0604 - Das steinerne Volk
schließlich.
Mit ein paar Sachen, schnell aus den Koffern genommen, traten sie wieder ins Freie.
»Ist das eine optische Täuschung?« stieß Zamorra hervor.
»Oder stehen die Figuren jetzt anders als vorhin?«
»Den Eindruck hatte ich vorhin auch schon mal«, sagte Nicole.
Da begannen sie beide zu laufen, dem Rand des Parks und dem Waldweg entgegen, über die sie hergekommen waren.
Ein Impuls forderte, die Anderen gehen zu lassen und zeigte Erleichterung über ihren Rückzug. Doch ein anderer Impuls stellte fest, daß sie Verdacht geschöpft hatten. Das potenzierte die Gefahr.
Sie ließen sich nicht eingliedern, also mußten sie vernichtet werden. Es gab keine andere Möglichkeit mehr.
Bedauern war eine verständliche, aber falsche Reaktion einiger weniger, die bis zuletzt gehofft hatten. Aber die Entscheidung war gefallen. Töten.
Nach einer knappen Viertelstunde erreichten sie die Straße, ohne daß etwas oder jemand versucht hatte, sie an ihrer Flucht zu hindern - etwas anderes als eine Flucht war es in Wirklichkeit auch nicht!
Zu Fuß war der holperige Weg noch wesentlich beschwerlicher. Es dauerte länger, ihn zurückzulegen, als Zamorra und Nicole gedacht hatten. Um so bewundernswerter war da Walkers Leistung, daß er so lange vor ihnen am Haus gewesen war!
»Und nun?« fragte Nicole. »Weiter in unsere ursprüngliche Richtung?«
Zamorra nickte. »In der Hoffnung, daß wir nicht mehr allzuweit vom nächsten Ort entfernt sind. Oder daß jemand vorbei kommt, der uns als Anhalter mitnimmt.«
»Kann ja eigentlich nicht weit sein. Walker sprach von einem Maskenfest, von dem er gerade kam. Und wenn er den Weg zu Fuß zurückgelegt hat…«
Also marschierten sie los.
Sie waren vielleicht zwei, drei Minuten auf der Straße, als hinter ihnen eine Limousine auftauchte.
Zamorra hob schon den Daumen, ließ ihn aber wieder sinken, als er die Rundumleuchten in blau und rot auf dem Dach des gut fünfzehn Jahre alten Ford LTD sah.
Unwillkürlich zog Nicole den Reißverschluß ihres Overalls bis ganz nach oben. Sie tastete auch nach dem Blaster an der Magnetplatte und wollte ihn vorsichtshalber zwischen den anderen Klamotten aus ihren Koffern verschwinden lassen.
Zamorra winkte ab. »Das ist ein freies Land, in dem jeder freie Bürger das Recht auf Waffen hat«, sagte er. »Was manchmal verhängnisvolle Folgen nach sich zieht. Aber solange du dem Cop keinen Grund gibst, sich bedroht zu fühlen, hat ihn die Waffe nicht zu stören.«
Es gab für ihn noch einen anderen Grund, Nicole am Verbergen der Strahlwaffe zu hindern. Aber er sprach ihn nicht aus, weil er keine Lust hatte, jetzt darüber zu diskutieren.
Es war nur ein undeutliches Gefühl. Dasselbe, das er vorhin gehabt hatte, als er vor Luke Walker den ›Demonstrationsschuß‹ abgefeuert hatte.
Jedenfalls wollte er den Blaster griffbereit haben und nicht erst aus Nicoles Klamotten kramen müssen.
Der Ford LTD stoppte neben ihnen. An der weißlackierten Tür prangte ein großer, fünfzackiger Stern in Gold und die Aufschrift POLICE - UNION COUNTY, darunter die Notruf-Telefonnummer.
Ein breitschultriger Mann mit dünnem, strohblonden Haarkranz wuchtete sein Übergewicht vom Fahrersitz und walzte um den Wagen herum. Der gestickte Namenszug unter seinem Deputy-Stern wies ihn als Tom Lafayette aus.
Über den Rand seiner Sonnenbrille musterte er Zamorra und Nicole, registrierte die Waffe an ihrer Seite und schob die Brille wieder vor die Augen. »Kann ich euch ein Stück mitnehmen?«
»Gern, Officer«, sagte Nicole schnell, ehe Zamorra ablehnen konnte.
»Laßt den Officer weg. Ich bin Tom. Laßt mich raten, ihr wollt zu dem Maskenfest. Han Solo und Prinzessin Leia aus ›Krieg der Sterne‹. Allerdings müßte dann eher Han Solo die Laserkanone am Gürtel tragen und die Prinzessin in einem weißen Gewändchen…«
»Ganz so intergalaktisch sind wir nicht«, erwiderte Nicole und stellte sich und Zamorra vor.
»Schade«, brummte der Deputy. »Aber bevor wir das vertiefen - habt ihr zufällig einen grauhäutigen UFO-Piloten mit verdammt großen Augen gesehen?«
»Luke Walker?« fragte Nicole.
»Ihr kennt Walker?«
»Hat er was ausgefressen?«
»Er hat mir das Alien-Kostüm geklaut«, grollte Lafayette.
»Eigentlich wollte ich nämlich damit den ersten Preis abstauben.«
Nicole lachte und deute in die Richtung, aus der sie kamen.
»Zuletzt haben wir ihn in dem alten Herrenhaus im Wald gesehen. Aber da ist er jetzt nicht mehr.«
»Was für ein
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