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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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dreinschauen können. Das Geschäft war im Winter weiß Gott schlecht genug. Wenn das Wetter nur so richtig übel wurde, würde die Hälfte der Männer hier Betten haben wollen.
    St. James ließ Lynley allein, um nach oben zu gehen und Mantel und Handschuhe zu holen. Deborah saß, sämtliche Kissen im Rücken, auf dem Bett. Ihr Kopf war in den Nacken geneigt, ihre Augen waren geschlossen, und ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen, waren zu Fäusten geballt. Sie war immer noch voll angekleidet.
    Als er die Tür schloß, sagte sie: »Ich war unaufrichtig. Aber du hast es gewußt, nicht wahr?«
    »Ich wußte, daß du nicht müde warst, wenn du das meinst.«
    »Du bist mir nicht böse?«
    »Sollte ich das denn sein?«
    »Ich bin keine gute Frau.«
    »Weil du nichts mehr von Juliet Spence hören wolltest? Ich weiß nicht, ob das der richtige Maßstab ist.«
    Er holte seinen Mantel aus dem Schrank und zog ihn an, griff in die Taschen, um nach seinen Handschuhen zu sehen.
    »Du gehst also mit. Um die Sache zu beenden.« »Es ist mir lieber, wenn er es nicht allein tun muß. Schließlich habe ich ihn da hineingezogen.«
    »Du bist ihm ein guter Freund, Simon.«
    »Er mir auch.«
    »Und du bist auch mir ein guter Freund.«
    Er setzte sich auf die Bettkante und legte seine Hand um ihre Faust. Die Faust drehte sich herum, die Finger öffneten sich. Er spürte etwas, das zwischen seiner Handfläche und der ihren lag. Es war ein Stein, sah er, auf den in leuchtendem Pink zwei Ringe aufgemalt waren.
    Sie sagte: »Ich habe ihn auf Anne Shepherds Grab gefunden. Er hat mich an Heirat erinnert - die Ringe, wie sie gemalt sind. Seitdem trage ich ihn mit mir herum. Ich dachte, er würde mir vielleicht helfen, ein bißchen mehr an dich zu denken als bisher.«
    »Ich habe mich nicht beklagt, Deborah.«
    Er schloß seine Finger um den Stein und gab ihr einen Kuß auf die Stirn.
    »Du wolltest reden. Ich nicht. Es tut mir leid.«
    »Ich wollte predigen«, sagte er. »Das ist etwas anderes als reden. Man kann es dir nicht übelnehmen, daß du dir meine Predigten nicht anhören wolltest.«
    Er stand auf, zog die Handschuhe über. Er nahm seinen Schal aus der Kommode. »Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird.«
    »Macht nichts. Ich warte.«
    Als er aus dem Zimmer ging, legte sie den Stein auf den Nachttisch.
    Lynley erwartete ihn vor dem Gasthaus, im Schutz der Veranda. Draußen fiel, von Straßenlampen und den Lichtern der benachbarten Reihenhäuser beleuchtet, lautlos der Schnee.
    »Sie war nur einmal verheiratet, Simon. Nur mit Yanapapoulis.«
    Sie gingen zum Parkplatz, wo Lynley den Range Rover abgestellt hatte, den er in Manchester gemietet hatte. »Ich habe versucht zu verstehen, wie Robin Sage zu seiner Entscheidung gekommen ist, und im Grund läuft es schlicht und einfach auf folgendes hinaus: Sie ist kein schlechter Mensch, sie liebt ihre Kinder, und sie war trotz ihres Lebenswandels vorher und nachher nur einmal verheiratet.«
    »Was ist aus dem Ehemann geworden?«
    »Aus Yanapapoulis? Er hat ihr Linus hinterlassen - ihren vierten Sohn - und sich dann offenbar einem zwanzigjährigen Knaben zugewandt, der frisch aus Delphi eingetroffen war.«
    »Mit einer Botschaft des Orakels?«
    Lynley lächelte. »Immer noch besser als Danaergeschenke.«
    »Hat sie dir sonst noch etwas erzählt?«
    »Durch die Blume. Sie sagte, sie habe eine Schwäche für dunkelhäutige Ausländer: Griechen, Italiener, Iraner, Pakistani, Nigerianer. ›Sie brauchen nur mit dem Finger zu wackeln‹, sagte sie, ›und schon bin ich schwanger. Keine Ahnung, wieso.‹ Nur Maggies Vater sei Engländer gewesen, sagte sie. Und schauen Sie sich an, was der für ein Mensch war, Herr Inspector.«
    »Glaubst du ihre Geschichte? Darüber, wie Maggie verletzt wurde?«
    »Welchen Unterschied macht es, was ich glaube. Robin Sage hat ihr geglaubt. Deshalb ist er jetzt tot.«
    Sie stiegen in den Range Rover. Lynley ließ den Motor an und fuhr rückwärts aus der Lücke heraus. Sie schoben sich an einem Traktor vorbei hinaus zur Straße.
    »Er hatte sich für das entschieden, was rechtens war«, bemerkte St. Jones. »Er stellte sich hinter das Gesetz. Was hättest du getan, Tommy?«
    »Ich hätte ihre Geschichte nachgeprüft, genau wie er das getan hat.«
    »Und wenn du dann die Wahrheit herausgefunden hättest?«
    Lynley seufzte und bog in südlicher Richtung in die Clitheroe Road ein. »Ich weiß es nicht, Simon. Mir fehlt diese moralische Sicherheit, die Sage irgendwie

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