schwer getroffen hat«, sagte sie beschwichtigend. »Natürlich wollen wir, daß die Polizei diese Bestie in Menschengestalt findet. Aber was wir wissen, das haben wir schon alles gesagt.«
Zamorra atmete tief durch. »Vielleicht«, sagte er, »gibt es Dinge, von denen Sie überhaupt nichts wissen können - und von denen auch die Polizei nichts ahnt.«
»Was wollen Sie damit sagen?« fragte die Großmutter.
»Nach allem, was wir bisher herausgefunden haben, ist der Täter nicht mit normalen menschlichen Maßstäben zu messen«, erklärte Zamorra. »Der Polizei fehlen hierzu die entsprechenden Erfahrungswerte. Wir haben es mit jemandem zu tun, der nicht in das normale Täterprofil paßt.«
»Ein Wahnsinniger«, sagte die Großmutter.
»Es war ein Tier. Ein großer Hund oder ein freilaufender Wolf«, warf Lenard ein. »Inspektor Pernod… Per… wie auch immer - der glaubt auch an ein Tier.«
»Tiere zerschlagen keine Fenster. Selbst der hungrigste Wolf dringt nicht auf diese Weise in ein Haus ein«, widersprach Zamorra. »Bitte, wir
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