06 - Der Schattenkrieg
den Hinterkopf eines Menschen darstellte, nun aber nur noch ein Ziel war, ins Visier, und drückte sanft ab. Die Waffe bäumte sich in seinen Händen leicht auf, doch die Doppelschlaufe des Gurts hielt sie in Position. Das Ziel ging zu Boden. Chavez bewegte die Waffe nach rechts. Das zweite Ziel fuhr überrascht herum; nun konnte Chavez auf ein vom Mondschein erhelltes Gesicht zielen. Ein zweiter Feuerstoß. Chavez wartete, richtete die Waffe erst auf den einen, dann auf den anderen, aber es rührte sich nichts.
Nun spurtete er aus dem Wald. Einer der Toten hatte noch eine AK-47 in den Händen. Chavez stieß sie mit dem Fuß weg, nahm eine kleine Taschenlampe aus der Brusttasche und leuchtete die beiden Ziele an. Einer hatte alle drei Geschosse in den Hinterkopf bekommen. Den anderen hatten nur zwei getroffen, aber in die Stirn. Das Gesicht des zweiten verriet Überraschung. Der erste hatte kein Gesicht mehr. Der Sergeant kniete bei den Leichen nieder und hielt nach Bewegung in der Umgebung Ausschau. Chavez’ erste Reaktion war ein Hochgefühl. Alles, was er gelernt und geübt hatte, hatte nun geklappt. Einfach war es nicht gewesen, aber im Grund auch kein großer Umstand. Die Nacht ist unser! Kurz darauf kam Ramirez zu ihm. »Gut gemacht, Sergeant. Durchsuchen Sie den Schuppen.« Er schaltete sein Funkgerät ein. »Hier ist sechs. Ziele ausgeschaltet. Kommen.« Zwei Minuten später stand der Zug am Schuppen und umringte die toten Wächter. Zum erstenmal sahen die Männer, was Krieg wirklich bedeutet. Der Feindlage-Spezialist durchsuchte die Taschen der Toten. »Nichts Besonderes, Captain«, erklärte er.
»Sehen wir uns den Schuppen an.« Chavez hatte sichergestellt, daß kein weiterer Wächter in der Gegend war, den sie übersehen haben mochten. Ramirez fand vier Benzinfässer und eine Handpumpe. Auf einem Regal aus ungehobelten Brettern lagen Konserven und zwei Rollen Toilettenpapier. Keine Bücher, Dokumente oder Landkarten. Nur ein abgegriffenes Kartenspiel fand er noch.
»Sollen wir eine Sprengfalle stellen?« fragte der Feindlage-Spezialist, der bei den Fallschirmjägern gewesen war und sich auf so etwas verstand.
»Ja, mit drei Auslösern.«
»Wird gemacht.« Der Mann grub mit den Händen ein kleines Loch in den Boden und stützte die Seiten mit Holzabfällen. Ein halbes Kilo Plastiksprengstoff C-4 wurde in die Vertiefung gepreßt; da hinein drückte der Experte zwei elektrische Zünder und einen Druckschalter des Typs, der bei Landminen benutzt wird. Die Kabel zog er zu Schaltern an der Tür und am Fenster und deckte sie mit Erde ab. Zuletzt rollte er ein Faß auf den Druckschalter. Wenn nun jemand Tür oder Fenster öffnete, ging das C-4 direkt unter dem Zweihundert-Liter-Faß Benzin los mit den entsprechenden Folgen. Besser noch, wenn jemand sehr schlau war und die Sprengschalter an Tür und Fenster ausschaltete, dem Kabel bis zu dem Faß folgte und versuchte, sich den Sprengstoff zu späterer Verwendung zu holen… ja, dann war die Gegenseite um eine schlaue Person ärmer. Dumme Feinde kann jeder töten. Gewitzte ausschalten, verlangt Kunstfertigkeit.
»Alles klar, Sir. Sorgen wir dafür, daß sich von nun an niemand mehr dem Schuppen nähert«, meldete der Feindlage-Spezialist seinem Captain.
»Roger.« Zwei Männer schleiften die Leichen mitten auf den Landestreifen, und dann begann das Warten auf den Hubschrauber. Ramirez ließ alle ihre Ausrüstung auf Vollständigkeit überprüfen, damit nichts zurückblieb.
Das Tankmanöver in der Luft übernahm PJ. Die guten Sichtverhältnisse waren günstig, konnten aber auch etwaigen Beobachtern am Boden helfen, sie auszumachen. Der verstärkte Gummischlauch mit dem Trichter am Ende lief vom Tragflächentank der MC-130E Combat Talon aus, der Tankstutzen des Pave Low wurde hydraulisch ausgefahren und bohrte sich in den Trichter. Es war zwar schon geäußert worden, das Betanken eines Hubschraubers in der Luft sei der reinste Wahnsinn Stutzen und Trichter trafen sich gerade vier Meter unter dem Rand des Rotorkreises, und Berührung zwischen Rotorblättern und dem Treibstoffschlauch bedeutete für die Besatzung des Helikopters den sicheren Tod, aber für die Crews der Pave Low war das ein ganz normales Manöver, das sie allerdings gründlich geübt hatten. Das änderte allerdings nichts an der Tatsache, daß Colonel Johns und Captain Willis sich scharf konzentrierten und während der ganzen Prozedur kein überflüssiges Wort sagten. »Trennung, Trennung«, sagte
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