0601 - Aibons Monster-Troll
Das Maul stand offen. Zahnreihen bildeten kleine, spitze Gitter, dazwischen schlug eine breite Zunge aus wie ein Pendel.
Das Monster wollte ihn, das Monster hatte ihn.
Bevor sich Kalem versah, schwebte das gewaltige Maul bereits dicht über seinem Hals. Es brauchte nur mehr zuzuschnappen, dann war es um ihn geschehen.
Es geschah nicht.
Er spürte den Ruck, als er etwas weiter gedreht wurde, doch die Hoffnung erwies sich als trügerisch. Das Monstrum hatte etwas mit ihm vor, es wollte ihn, und es biß zu.
Dabei hatte es sein Maul so weit aufgerissen, daß der Körper des Kurden zwischen den breiten Zahnreihen klemmte. Er merkte den Druck, der Untergrund verschwand. Plötzlich schwebte er, aber er klemmte noch immer fest.
Das Monster stieß einen zufrieden klingenden Grunzlaut aus, bevor es sich in Bewegung setzte.
Es verschwand nicht im Wald, womit der Kurde eigentlich gerechnet hätte. Es ging den Weg zurück, den Hang hinauf und erreichte bald dessen Ende.
So ähnlich wie er mußte sich auch der gefangene Polizist fühlen, aber bei Kalem hatte sich der Druck der spitzen Zähne noch verstärkt und bereits seine Kleidung zerrissen, so daß die Hauer in seine Haut dringen konnten und dort etliche, kleine Wunden hinterlassen hatten.
Schwerfällig walzte und bewegte sich das Monster mit seiner Beute voran. Es schaukelte auf die offenstehende Tür zu, denn genau dort befand sich das Ziel.
Die im Haus zurückgebliebenen konnten es weder hören noch sehen. Der Kurde jedoch hörte die Worte, nur schaffte er es nicht, sich bemerkbar zu machen.
Völlig ruhig klemmte er zwischen den beiden Maulhälften des fürchterlichen Untiers. Wenn er sich zu drehen versuchte, griffen die Zähne nur noch stärker zu, dann rasten Schmerzen durch seinen Körper, die er nicht aushalten konnte.
Sekunden dehnten sich. Manchmal streifte nasses Gras sein Gesicht. Wasser blieb als durchsichtige Perlen auf seiner Haut hängen oder benetzte die Lippen.
Kalem mußte die Augen verdreht halten, um den Eingang besser erkennen zu können.
Er sah das Loch, die Öffnung, er hörte die Stimmen. Plötzlich überkam es ihn. Es war wie eine Welle, und sie löste auch die Schranke bei ihm.
All sein Leid und die große Angst entluden sich zu einem irren, hysterisch klingenden Schrei…
***
Von ihren Lanzen tropfte noch das Blut der Toten, als die Horror-Reiter tiefer in das Paradies der Druiden hineinritten, um ihm ihren Stempel aufzudrücken.
Sie hatten bereits eine Spur aus Tod und Vernichtung hinterlassen.
Wo sie erschienen waren, gab es kein Leben mehr, nur die verbrannte, leere und dampfende Erde.
Die Reste tropften weiter von den Spitzen und versickerten im Boden, nachdem sie sich verteilt hatten. Es war das Blut, diese schwerfällig weißlich gelbe Masse mit dem Grünstich. Lanzen und Schwerter hatten ganze Arbeit geleistet.
Für die vier Horror-Reiter gab es keine Widerstände. So dicht konnte die Natur gar nicht gewachsen sein, als daß sie ihnen hätte Widerstand entgegensetzen können.
Mit ihren Schwertern räumten sie auf. Sie ritten nebeneinander her. Manchmal dampfte Feuer vor den Mäulern der Höllengäule und kohlte im Weg hängende Hindernisse einfach weg.
Der Boden erzitterte unter dem dumpfen Klang der Hufe. Grasboden und Dreck wurden in die Höhe geschleudert. Furchen blieben zurück und auch totes Getier.
Wenn sich ihnen kleine Tiere in den Weg stellten, spießten die Spitzen der Lanzen sie rücksichtslos auf.
Die Horror-Reiter waren schnell.
Wie der Tod huschten sie durch das dunkle, nächtliche Aibon.
Manchmal schienen sie eins zu werden mit dem Himmel, dem Boden und der Finsternis.
Das Grauen ließ die Umwelt erzittern. Elfen und Feen, die sie aus sicherer Distanz beobachteten, flohen trotzdem vor ihnen und verbreiteten die Nachricht des Schreckens.
Wenig später ritten sie hinein in einen heftigen Regenschauer. Riesige Pfützen hatten sich bereits auf dem flachen Boden gebildet.
Ihr Ziel blieb.
Sie wollten das Gebiet zwischen den beiden Hälften, wo die Gegend von Monstren bewohnt und bewacht wurde, um dort eine Startposition zu erreichen. Es ging ihnen darum, das Gebiet des Druiden Guywano zu annektieren.
Noch ahnte er nichts davon. Sicherlich, man hatte ihn bestimmt gewarnt, doch was konnte er schon gegen eine Macht, die AEBA hieß, ausrichten?
Bisher hatte die Horror-Reiter noch niemand aufhalten können.
Und so stürmten sie weiter durch das Paradies der Druiden, um es in eine leere Totenlandschaft zu
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