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einen Klaps auf die Schulter und sagte: „Hör auf! Das ist nicht lustig. Ich stecke fest! Hilf mir, du Blödmann!" Schließlich ließen wir die Sandale, wo sie war, auf einer Höhe von 1,20 Meter in der Wand.
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Wir schliefen den ganzen nächsten Tag, bis die Sonne unterging. Ein Anruf von Jessica weckte uns, die uns in einen Laden in der Nähe zum Abendessen einlud - auf ihre Rechnung dieses Mal. Da wir keine feste Nahrung zu uns nahmen, waren wir natürlich preiswerte Gäste. Trotzdem stand die Einladung.
Wir diskutierten. „Dies sind unsere Flitterwochen. Zeit, die du und ich zu zweit verbringen sollten."
„In einer Stadt mit fünfzig Millionen Einwohnern?"
„Achtzehn Millionen", entgegnete Sinclair trocken. „Die wir alle nicht kennen."
Kaum zu glauben, dass ich mich jetzt für Jessica und Nick einsetzte und meine Flitterwochen mit ihnen verbringen wollte! „Ja, aber du musst auch an Jessicas Problem denken."
„Ich denke an mein eigenes."
„Ja, schon, aber Nick hasst uns und sie will, dass er diesen Hass überwindet.
Sie findet, das sei eine gute Gelegenheit."
„Und dann werden wir eine große, glückliche Familie."
„Nun ja. Hm. Genau." Irgendwie waren wir das ja auch, normalerweise. Wenn wir nicht gerade in New York waren, lebten wir alle zusammen in einem Haus in St. Paul. Mal mehr, mal weniger glücklich. Deswegen nervte es mich auch so, dass Nick sich sperrte, mit uns zusammen glücklich zu sein. Ich meine, es nervte mich jetzt, da Jessica mich daran erinnert hatte.
„Ganz genau", begann ich wieder auf ihn einzureden. „Denk doch nur, in welcher Lage sich Jessica befindet . . Wenn wir keine Lösung finden, dann wird sie zwischen ihm und mir . . ich meine, uns wählen müssen."
„Na und?"
„Herzloser Mistkerl!", rief ich und boxte ihn auf die (nackte, ach so schöne!) Brust.
„Jessica ist eine schöne, intelligente und wohlhabende Frau. Sie wird kein Problem haben, einen anderen Freund zu finden."
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Das bewies mir wieder einmal, wie herzzereißend wenig Sinclair von Frauen im Allgemeinen und meiner Freundin im Besonderen verstand.
„Sie will keinen anderen Freund, sie will Nick."
Sinclair rümpfte die Nase.
„Und du musst zugeben, dass wir irgendwie an allem schuld sind."
„Wir haben nur getan, was notwendig war", sagte er mit der kühlen Arroganz eines Mannes, der schon seit mehr als sechzig Jahren auf diesem Planeten wandelte, „und wir würden es wieder tun. Das heißt nicht, dass wir in unseren Flitterwochen jede Mahlzeit mit ihnen einnehmen müssen."
„Nicht jede Mahlzeit", entgegnete ich kompromissbereit.
Er rollte mit den Augen und zog sich sein Hemd über. Ich unterdrückte den Impuls, es ihm gleich wieder vom Leib zu reißen. „Wie du wünschst", sagte er. „Nicht jede Mahlzeit."
„Hurra! Ich meine, danke."
Er grunzte.
„Ich ruf Jess an."
Dieses Mal grunzte er nicht einmal. Ich griff nach meinem Handy und schrieb eine SMS: „Abendessen OK. Um 8?" Nur wenige Sekunden später zwitscherte das Ding. „8. OK!" „Alles geritzt." „Oh, wunderbar."
„Ach, komm schon, das wird bestimmt .. " Spaßig hatte ich sagen wollen, aber das wäre die größte Lüge seit „Das tut gar nicht weh" gewesen. „.. furchtbar unentspannt und anstrengend, aber wir können ja wieder auf das Dessert verzichten."
„Aha." Endlich lächelte Sinclair und stieg in seine Boxershorts. Schade. „Wenn du so großzügig bist, auf das Dessert zu verzichten, will ich nichts mehr sagen."
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„Klugscheißer mag niemand."
„Das stimmt keinesfalls, mein Eheweib."
Es war, wenn das überhaupt möglich war, noch schlimmer als am Abend zuvor. Jessica war angespannt und lächelte ein wenig zu strahlend, Sinclair hatte nichts zur Unterhaltung beizutragen und Nick machte spitze Bemerkungen über Untote und ihre Ernährungsgewohnheiten.
Ich bestellte wieder einen Daiquiri nach dem anderen.
Wenigstens war der Kellner nett, auch wenn er die gespannte Atmosphäre an unserem Tisch gespürt haben musste, denn er kam nur dann zu uns, wenn unsere Gläser nachgefüllt werden mussten oder Jessica eine weitere Portion Pommes frites bestellte. Neidisch sah ich zu, wie sie sich durch einen Hamburger und Fritten arbeitete und Nick ein Steak und eine gigantische gebackene Kartoffel verschlang. Junge, wie sehr vermisste ich richtiges Essen!
Schließlich trieb Nick es zu weit, als er meinte: „Was ist los, Vampirkönig?
Verderbe ich Ihnen die Laune? Klar, jetzt, wo sich ein Cop an Ihre Fersen
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