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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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es keine wilde Pastinake war, weil...«
    Ja, natürlich hätte sie es wissen müssen. Wegen der Wurzel. Auf die Wurzel nämlich hatte Ian Rutherford damals hinaus gewollt. Eine Beschreibung der Wurzel hatte er von seinem unaufmerksamen und zerstreuten Studenten ungeduldig erwartet.
    In der Wissenschaft werden Sie keinen Fuß auf den Boden bekommen, mein Junge.
    Ja, nun, man würde sehen.

4
    Da war es wieder, das Geräusch. Es klang wie das leise Knirschen zögernder Schritte auf dem Kies. Zuerst hatte sie geglaubt, es käme aus dem Hof. Ihre Angst hatte sich ein wenig gelegt, als sie merkte, daß derjenige, der da draußen in der Dunkelheit herumschlich, anscheinend nicht zum Verwalterhäuschen wollte, sondern zum Herrenhaus selbst. Und es mußte ein Er sein, sagte sich Maggie Spence. Bei Nacht in alten Häusern herumgeistern, das war nichts für Frauen.
    Maggie wußte, daß sie nach allem, was in den letzten Monaten im Herrenhaus vorgefallen war, insbesondere seit der Zerstörung des teuren Teppichs am letzten Wochenende, wachsam sein mußte. Wachsam sein und die Hausaufgaben machen, das war das einzige, was ihre Mutter von ihr verlangt hatte, ehe sie am Abend mit Mr. Shepherd weggegangen war.
    »Ich bleib höchstens zwei, drei Stunden, Schatz«, hatte sie gesagt. »Wenn du etwas hörst, dann geh nicht hinaus. Ruf mich einfach an. In Ordnung?«
    Genau das hätte sie jetzt eigentlich tun müssen. Die Nummern hatte sie ja alle. Sie lagen unten neben dem Telefon in der Küche. Mr. Shepherds Privatnummer, die Nummer vom Crofters Inn und die der Townley-Youngs nur für den Fall. Sie hatte sie überflogen, ehe ihre Mutter gegangen war, und hätte am liebsten mit falscher Ungeduld gesagt: Aber du gehst doch nur ins Pub, oder, Mami? Warum hast du mir dann Mr. Shepherds Nummer auch noch aufgeschrieben? Doch die Antwort auf diese Frage wußte sie bereits, und wenn sie sie gestellt hätte, so nur, um die beiden in Verlegenheit zu bringen.
    Manchmal hatte sie gute Lust, sie so richtig in Verlegenheit zu bringen. Da hätte sie am liebsten lauthals gerufen: Der dreiundzwanzigste März! Ich weiß, was da passiert ist. Ich weiß, daß ihr's da getan habt. Ich weiß sogar, wo, und ich weiß auch, wie. Aber sie sagte es nie. Selbst wenn sie sie nicht zusammen im Wohnzimmer beobachtet hätte - da sie nach einem Streit mit Josie und Pam zu früh nach Hause gekommen war -, selbst wenn sie sich beim Anblick ihrer Mutter und dessen, was sie da tat, nicht mit weichen Knien vom Fenster weggeschlichen hätte, selbst wenn sie sich nicht auf die von Unkraut überwucherte Terrasse von Cotes Hall zurückgezogen hätte, um in Gesellschaft von Punkin, der sich zu ihren Füßen zusammenrollte, nachzudenken, hätte sie es gewußt. Ein Blinder konnte es sehen - so wie Mr. Shepherd ihre Mutter immer anstarrte, mit schmachtendem Blick und ganz weichem Mund, und so wie ihre Mutter sich Mühe gab, ihn nur ja nicht anzusehen.
    »Die tun's?« hatte Josie Wragg atemlos geflüstert. »Und du hast tatsächlich, ganz in Wirklichkeit gesehen, wie sie's getan haben? Nackt und so? Im Wohnzimmer? Mensch, Maggie!«
    Sie zündete sich eine Gauloise an und streckte sich auf ihrem Bett aus. Alle Fenster standen offen, damit ihre Mutter nicht merkte, daß sie geraucht hatte. Aber Maggie zweifelte daran, daß selbst der stärkste Wind der Welt den widerlichen Gestank vertreiben konnte, den Josies französische Lieblingszigaretten hinterließen. Sie klemmte sich ihre eigene Zigarette zwischen die Lippen und füllte ihren Mund mit Rauch. Sie stieß ihn aus. Das mit dem Inhalieren klappte noch nicht so recht, und sie war sich gar nicht sicher, ob sie es überhaupt lernen wollte.
    »Sie waren nicht ganz ausgezogen«, sagte sie. »Jedenfalls Mom nicht. Ich meine, sie war überhaupt nicht ausgezogen. Es war auch gar nicht nötig.«
    »Nicht nötig? Ja, aber was haben sie denn getan?« fragte Josie.
    »Du meine Güte, Josephine!«
    Pam Rice gähnte. Sie warf das blonde Haar in den Nacken, und es fiel wie immer zu einem perfekt geschnittenen Pagenkopf. »Vielleicht wirst du langsam mal gescheit. Was glaubst du denn, was die getan haben? Ich dachte, du wärst die Expertin hier.«
    Josie runzelte die Stirn. »Aber ich verstehe nicht, wie... ich meine, wenn sie überhaupt nicht ausgezogen waren.«
    Pam hob mit Märtyrermiene den Blick zum Himmel. Sie zog intensiv an ihrer Zigarette und ließ den Rauch langsam durch die Nase heraus. »Er war in ihrem Mund«, sagte sie. »Mund.

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