0595 - Der Werwolf-Dämon
bin kein kleines Kind mehr!« fuhr Philippe auf.
»Weiß ich. Aber nach dem Gesetz hat Ihr Vater immer noch das Sagen. Und ich werde den Teufel tun, mich mit ihm anzulegen. Er hat genug Probleme.«
»Ja. Den Alkohol.«
»Unter anderem«, sagte Zamorra.
»Was werden Sie tun?«
»Was nötig ist. Was in meiner Macht steht. Es wird sich zeigen.«
Während sie heimkehrten ins Dorf, unterhielten sie sich weiter über Philippes Interesse am Übersinnlichen. Der Dämonenjäger staunte, wie gut sich der 16jährige in Zamorras Werken auskannte, die doch eher für ein studiertes Fachpublikum geschriebenen waren. Er verstand die Hintergründe. Er kannte sogar Schriften, die eigentlich nur in Universitätsbibliotheken oder im Ausland verfügbar waren. So war er in der Lage, sich mit Zamorra über die beschriebenen Fälle zu unterhalten.
»Bei Ihrem Interesse«, schlug Zamorra vor, »sollten Sie ein Studium in Erwägung ziehen. Ich könnte Sie Professor Bellemont an der Sorbonne vorschlagen. Bellemont ist allerdings ein strenger Herr. Oder… falls Sie an einem Auslandsaufenthalt interessiert sind, da gibt es noch Professor Saranow an der Moskauer Universität. Mit dem bin ich sehr gut befreundet. Etwas näher wäre Freiburg in Deutschland. Mit dem Nachfolger des leider verstorbenen Professor Bender bin ich allerdings nicht so gut in Kontakt.«
»Interessiert wäre ich schon«, sagte Philippe. »Aber mein Vater wird mich fragen, wie die Berufs- und Verdienstaussichten sind. Und was kann man als Parapsychologe schon werden? Bei mir wird es wohl leider ein Hobby bleiben müssen.«
»Die Entscheidung kann ich Ihnen natürlich nicht abnehmen. Aber Ihr jetzt schon enormes Fachwissen hat mich beeindruckt. Allerdings, Philippe - Sie sollten vielleicht auch andere Arbeiten lesen, nicht nur meine.«
»Tu' ich doch!« sagte Philippe fast trotzig.
Und war fast bestürzt, als sie vor der Tür des väterlichen Hauses anlangten und sich voneinander verabschieden mußten.
»Der Junge könnte dein Nachfolger werden«, bemerkte Nicole, als sie zum Gasthaus zurückgingen.
Zamorra schüttelte den Kopf. »Entweder seine Familie bremst ihn, oder er riskiert zuviel und bringt sich dabei um. Philippe Bouix will dem Werwolf an den Kragen. Er will seinen Bruder rächen. Das geht nicht gut.«
»Dann werden wir schneller sein müssen«, seufzte Nicole. »Aber was wir bisher haben, ist nicht gerade viel, oder?«
»Was hältst du davon, wenn ich dich zu einem romantischen Waldspaziergang im Mondschein einlade?« fragte Zamorra. »Was Philippe konnte, können wir schon lange. Und es war etwas Schwarzmagisches dort. Merlins Stern hat es wahrgenommen.«
Nicole nickte und deutete auf den Citroën SX, der wieder vor dem Gasthaus parkte.
»Wenn Inspektor Perrot uns läßt…«
***
Er ließ sie.
Der Inspektor zeigte sich nicht mal in der Gaststube, und auch vom Bürgermeister war nichts zu sehen.
Dafür hatten sich einige andere Leute eingefunden. Man warf Zamorra und Nicole interessierte Blicke zu, als sie in den späten Abendstunden das Haus verließen. Man kümmerte sich aber nicht weiter um sie. Die Gespräche stockten nur ganz kurz, um dann wieder aufgenommen zu werden.
Zamorra und Nicole hatten sich entsprechend ausstaffiert, gegen die Kälte und gegen Schwarze Magie. Im Gegensatz zu anderen Menschen machte es ihnen nichts aus, sich die Nacht um die Ohren zu schlagen. Sie waren es gewohnt.
Wer Dämonen, Vampire, Werwölfe und andere Kreaturen der Finsternis jagen will, der muß sich deren Gepflogenheiten anpassen. Und die Geschöpfe der Dunkelheit waren nun mal vorzugsweise bei Nacht aktiv.
Auch in dieser Nacht war es neblig.
»Eine gute Zeit für Werwölfe«, meinte Zamorra. »Niemand sieht sie, wenn sie durch die Nebel streifen. Der Nebel dämpft auch die Geräusche. Sie können ihre Opfer leicht überraschen. Wer jetzt ahnungslos unterwegs ist, wie vor Tagen Jean Bouix…«
»Dafür haben es die Vampire schwerer«, erwiderte Nicole sarkastisch. »Die verfliegen sich bei diesem Nebel oder können erst gar nicht starten.«
»Du kannst ja einen Fluglotsendienst für Vampire einrichten«, schlug Zamorra vor.
Nicole tippte sich an die Stirn.
Sie bewegten sich durch das Waldgebiet. Zamorra war zwar nicht absolut sicher, ob sie auf den Werwolf - oder einen von ihnen? - treffen würden. Es mochte sein, daß der erste sich jetzt zurückhielt, und der zweite, dessen Mord nicht in den Rahmen paßte, sein Revier bereits verlegt hatte.
Aber
Weitere Kostenlose Bücher