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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Hände auf ihrem Körper. Und dann nur noch seinen Mund.
    Sie fühlte sich dahinschmelzen. Sie schwebte. Die Finger an seiner Blue Jeans waren nicht ihre. Sie war es nicht, die den Reißverschluß öffnete. Sie war es nicht, die ihn entblößte.
    Er sagte: »Warte, Mag. Wenn deine Mutter heimkommt...«
    Sie brachte ihn mit ihrem Kuß zum Schweigen. Sie tastete blind nach ihm, nach seiner Süße und Fülle, und er half ihren Fingern. Er stöhnte, seine Hände krochen unter ihren Rock, seine Finger rieben heiße Kreise zwischen ihren Beinen.
    Und dann lagen sie zusammen auf dem Bett, Nicks Körper blaß und mager über dem ihren. Sie selbst bereit, mit erhobenen Hüften, gespreizten Beinen. Nichts sonst war von Bedeutung.
    »Sag mir, wenn ich aufhören soll«, sagte er. »Maggie, ja? Diesmal tun wir's nicht. Sag mir nur, wenn ich aufhören soll.«
    Nur noch einmal. Nur dieses eine Mal. Es konnte doch keine so schreckliche Sünde sein. Sie zog ihn dichter an sich.
    »Maggie. Mag, meinst du nicht, wir sollten aufhören?«
    Sie drückte es mit ihrer Hand dichter und dichter an sich.
    »Mag! Ich kann es nicht zurückhalten.«
    Sie hob den Mund, um ihn zu küssen.
    »Wenn deine Mutter heimkommt -«
    Sie ließ langsam ihre Hüften kreisen.
    »Maggie. Nicht.«
    Er drang in sie ein.

    Hure, dachte sie. Hure, Nutte, Flittchen. Sie lag auf dem Bett und starrte zur Zimmerdecke. Ihr Blick verschleierte sich, als ihr die Tränen aus den Augen traten und über die Schläfen zu den Ohren herunterrannen.
    Ich bin nichts, dachte sie. Ich bin eine Hure. Ich bin eine Nutte. Ich treib's mit jedem. Jetzt ist es nur Nick. Aber wenn morgen ein anderer kommt und ihn mir reinstecken will, erlaub ich's ihm wahrscheinlich auch. Ich bin eine Hure. Eine Nutte.
    Sie setzte sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Sie sah sich im Zimmer um. Bozo, der Elefant, trug seine übliche Dickhäuter-Versonnenheit zur Schau, aber an diesem Abend schien ihr sein Blick noch etwas anderes auszudrücken. Enttäuschung. Sie hatte Bozo enttäuscht. Aber das war nichts im Vergleich mit dem, was sie sich selbst angetan hatte.
    Sie stieg aus dem Bett und ließ sich zum Boden hinunter. Dort kniete sie nieder. Sie spürte die Wülste des alten Flickenteppichs, die sich in ihre Knie preßten. Sie faltete fest die Hände und suchte nach den Worten, die zur Vergebung führen würden.
    »Es tut mir leid«, flüsterte sie. »Ich wollte es nicht, lieber Gott. Ich hab mir nur gedacht: Wenn er mich küßt, dann weiß ich, daß zwischen uns noch alles in Ordnung ist, ganz gleich, was ich Mami versprochen habe. Aber wenn er mich so küßt, dann will ich immer nicht, daß er aufhört, und dann tut er andere Dinge, und ich will ja auch, daß er sie tut, und dann will ich immer mehr. Ich will nicht, daß er aufhört. Ich weiß, daß es unrecht ist. Ich weiß es. Wirklich, ja. Aber ich kann doch nicht für meine Gefühle. Es tut mir leid. Lieber Gott, es tut mir leid. Bitte gib, daß das keine bösen Folgen hat. Es kommt bestimmt nie wieder vor. Bestimmt nicht. Es tut mir leid.«
    Aber wie oft konnte Gott ihr verzeihen, wenn sie doch wußte, daß es unrecht war; und er wußte, daß sie es wußte, und sie es trotzdem tat, nur weil sie Nick ganz nah fühlen wollte? Man konnte nicht endlos mit Gott verhandeln. Sie würde teuer für ihre Sünden bezahlen müssen, und es war nur eine Frage der Zeit, wann der Moment der Abrechnung gekommen war.
    »Aber so denkt Gott nicht, mein Kind. Er führt nicht Buch. Er ist unendlicher Vergebung fähig. Darum ist er ja unser Höchstes Wesen, der Maßstab, an dem wir uns orientieren. Wir können natürlich nicht hoffen, seine Vollkommenheit zu erreichen, und das erwartet er auch gar nicht von uns. Er verlangt lediglich, daß wir unverzagt immer wieder versuchen, uns zu bessern, aus unseren Fehlern zu lernen, andere zu verstehen.«
    Wie einfach das alles geklungen hatte, als Mr. Sage ihr das an jenem Abend im letzten Oktober in der Kirche gesagt hatte. Sie hatte in der zweiten Bank gekniet, vor dem Lettner, die Stirn auf ihre ineinandergekrampften Fäuste gedrückt. Ihr Gebet war dem von heute abend sehr ähnlich gewesen. Nur war es damals das erste Mal gewesen, auf einem Berg steifer Abdeckplane, von der die getrocknete Malerfarbe abbröckelte, in einer Ecke der Spülküche von Cotes Hall. »Wir tun's nicht richtig«, hatte Nick gesagt, genau wie heute abend. »Sag mir, wenn ich aufhören soll, Mag.«
    Er hatte das immer wieder gesagt: Sag mir,

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