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0599 - Die Kralle

0599 - Die Kralle

Titel: 0599 - Die Kralle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und nach dem Studium der Karte hatten wir den Weg gefunden.
    Frischluft bekamen wir durch die offene Seitenscheibe. Ich hatte vorgeschlagen, erst anzurufen, aber Bill wollte nicht. »Deliah wird auch so Bescheid wissen, John.«
    »Wie du meinst.«
    Wohl war dem guten Bill bei der Sache nicht. Er räusperte sich ein paarmal und meinte: »Na ja, wir werden nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, verstehst du?«
    »Klar doch.«
    »Glaubst du denn, daß wir diesen Zombie bei ihr finden?«
    Ich warf Bill einen langen Blick zu. »Mal den Teufel nicht an die Wand. Ich hasse Mordgespenster wie diesen Ricardo.«
    »Okay, ich auch.«
    Wir hatten die richtige Straße gefunden, die schnurgerade in die Landschaft schnitt. Mal wuchs der Wald an der rechten Seite, mal wechselte er auf die linke. Die Bäume, vom Schein der bleichen Lichter getroffen, wirkten wie mit blasser Farbe angestrichen. Auch das Gras an der Seite hatte einen hellen Farbton abbekommen. Außer uns hielt sich niemand auf der Straße auf.
    Der Wagen fraß die Meilen und schien auch den schwarzen Untergrund der Fahrbahn zu schlucken. Trotz des hereinwehenden Fahrtwinds schwitzte ich. Die Nässe klebte auf der Stirn, der Oberlippe und unter den Achseln. Es lag nur zum Teil an der Schwüle, denn ich spürte irgendwo, daß dieser Fall noch eine mörderische Wende nehmen würde. Bisher war alles ein Vorspiel gewesen.
    Ich paßte ebenso auf wie Bill, der nicht entspannt hinter dem Lenkrad saß. Auch auf seiner Stirn glänzte die Nässe. Der Mund stand offen, damit er den Zischlaut abgeben konnte, der mich aufschreckte. Gleichzeitig nagelte Bill das Bremspedal fest. Er hatte das gleiche gesehen wie ich.
    Rechts im Straßengraben schaute etwas hervor, daß in dem hohen Gras wie ein modernes Kunstwerk wirkte. Tatsächlich war es das Heck eines Fahrzeugs, das jemand in den Graben gesetzt hatte.
    »Das müssen wir uns ansehen«, sagte Bill und hatte in meinem Sinne gesprochen.
    Wir stiegen aus, nahmen die Lampen und leuchteten einen teuren Schlitten an, der seine Schnauze schräg in den Graben gebohrt hatte und sehr krumm aussah.
    »Ein Ferrari!« flüsterte Bill. »Und das in dieser Nacht und auf dieser einsamen Straße. Was sagst du, John?«
    Ich stand bereits im Graben und ärgerte mich über den feuchten Schlamm, der meine Füße umgab. Mit der Lampe leuchtete ich durch die Scheibe in das Innere.
    »Was ist denn?« fragte Bill.
    »Niemand da.«
    »Wer immer es gewesen sein mag, er wird sich verzogen haben. Vielleicht liegt er irgendwo im Wald und pennt seinen Rausch aus. Man muß mit allem rechnen.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Wieso?«
    Ich kletterte aus dem Graben. »Feeling, Bill, nur Feeling.«
    »Dann gehst du davon aus, daß dieser Unfall, vorausgesetzt es war einer, mit unserem Fall im Zusammenhang steht.«
    Ich winkte ab. »Das werden wir feststellen, wenn wir…«
    »Mist!« Ich hörte Bill fluchen und sah ihn taumeln. Soeben erwischte er sein Gleichgewicht, aber schüttelte wütend den Kopf. »Ausgerutscht und…«
    Ich leuchtete bereits die dunkle Lache an, die an den Rändern ein Muster zeigte. »Nein, Bill, das ist kein Öl. Da ist Blut! Bestimmt Menschenblut.« Ich atmete scharf durch die Nase. Mein Instinkt war erwacht.
    Zu zweit suchten und fanden wir so etwas wie eine Spur, auch wenn sie uns keinen Aufschluß gab. Sie zeichnete sich tropfenartig am Boden ab und hörte an einer bestimmten Stelle auf der Straßenmitte schlagartig auf.
    »Was sagst du, großer Sherlock?«
    »Man hat hier jemand weggeschafft.« Ich schwenkte die Lampe.
    »Schön abtransportiert.«
    »Den Ferrari-Fahrer?«
    »Bestimmt.«
    »Jetzt brauchen wir nur noch den Namen.«
    Ich schnickte mit den Fingern. »Sag mal, du weißt nicht zufällig, welches Fahrzeug van Meeren fährt?«
    »Nein.«
    »Traust du ihm einen Ferrari zu?«
    »Ich kenne ihn nicht.«
    »Okay, schon gut, Bill.« Ich reckte mich. »Los, die Zeit drückt, sie läuft leider nicht rückwärts.«
    Den Rest der Strecke legten wir schweigend zurück. Ein jeder hing seinen Gedanken nach. Bill fuhr langsamer, als er den schmalen Weg erreichte, der von der Straße aus zum Grundstück der Courtains führte.
    Grundstück war untertrieben. Wir rollten in einen großen Park ein, der einfach zu Landhäusern wie diesen gehörte. Lichter brannten nicht, nur die breite Hausfront war über dem Eingang beleuchtet. Als wir schließlich über den Kies rollten, schaute ich auf die Uhr.
    Die zweite Morgenstunde war soeben angebrochen.

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