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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dann, nachdem sie gestorben war, hab ich für dich allein gebetet. Ich hab gehofft, du würdest sehen. Du würdest merken. Ja, ich hab mir dieses Buch gekauft«, wieder schüttelte sie es, »aber ich hab es gekauft und benützt, weil ich dich geliebt habe und weil ich mir gewünscht habe, daß du mich auch lieben würdest. Ich war bereit, alles zu versuchen, um dich heil zu machen. Denn als du mit Annie zusammen warst, da warst du nicht heil. Du warst jahrelang nicht mehr heil gewesen. Sie hat dich mit ihrem Sterben ausgeblutet, aber das willst du nicht sehen, weil du dir dann vielleicht auch anschauen müßtest, wie das Leben mit Annie in Wirklichkeit war. Es war nicht vollkommen. Weil nichts vollkommen ist.«
    »Du hast ja keine Ahnung, wie es war, als Annie gestorben ist.«
    »Du meinst, ich weiß nicht, wie widerlich es dir war, ihre Bettpfannen ausleeren zu müssen? Du meinst, ich weiß nicht, daß es dir jedesmal fast den Magen umgedreht hat, wenn du sie abwischen mußtest? Du meinst, ich weiß nicht, daß sie es jedesmal genau gespürt hat, wenn du das Bedürfnis hattest, mal aus dem Haus zu gehen und ein bißchen frische Luft zu schnappen, oder daß sie dann regelmäßig angefangen hat zu weinen und es ihr plötzlich schlecht gegangen ist und du jedesmal Schuldgefühle bekommen hast, weil du nicht krank warst? Weil du nicht im Sterben lagst.«
    »Sie war mein Leben. Ich habe sie geliebt.«
    »Am Ende auch noch? Daß ich nicht lache! Am Ende war nur noch Bitterkeit und Zorn. Weil kein Mensch so lange ohne Freude leben und etwas anderes empfinden kann.«
    »Du verdammtes Luder.«
    »Ja, meinetwegen. Du kannst mich nennen, wie du willst. Aber ich sehe der Wahrheit ins Auge, Colin. Ich takle sie nicht mit Herzchen und Blümchen auf wie du.«
    »Dann gehen wir doch noch einen Schritt weiter mit der Wahrheit.«
    Als er den Anhänger mit dem Fuß zur Seite schleuderte, kam er ihr noch etwas näher. Die kleine Kugel flog klirrend an die Wand und zerbrach. Der Inhalt fiel auf den Teppich. Die Apfelstückchen sahen aus wie verschrumpelte Haut. Er traute es ihr zu, daß sie so etwas als Talisman mit sich herumtrug. Er traute Polly Yarkin alles zu.
    »Du hast darum gebetet, daß sie stirbt, nicht, daß sie lebt. Und als es dir nicht schnell genug ging, da hast du nachgeholfen. Und als du nach ihrem Tod nicht sofort das bekommen hast, was du haben wolltest - und wann wolltest du's denn, Polly? Hätt ich dich gleich am Tag nach der Beerdigung bumsen sollen? -, da hast du beschlossen, es mit Zaubertränken und Magie zu versuchen. Dann kam Juliet. Sie hat alle deine Pläne durcheinandergebracht. Du wolltest sie benützen. Und es war verdammt schlau von dir, sie gleich wissen zu lassen, daß ich eigentlich nicht zu haben sei, nur für den Fall, daß sie sich für mich interessieren und dir in die Quere kommen sollte. Aber wir haben einander trotzdem gefunden - Juliet und ich -, und das konntest du nicht ertragen. Annie war tot. Das letzte Hindernis, das der Erfüllung deiner Wünsche entgegengestanden hatte, war tot und begraben auf dem Friedhof. Und plötzlich war da ein neues Hindernis. Du hast gesehen, was zwischen uns passierte, nicht wahr? Die einzige Lösung war, auch sie zu begraben.«
    »Nein!«
    »Du hast gewußt, wo der Schierling zu finden war. Du gehst ja jedesmal am Weiher vorbei, wenn du zum Cotes Fell hinaufsteigst. Du hast den Schierling ausgegraben, du hast die Wurzel in den Keller gelegt, und dann hast du darauf gewartet, daß Juliet davon essen und sterben würde. Und wenn Maggie auch gestorben wäre, dann wäre das zwar schade gewesen, aber du hättest es in Kauf genommen, nicht wahr? Jeder Mensch ist ja entbehrlich. Nur mit dem Pfarrer hattest du nicht gerechnet. Das war wirklich Pech. Du hattest wahrscheinlich ein paar unangenehme Tage, nachdem er gestorben war und während du darauf gewartet hast, daß Juliet die Schuld auf sich nehmen würde.«
    »Und was hab ich gewonnen, wenn es sich wirklich so abgespielt hat? Der Coroner hat gesagt, daß es ein Unfall war, Colin. Sie ist frei. Du auch. Und seitdem treibst du's mit ihr wie ein geiler Bauernbursche, der den Böcken seines Vaters zugesehen hat. Also, was hab ich gewonnen?«
    »Das, worauf du gewartet und gehofft hast, seit es aus Versehen den Pfarrer erwischt hat. Daß die Londoner Polizei sich einschaltet. Daß der Fall wieder aufgerollt wird. Daß sämtliche Indizien auf Juliet hinweisen.«
    Er riß ihr das Buch aus den Händen. »Aber das hier,

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