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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Soll ich's dir aufzeichnen, oder hast du's jetzt kapiert?«
    »In ihrem...«
    Josie schien verwirrt. Sie berührte mit den Fingerspitzen ihre Zunge, als würde das ihr erlauben, besser zu verstehen. »Du meinst, sein Ding war allen Ernstes...«
    »Sein Ding? Lieber Gott? Penis heißt das Ding, Josie. Penis. Okay?«
    Pam wälzte sich auf den Bauch und starrte mit zusammengekniffenen Augen das glühende Ende ihrer Zigarette an. »Dazu kann ich nur sagen, ich hoffe, sie hat auch was davon gehabt, was wahrscheinlich nicht der Fall war, wenn sie alle ihre Sachen anhatte.«
    Wieder warf sie das Haar zurück. »Todd weiß genau, daß er sich gar nicht erst einzubilden braucht, er könnte Schluß machen, bevor's mir gekommen ist, das kannst du mir glauben.«
    Josie runzelte angestrengt die Stirn. Sie war offensichtlich immer noch damit beschäftigt, diese Information zu verdauen. Sie, die sich stets als wandelnde Autorität über die weibliche Sexualität ausgab - dank einer eselsohrigen Ausgabe von Das entfesselte Weib - weibliche Sexualität zu Hause (Bd. I), aus dem Müll stibitzt, dem ihre Mutter das Buch übergeben hatte, nachdem sie auf Insistieren ihres Ehemanns zwei Monate lang versucht hatte »libidinös zu werden oder so was« -, war völlig ratlos.
    »Haben sie...«, sie schien Mühe zu haben, das richtige Wort zu finden. »Haben sie sich dabei bewegt oder so was, Maggie?«
    »Mensch, das gibt's doch nicht!« rief Pam. »Hast du denn überhaupt keine Ahnung? Da braucht sich keiner zu bewegen. Sie braucht nur zu lutschen.«
    »Zu.«
    Josie drückte ihre Zigarette auf dem Fensterbrett aus. »Maggies Mutter? Bei einem Mann? Igitt, das ist ja widerlich!«
    Pam lachte träge. »Nein, das ist entfesselt. Mit allen Schikanen, wenn du mich fragst. Hat davon denn in deinem Buch nichts gestanden, Jo? Die raten einem wohl nur, daß man seine Titten in Schlagsahne tauchen und sie dem lieben Ehemann dann mit den Erdbeeren zum Tee servieren soll, was? Das kennen wir doch: Machen Sie Ihrem Mann das Leben zu einer einzigen Überraschung.«
    »Ich finde es ganz in Ordnung, wenn eine Frau sich auf ihre Sinnlichkeit einstellt«, entgegnete Josie mit Würde. Sie senkte den Kopf und zupfte an einem Schorf an ihrem Knie. »Oder auf die eines Mannes.«
    »Genau. Du sagst es. Eine richtige Frau muß wissen, was wen aufgeilt und wo. Findest du nicht, Maggie?«
    Pam sah sie mit blauem Unschuldsblick an. »Findest du nicht auch, daß das wichtig ist?«
    Maggie kreuzte die Beine im Schneidersitz und kniff sich in den Handballen. Das war ihre Methode, sich zu ermahnen, ja nichts zu verraten. Sie wußte genau, was Pam aus ihr herauslocken wollte - sie sah Josie an, daß die es auch wußte -, aber sie hatte nie in ihrem Leben jemanden verpetzt, und sich selbst würde sie bestimmt nicht verpetzen.
    Josie kam ihr zu Hilfe. »Hast du was gesagt? Ich mein, nachdem du sie gesehen hast?«
    Nein, sie hatte nichts gesagt, jedenfalls damals nicht. Und als sie es schließlich zur Sprache gebracht hatte, als schrillen Vorwurf, halb im Zorn, halb zur eigenen Verteidigung, hatte ihre Mutter ihr eine Ohrfeige gegeben. Nein, nicht eine, sondern gleich zwei. Eine Sekunde später - und vielleicht war der Ausdruck ungläubiger Überraschung und des Schocks auf Maggies Gesicht schuld daran, denn ihre Mutter hatte sie nie zuvor geschlagen - schrie sie auf, als sei sie selbst geschlagen worden, zog Maggie an sich und drückte sie so fest, daß Maggie kaum atmen konnte. Dennoch, darüber gesprochen hatte sie nicht. »Das ist alles meine Sache, Maggie«, hatte ihre Mutter mit Entschiedenheit gesagt.
    Na schön, dachte Maggie. Und meins ist allein meine Sache.
    Aber so war es nicht. Ihre Mutter ließ es nicht zu. Vierzehn Tage lang hatte sie nach dem großen Krach Maggie jeden Morgen den scheußlichen Tee ins Zimmer gebracht. Sie hatte sich neben Maggie gestellt und gewartet, bis sie ihn bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken hatte. Auf ihre Proteste hatte sie entgegnet: »Ich weiß, was gut für dich ist.«
    Und auf ihre weinerlichen Klagen, wenn der Schmerz ihren Magen zusammenzog: »Das geht schon vorüber, Maggie.«
    Und sie tupfte ihr die Stirn mit einem kühlen weichen Tuch.
    Maggie sah die schwarzen Schatten in ihrem Zimmer an und lauschte wieder. Sie konzentrierte sich ganz, um das Geräusch von Schritten vom Klappern einer leeren Plastikflasche zu unterscheiden, die der Wind draußen über den Kies trieb. Sie hatte oben nirgends Licht gemacht, schlich leise

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