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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bequem gemacht hatte. Seine Pfoten waren, wie die Gummistiefel im Flur, schlammverkrustet.
    »Vögel?« fragte Lynley mit einem Blick zu den Gewehren.
    »Eine Zeitlang auch Rotwild. Aber das habe ich aufgegeben. Der Abschuß ist der Pirsch nie gerecht geworden.«
    »Ah ja.«
    Mit dem Sherryglas in der Hand wies Shepherd senior zu Sofa und Sesseln. »Nehmen Sie Platz«, sagte er und ließ sich in das Sofa sinken. »Wir sind selber gerade erst von einem langen Marsch heimgekommen. Da setzt man sich gern. Ich muß in einer Viertelstunde wieder weg. In meinem Apartment im Heim wartet ein Mäuschen von achtundfünfzig mit dem Abendessen auf mich.«
    »Sie leben nicht hier in Winslough?« fragte St. James.
    »Seit Jahren nicht mehr. Ich hab's gern, wenn ein bißchen was los ist, und gegen hübsche Frauen hab ich auch nichts einzuwenden. Abwechslung gibt's in Winslough nicht, und die hübschen Frauen sind alle gebunden.«
    Der Constable kam zum Kamin, hockte sich neben seinem Hund nieder und strich dem Tier mit einer Hand über den Kopf. Leo öffnete kurz die Augen und drehte sich so, daß sein Kinn auf Shepherds Schuhen zum Liegen kam. Befriedigt klopfte er mit dem Schwanz auf den Boden.
    »Du schaust ja sauber aus«, sagte Shepherd und zupfte den Hund sachte am Ohr. »Als hättest du eine Schlammschlacht hinter dir.«
    Shepherd senior prustete. »Du meine Güte, Hunde! Die können einem genauso unter die Haut gehen wie Frauen.«
    Lynley nahm die Bemerkung als Aufhänger für seine Frage, obwohl ihm klar war, daß der alte Shepherd sie dazu nicht gedacht hatte. »Was können Sie uns über Mrs. Spence und den Tod von Robin Sage sagen?«
    »Das ist eigentlich nicht Sache des Yard, hm?«
    Der Ton war freundlich, doch die Erwiderung folgte der Frage ein wenig zu schnell. Das ließ darauf schließen, daß er vorbereitet war.
    »Offiziell? Nein.«
    »Aber inoffiziell?«
    »Sie werden doch nicht leugnen, daß die Untersuchung reichlich ordnungswidrig war, Chief Inspector? Kein CID. Die persönliche Verbindung Ihres Sohnes zur Täterin.«
    »Es war ein Unglücksfall, kein Verbrechen.«
    Colin Shepherd blickte auf, blieb aber neben seinem Hund in der Hocke sitzen.
    »Eine ordnungswidrige Entscheidung, aber nicht gesetzeswidrig«, sagte Shepherd senior. »Colin war der Überzeugung, er könne den Fall allein erledigen. Ich war auch der Meinung. Und er hat ihn erledigt. Ich habe ihm die meiste Zeit assistiert, das Yard braucht sich also nicht darüber aufzuregen, daß das CID nicht zugezogen wurde. Das CID war da.«
    »Sie waren bei allen Vernehmungen anwesend?«
    »Bei den wichtigen, ja.«
    »Chief Inspector, Sie wissen, das ist mehr als ordnungswidrig. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß wir, wenn ein Verbrechen vorliegt...«
    »Aber es lag kein Verbrechen vor«, warf der Constable ein. Er sah Lynley unverwandt an. »Die Leute von der Spurensicherung sind sofort gekommen und haben sich am Tatort genau umgesehen. Innerhalb einer Stunde war die Sache klar. Es war kein Verbrechen. Es war eindeutig ein Unglücksfall. So hab ich es gesehen. So hat es der Coroner gesehen. Und die Geschworenen haben es auch so gesehen.
    Ende der Geschichte.«
    »Und Sie waren von Anfang an sicher?«
    Der Hund zuckte zusammen, als die Hand, die ihn hielt, fester zupackte. »Natürlich nicht.«
    »Und dennoch beschlossen Sie, nachdem die Spurensicherung zunächst den Tatort untersucht hatte, Ihr zuständiges CID nicht zuzuziehen, eben die Leute, die geschult sind festzustellen, ob einem Todesfall ein Unfall, ein Selbstmord oder ein Mord zugrunde liegt.«
    »Die Entscheidung habe ich getroffen«, bemerkte der Vater.
    »Wie das?«
    »Ich habe ihn angerufen«, antwortete sein Sohn.
    »Sie haben den Todesfall Ihrem Vater gemeldet? Nicht der Bezirksdienststelle in Clitheroe?«
    »Beiden. Ich habe Hawkins gesagt, ich würde mich um alles kümmern. Mein Vater hat das bestätigt. Nachdem ich mit Juliet - Mrs. Spence - gesprochen hatte, schien alles ziemlich klar zu sein.«
    »Und Mr. Spence?« fragte Lynley.
    »Den gibt es nicht.«
    »Ach so.«
    Der Constable senkte die Lider. »Das hat mit unserer Beziehung nichts zu tun. Es war kein Mord.«
    St. James beugte sich in seinem Sessel vor. »Wieso sind Sie so sicher? Wieso waren Sie da gleich so sicher, Constable?«
    »Sie hatte kein Motiv. Sie hat den Mann ja gar nicht gekannt. An dem Abend haben sie sich erst zum drittenmal getroffen. Er wollte sie dazu bringen, wieder zur Kirche zu gehen. Und er wollte mit ihr

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