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0599 - Die Kralle

0599 - Die Kralle

Titel: 0599 - Die Kralle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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öffnete es nicht, sondern schaute durch die Scheibe. Ich erkannte, daß sich seine Haltung plötzlich spannte und er dabei den Kopf schüttelte.
    »Was ist denn los?«
    »John, entweder bin ich verrückt, oder es stimmt tatsächlich. Aber ich glaube, daß die Leiche verschwunden ist. Die… die liegt nicht mehr auf der Treppe.«
    Ich huschte nicht zum Fenster, öffnete die Tür, lief einige Stufen hinab und erkannte, daß mein Freund sich nicht geirrt hatte. Von dem Toten war nichts mehr zu sehen.
    Langsam ging ich zurück. »Das muß Ricardo gewesen sein, Alter. Er hat sie geholt.«
    »Stimmt.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Allmählich glaube ich auch, daß man uns hier unter Kontrolle hält.« Leise schloß ich die Tür. »Aber wir werden uns wehren können.«
    Der Butler kam zurück. Er hatte sich umgezogen, trug Hemd und Hose. In der rechten Hand hielt er eine kleine Flasche mit einem hellkörnigen Gemisch. Er drehte den Verschluß auf, kniete neben der Bewußtlosen nieder und hielt ihr die Öffnung der Flasche unter die Nase.
    Es war ein altes Rezept, oft genug wirkte so etwas Wunder. Auch bei Deliah verfehlte es die Wirkung nicht. Ihr Gesicht begann zu zucken, und sie tauchte aus dem tiefen, dunklen Schacht der Ohnmacht wieder an die Oberfläche.
    Verwirrt schaute sie sich um. Es war gut, daß sie zuerst in das Gesicht des Butlers blickte und nicht in das eines Fremden. Um ihre Mundwinkel zuckte es, sie stöhnte leise, dann räusperte sie sich und drehte den Kopf zur Seite.
    Ich stand im Hintergrund, sie sah Bill als zweiten, der ihr zunickte.
    »Hallo, Deliah, erkennen Sie mich noch? Ich bin Bill Conolly, Sheilas Mann. Sie riefen bei uns an.«
    Deliah war noch zu sehr durcheinander und mußte erst ihre Gedanken sortieren. Aber sie erinnerte sich, setzte sich hin und ließ sich von George stützen.
    »Ja, Bill, meine Güte, was ist los? Sie sind hier, und wer ist der Mann dort?«
    Sie meinte mich damit. Bill stellte mich vor. Deliah zeigte sich beruhigt. Sie wischte sich fahrig über die Stirn und bat um ein Glas Wasser, das der Butler schnell holte.
    Wir ließen sie erst trinken und wieder zu sich selbst kommen. Deliah Courtain war eine Schönheit. Das dichte, pechschwarze Haar umrahmte ein apartes Gesicht, in dem nicht nur die gebräunte Haut, auch die dunklen Augen auffielen. Auch ihre Figur konnte sich sehen lassen. Klar, daß die Männer sich um sie rissen.
    Ich hatte mir einen Stuhl geholt und Platz genommen. Meine Arme lagen auf der Lehne. »Sind Sie in der Lage, Miß Courtain, uns einige Fragen zu beantworten?«
    Sie strich mit den Handflächen über den Stoff der Couch. »Er… er ist tot, nicht wahr?«
    »Sie meinen Mr. van Meeren?«
    Deliah nickte zögernd.
    »Das stimmt«, sagte Bill, »man hat ihn umgebracht. Sie öffneten die Tür und liefen die Treppe hinab. Eine Frage am Rande. Wußten Sie, wen Sie dort finden würden?«
    Deliah strich eine Haarsträhne zur Seite und schob die Unterlippe vor. Mit tonloser Stimme gab sie die Antwort. »Ja, ich habe es gewußt, wenn auch nicht so. Aber ich bekam einen Anruf.«
    »Von wem?« fragte ich zwischen.
    »Ric«, hauchte sie. »Es war Rics Stimme. Die eines Toten. Er sagte nicht viel und meinte nur, daß ich nach draußen gehen sollte, wenn ich meinen Verlobten treffen wollte. Dann… dann …«, ihre Stimme wurde wieder leiser, »bin ich gegangen. Ich sah ihn, doch ich kann mich an nichts mehr erinnern. Nur an den Schwindel, der plötzlich über mich kam und mir meine Beine wegzog.«
    »Wir fingen Sie auf.«
    »Und jetzt?« fragte sie. »Was geschieht jetzt? Prosper ist tot, seine Leiche liegt auf der Treppe.«
    »Nicht mehr«, sagte ich, »man hat sie weggeholt.«
    »Was?« rief der Butler. »Was sagen Sie da?«
    »Wir waren es nicht, George. Deshalb müssen wir davon ausgehen, daß dieses Haus unter Beobachtung steht. Irgend jemand, möglicherweise auch zwei Personen, halten sich im Park auf und sind über alles informiert, was geschieht.«
    »Ric und Dacros.«
    »Richtig, davon gehen auch wir aus.«
    Deliah schwang die Beine herum.
    »Dacros auch?« fragte sie. Dabei bekam sie eine Gänsehaut. »Nein, nicht er. Ich will ihn nicht. Ich hasse ihn, ich habe ihn immer gehaßt. Ich wollte nicht, daß er mit Ric zusammenbleibt. Kurz vor seinem Tod habe ich Ric vor die Wahl gestellt. Entweder Dacros oder ich.«
    »Dann hat er sich für Sie entschieden«, sagte Bill.
    »Nein!« stöhnte sie, »nein, das ist es ja eben. Er hat sich nicht für mich entschieden.

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