06 - Ein echter Snob
Herzog heiratet, sollte eigentlich keinerlei Einwendungen machen.
Die Vorstellung von Jennys traurigem Gesicht quälte ihn noch immer, aber er beschloss,
den Gedanken daran so lange zurückzudrängen, bis sein Heiratsantrag angenommen
war, was er für eine ausgemachte Sache hielt.
Er wollte die Kutsche gerade in
einen ruhigeren Teil des Parks lenken, als Lady Bellisle zu seinem Ärger einen
Mann in der Menge freudig begrüßte.
Er brachte die Pferde zum Stehen.
»Mr. Frank!« rief Lady Bellisle. »Wie geht es Ihnen bei Ihrer Suche nach einem
Harlekin?« »Schlecht, Mylady«, sagte Mr. Frank.
Lady Bellisle stellte den
Theaterbesitzer vor, der Herzog nickte steif und überlegte dabei, dass der
einzige Nachteil, den er an Lady Bellisles Charakter entdecken konnte, ihre
übermäßige Beschäftigung mit allem, was mit dem Theater zusammenhing, war. Aus
ihren Unterhaltungen hatte er bereits geschlossen, dass sie mit einer Menge
Leute vom Theater auf vertrautem Fuße stand.
Mr. Franks schlaue Augen musterten
den Herzog. Das war also Rainbirds Herr, und er hatte die einmalige Chance, es
so einrichten zu können, dass der Herzog während der für Rainbird
erforderlichen Zeit nicht zu Hause war.
»Aber«, sagte Mr. Frank, »ich hoffe,
dass ich es morgen abend mit einem neuen Harlekin versuchen kann. Er ist ein
Genie. Besser als Grimaldi.«
Lady Bellisle lachte. »Keiner ist
besser als Grimaldi.«
»Es wäre mir eine Ehre, wenn Mylady
und Euer Gnaden mein bescheidenes Etablissement morgen abend als meine Gäste
beehren würden«, sagte Mr. Frank.
Der Herzog runzelte unwirsch die
Stirn, aber Lady Bellisle wandte sich ihm wesentlich herzlicher als sonst zu
und bat: »Wäre das nicht amüsant? Haben Sie Lust, mich zu begleiten?«
Was konnte der verärgerte Herzog
anderes sagen als »ja«?
Mr. Frank ging unter vielen
Verbeugungen, als zöge er sich von königlichen Würdenträgern zurück, eilte in
ein Kaffeehaus und rief nach Feder, Tinte und Papier.
Er kaute nachdenklich auf dem
Federkiel herum. Wenn er Rainbird schrieb, dass sein Herr unter den
Theaterbesuchern sein werde, würde der Butler niemals auftreten. Aber wenn er ihm
mitteilte, er habe die vertrauliche Nachricht erhalten, dass der Herzog von
Pelham, solange die Vorstellung dauere, nicht zu Hause sei und sich an einem
nicht näher angegebenen Ort aufhalte und dass man im Spa-Theater nur wenige
Zuschauer erwarte, dann würde das den Butler vielleicht in Versuchung führen.
Pelham würde Rainbird sicherlich hinauswerfen, aber das wäre nur um so besser.
Mr. Frank war davon überzeugt, dass Rainbird Erfolg haben würde, und ein
arbeitsloser Butler würde den neuen Posten sofort antreten können.
Währenddessen entfernte sich der
Herzog ein wenig von der eleganten Menge und brachte sein Gespann unter den
weitverzweigten Ästen einer Sykomore zum Stehen.
Er wünschte, Lady Bellisle würde
aufhören, unentwegt über das Theater und insbesondere über Harlekinaden zu
reden, die er für vulgär hielt.
Als sie endlich eine Pause machte,
um Atem zu holen, ergriff er die Gelegenheit beim Schopf. »Ich habe
beschlossen, mich zu verheiraten«, sagte er.
In ihren Augen blitzte es belustigt
auf, als sie ihn anschaute. »Ach nein! Die hübsche Miss — wie hieß sie doch
gleich wieder? ah, Miss Sutherland.«
»Unsinn«, sagte der Herzog
verblüfft. »Sagen Sie mir bitte, wie Sie darauf kommen.«
»Ich habe Ihr Interesse an dem
Mädchen bemerkt und dass Sie irgend etwas besorgt machte.«
»Miss Sutherland ist viel zu jung«,
sagte der Herzog, der Arger in sich aufsteigen spürte.
Lady Bellisle blickte ihn überrascht
an. »Ich schätze, die schöne Miss Sutherland ist fast zwanzig, und Sie selbst,
Euer Gnaden, sind knapp dreißig. Eine vollkommene Ausgewogenheit des Alters.«
»Ich bin an einer Dame aus gutem
Hause und mit gutem Charakter interessiert«, erwiderte er eisig.
»Oh, ich würde sagen, Miss
Sutherland verfügt reichlich über beide Eigenschaften«, sagte Lady Bellisle mit
wohlüberlegter Bosheit. Sie hatte den Klatsch gehört, dass Pelham das Mädchen
schlechtgemacht hatte, und hatte daraus geschlossen, dass Miss Sutherland den
hochmütigen Herzog irgendwann einmal abgewiesen hatte.
»Wollen Sie mir endlich zuhören,
Madam?« schrie der Herzog erbittert.
Lady Bellisle schaute ihn verwundert
an, und eine leichte Schamröte stieg ihm ins Gesicht. »Entschuldigen Sie meinen
Zornausbruch«, sagte er förmlich. »Ich fürchte, Sie sind sich nicht darüber
Weitere Kostenlose Bücher