0601 - Druiden-Seelen
hierher, sie sollte eigentlich gar nicht hier sein!
Ihre Eltern würden vermutlich schon das ganze Dorf auf den Kopf gestellt haben, auf der Suche nach ihr. Und niemand würde ihnen sagen können, was wirklich passiert war. Nicht einmal der Professor, denn der war ja laut Siebenauge ebenfalls hier auf dem Silbermond, nur war er in eine Falle geraten und erst einmal außer Gefecht gesetzt.
Siebenauge!
Erst jetzt, wo sie ihn leibhaftig gesehen und erlebt hatte, hatte sie eine Vorstellung von diesem rätselhaften Wesen mit dem monsterhaften Aussehen. Jetzt fiel es ihr schwerer, in Siebenauge ein intelligentes Wesen zu sehen als zuvor, als sie ihn nur aus Professor Zamorras Erzählungen kannte.
Vor allem die phantastischen Fähigkeiten, über die Siebenauge verfügen mußte, erschienen ihr noch viel unglaublicher als bisher. Vor ihrer Begegnung war er eher eine abstrakte Figur gewesen, eine Legende vielleicht. Jetzt aber war er ein riesiges Ungeheuer.
»Wir versuchen Kontakt mit vernünftig gebliebenen Druiden aufzunehmen«, entschied Onaro. »Hoffentlich bin ich nicht der einzige. Aber dann hätte Siebenauge vermutlich nicht diesen Plan entworfen. Ich nehme an, daß du in meiner Nähe bleiben willst?«
»Was wäre die Alternative?«
»Allein irgendwo auf dem Silbermond zu bleiben, bis sich die Lage wieder normalisiert hat.«
»Allein?« stieß sie hervor. »Das kannst du nicht von mir verlangen!«
»Ich würde dafür sorgen, daß du einigermaßen sicher bist.«
Sie schüttelte den Kopf. »Diese Welt ist fremd. Ich weiß nicht, wo ich bin, ich habe keinen einzigen Bezugspunkt.«
Mehr mußte sie nicht sagen. Er konnte ihre Furcht und Unsicherheit ja spüren. Dazu bedurfte es nicht mal druidischer Para-Fähigkeiten.
»Gut. Du wirst also in meiner Nähe bleiben. Entfern dich nicht zu weit von mir. Falls ich einen zeitlosen Sprung durchführen muß, will ich dich sofort berühren können, um dich mitzunehmen. Außerdem kann ich Gefahr wesentlich früher spüren als du.«
»Und was wirst du tun, Onaro?«
»Ich werde eine telepathische Suche durchführen.«
»Dadurch können andere aber auf dich aufmerksam werden, oder?« befürchtete Lis. »Ich meine damit vor allem die… die Aggressiven.«
»Das ist ein Risiko, das wir eingehen müssen«, gestand Onaro. »Gerade deshalb solltest du auch in meiner unmittelbaren Nähe bleiben, damit ich dich zur Not mitnehmen kann.«
»Sollten wir nicht eher versuchen, etwas für Zamorra zu tun?«
»Man wird ihn nicht unbedingt töten, denke ich«, überlegte Onaro. »Siebenauge hat nicht gesagt, in wessen Falle er geraten ist. Vielleicht hält man ihn zunächst nur gefangen, um ihn später als Druckmittel verwenden zu können. Oder um Wissen aus ihm herauszuholen. Ich denke, daß er in der Organstadt gefangengehalten wird. Alles andere hätte wenig Sinn. Wir werden auch in die Organstadt zurück müssen. Dort wird sich alles konzentrieren. Es gibt zwar noch viele andere Organhäuser über den ganzen Silbermond verstreut, aber diese einzelnen Häuser werden nicht wichtig sein. Den ersten großen Schlag wird man in der Stadt führen.«
Der Druide streckte die Hand nach Lis aus.
»Bist du bereit?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Ich…«
Da berührte er sie bereits und führte den zeitlosen Sprung durch.
Im nächsten Moment befanden sie sich in einem der Organhäuser.
Das Haus war dunkel, leer…
***
…und tot!
Zamorra fror. Er öffnete die Augen und war im ersten Moment erleichtert, nicht inmitten der polarkalten Schneelandschaft zu liegen, die ihm sein Unterbewußtsein in einem Traum vorgegaukelt hatte.
Er begriff, daß er unter den Nachwirkungen der Kältenadel litt. Das würde bald vorübergehen.
Sein Körper erwärmte sich rasch wieder. Er wurde wesentlich schneller mit dem Kälteschock fertig, als es bei den Sauroiden der Fall war.
Was blieb, waren - die Fesseln!
»Verdammt!« entfuhr es dem Dämonenjäger.
»Genau das wollte ich auch gerade fluchen«, erklang es nur ein paar Meter neben ihm. »Ganz meine Meinung, Chef. Verdammt!«
Natürlich. Nicole und er waren von Tempelsoldaten niedergeschossen worden. Der Priester Grekkainss hatte sich als heimtückischer Verräter erwiesen.
War das aber nicht auch zu erwarten gewesen? Den Kälte-Priestern konnte man auch heute noch nicht über den Weg trauen!
»Zum Teufel, ist das kalt!« fuhr Nicole fort. »Man kann gar nicht so schnell zittern, wie man friert…«
»Das geht vorüber!«
»Weiß ich doch!
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