06
dich da raus, Nick. Ich verhungere."
„Iiihhh." Jessica lächelte. „Ich hasse es, wenn Mama und Papa sich streiten."
„Ich kann nicht zulassen, dass du ihn angreifst. Das ist kriminell. Auch wenn er das größte Arschloch der Welt ist."
„Nick? Süße? Selbst mit einem Flammenwerfer könntest du mich nicht aufhalten."
„Grrrurgel", stieß B. McGill hervor.
„Betsy, an manchen Tagen mag ich dich fast. Also zwing mich nicht, dich zu erschießen."
„Oh, los doch. Schieß!", fuhr ich ihn an. „Das würde zum Rest der Woche passen. Denkst du etwa, deine 38er macht mir Angst?" Und was war überhaupt mit seiner Sig passiert? Wie viele Waffen besaß der Typ eigentlich?
„Kinder, Kinder", sagte Jessica.
„Grrrrurgel."
„Lass ihn runter. Sofort!"
„Zwing mich doch."
„Ggggkkk!"
„Kinder?"
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Ich hörte das Klicken, als Nick den Hahn seiner Waffe spannte. Ich konnte hören, wie die Kugel in die Kammer rutschte. Der Lauf sah wirklich groß aus.
Das war mir recht. Endlich ein Gegner, der sich mit mir anlegen wollte, ein Problem, dem ich mich ganz direkt stellen konnte. Fehlgeleitete Aggression, flüsterte Sinclair in meinem Kopf, was mich irritierte. Für einen untoten (vielleicht sogar endgültig toten) Bräutigam, der abgehauen war, hatte er sich in meinem Kopf ganz schön häuslich eingerichtet.
„Kinder, Dr. McGill sieht nicht gut aus."
Ich guckte. Nick guckte. Sie hatte recht. Sein Kopf hing seitlich herab und er sabberte auf mein Handgelenk. Mist. So machte das keinen Spaß. Ich ließ ihn fallen und er plumpste auf die Fliesen, Arme und Beine lächerlich von sich gestreckt. Nick steckte seine Waffe weg.
Böse starrten wir uns über Jessicas Bett hinweg an. „Zieh noch einmal so ein Ding ab und ich nehme dich tatsächlich fest."
„Richte noch einmal die Waffe auf mich und ich fresse dich."
„Schon wieder", grinste er höhnisch. Er schenkte Jessica ein Glas Wasser ein und stellte das Kopfende des Bettes hoch, sodass sie aufrecht sitzen konnte.
Wie eine wütende Mutterkatze ließ er sie nicht aus den Augen, während sie das Glas in einem Zug leerte.
„Oh, als wenn mir das erste Mal Spaß gemacht hätte! Kapier es endlich, Dumpfbacke, dass ich ein brandneues totes Mädchen gewesen bin! Ich wusste nicht einmal, dass ich ein Vampir war, bis meine Zähne wuchsen. Ich habe dich um Hilfe gebeten, erinnerst du dich?"
„Hilfe?", kreischte er fast.
„Woher sollte ich denn wissen, was so ein kleiner Biss bei dir bewirken würde?"
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„Du kamst nicht auf die Idee, dass es problematisch sein könnte, mich in den Hals zu beißen und mein Blut zu trinken?"
Das saß. Eins zu null für Nick. Auch egal. „Falls es deiner Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, ich bin eine von den Guten! Ich töte böse Vampire und fange Serienkiller und . . und . ." Mir fiel nichts mehr ein. Was hatte ich weiter Gutes getan? Da gab es doch sicher noch mehr . .
„Natürlich fängst du Serienkiller. Warum sollte ich dir auch sonst seit achtzehn Monaten Informationen geben? Weil ich soooo verliebt in dich bin?"
„Das war die Theorie, die uns am plausibelsten erschien", gab ich zu und fühlte mich eitel und dumm zugleich. „Selbstverständlich habe ich diese Meinung schnell revidiert. Also, äh ... du liebst mich nicht. Ja, äh ... das habe ich kapiert."
„Wohl kaum, du blonder Blutsauger auf Beinen. Ich täte nichts lieber, als dich in eine sonnige Zelle zu sperren."
Jessica sagte nichts und ich verzog keine Miene. Also wusste Nick nicht alles über mich. Gott sei Dank! Wahrscheinlich dachte er sogar, dass ein Kreuz oder Weihwasser mir etwas anhaben konnte. Exzellent.
„Weißt du was, Nick? Ich bin froh, dass du mich nicht magst. Weil du nämlich ein egozentrischer, jähzorniger, testosteron-gesteuerter, Waffen schwenkender Vollidiot bist."
„Hört ihr wohl mit dem Scheiß auf?", forderte Jessica. „Mein Tag war wirklich lausig. Oder meine Nacht. Was auch immer."
„Er hat angefangen."
„Du hast angefangen."
„Und ich beende es jetzt! Ich drehe dieses Krankenhausbett sofort um, wenn ihr beiden nicht endlich damit aufhört. Und um deiner Frage zuvorzukommen, Bets, ich habe ihm nicht verraten, was du bist."
„Natürlich hast du das nicht getan." Jessica sah schrecklich 76
aus und hatte noch mehr an Gewicht verloren. Das Problem war, dass sie schon vorher nicht viel auf den Rippen gehabt hatte. Fünf Pfund waren fünf Prozent ihres Körpergewichts. Oder so ähnlich. „Sinclairs Mojo hat nicht
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