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0597 - Leichen-Ladies

0597 - Leichen-Ladies

Titel: 0597 - Leichen-Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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das Gemäuer. »Es gibt nur eine Möglichkeit. Da muß sie stecken, verborgen hinter den Steinen, wobei sie durch ein Fenster geschaut haben muß.«
    »Hat sie dich erkannt? Hat sie deinen Namen gerufen?«
    »Das nicht.« Ich überlegte einen Moment. »Vielleicht war das nicht möglich, Suko. Sie kann mich nicht gesehen haben. Es ist alles so schlimm, weißt du?«
    »Klar. Noch einmal. Du bist dir sicher, daß du…?«
    »Hallo… ist da jemand …?«
    Wieder hörte ich die Stimme, und wieder lief es mir kalt den Rücken runter.
    Neben mir stand Suko. Er sah aus wie versteinert. »John, ich habe sie gehört. Es… es ist deine Mutter. Ich konnte ihre Stimme genau verstehen.«
    »Wo kam sie her?«
    Suko war nicht so direkt betroffen und sah die Sachlage etwas objektiver. Er deutete auf das nicht weit entfernt liegende Mauerwerk.
    »Von dort, John, von dort hat sie gesprochen.«
    So etwas Ähnliches hatte ich mir gedacht. In meinem Innern wechselten sich Freude, Furcht und Hoffnung ab. Plötzlich fiel es mir schwer, den endgültigen Weg zu gehen, und Suko mußte mich erst anstoßen, damit ich mich in Bewegung setzte.
    Ich war froh, daß Suko an meiner Seite blieb. Irgendwie fühlte ich mich wie ein kleines Kind, das an sein Ziel herangeführt werden mußte. Vor dem Bau blieben wir stehen. Ich zitterte, sah gleichzeitig Sukos aufmunternden Blick, nickte, holte anschließend tief Luft und hauchte mit kaum zu verstehender Stimme nur ein Wort.
    »Mutter…?«
    »John…?«
    Die Antwort hatte nicht lauter geklungen. Sie löste jedoch in mir eine Explosion der Gefühle aus. Mein Inneres zerriß nicht, doch ich hatte Mühe, einen Schrei zu unterdrücken. Ich lief rot an, die Augen quollen mir fast aus den Höhlen. Schwindel erfaßte mich, und ich kam mir vor wie jemand, der dabei war, mir die Beine unter dem Körper wegzuziehen.
    Sie hatte meinen Namen gerufen. Meine Mutter lebte, sie befand sich in der Nähe, wobei ich mich fragte, ob eine Blutsaugerin so hätte antworten können.
    War sie noch normal?
    Ich wischte mir über die Stirn. Noch immer setzte sich das Erdbeben in meinem Innern fort. Ich vergaß in diesen Augenblicken, wo ich mich befand. Man hätte mich leicht umbringen können, ohne daß ich etwas davon bemerkt hätte.
    Ein Sturm von Gefühlen durchtoste mich. Er riß mich mit, machte mich fast wahnsinnig. Ich hörte mich stöhnen und die flüsternde Stimme meines Freundes dicht am Ohr, der versuchte, mich zu beruhigen. Auch Suko verstand sehr wohl, was in mir vorging. Es war eine kleine Hölle, ein inneres Psychodrama, ein mörderischer Tanz der Gefühle, die hochgekocht waren.
    Seit Monaten hatte ich mit einer wahren Verzweiflung nach meiner Mutter gesucht und sie nun endlich gefunden. Die Stimme war keine Täuschung, es hatte sie auch niemand nachgeahmt, man wollte mich nicht reinlegen, das hier war echt.
    Mein Atem ging stoßweise. Der Schweiß war innerhalb von Sekunden erkaltet. Ich zwinkerte mit den Augen, hörte mich stöhnen, spürte Schmerzen in der Brust, wollte reden, aber ich bekam einfach keinen vernünftigen Satz heraus.
    Schließlich schaffte ich es. »Wo – Mutter?«
    Sie hatte mich gehört, denn sie gab mir mit ihrer sehr schwachen Stimme Antwort. »Hier unten…«
    Ich schaute zu Boden und hörte Suko sagen. »Nein, John, nicht dort.« Er schob mich vor, noch näher an die Hauswand heran, wo sich die Fenster nicht nur in einer gewissen Höhe zeigten, sondern auch als Halbbogen in Kellerhöhe angebracht worden waren.
    Vier zählte ich. Gitterstangen sorgten dafür, daß niemand herauskriechen konnte.
    Mein Blick zitterte von einem Fenster zum anderen. Wo, zum Henker, hatte man meine Mutter versteckt? In welchem Verlies vegetierte sie vor sich hin?
    Im mittleren entdeckte ich eine Bewegung hinter den Stangen.
    Sehr schwach nur, aber deutlich vorhanden. Ein Schatten wedelte von einer Seite zur anderen.
    Dann schob sich etwas vor. Er zielte auf die Lücke zwischen zwei Stangen, war hell, bleich, knochig. Dünne Haut spannte sich darüber, es war die Hand meiner Mutter, die es gerade noch schaffte, sich durch den Zwischenraum zu schieben.
    Ich atmete keuchend aus. Wieder drehte sich mein Magen um.
    Diese Hand, schmutzig, dünn, zittrig, sie war für mich die schönste der Welt. Es klingt vielleicht kitschig, für mich war es das in diesen Augenblicken nicht, als ich auf die Knie fiel, die Hand festhielt, als wollte ich sie nie mehr loslassen.
    Eine Hand, die mich erzogen hatte, die mich oft, als

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