0604 - Stunden der Angst
konnte.
Ein anderer trat ihm in die Hüfte, und die verfluchte Schlinge raubte ihm die Luft.
Suko hörte sich selbst röcheln. Er wußte, daß es Experten gab, die mit einer Seidenschlinge töten konnten, und er sah bereits die Schatten vor seinen Augen kreisen.
Das Lachen einer Stimme drang an seine Ohren, als stünde der Kerl meilenweit entfernt.
Ein anderer sagte: »Die Damions werden sich freuen. Wir haben sie richtig getauft, sie werden ihn zerfleischen.«
»Dann kill ihn aber nicht.«
»Keine Sorge!«
Etwas raste auf Sukos Schädel zu. Ein Schatten, der sich immer mehr vergrößerte.
Dann knallte es!
Suko sah Sterne, die auseinanderspritzten wie Wassertropfen. Danach überfiel ihn die Dunkelheit, die ihn schluckte wie ein gewaltiges Loch. Er war ausgeschaltet…
***
Lydia Farell schrie noch immer, als ich die Tür in der oberen Etage auframmte, sie gegen Lydia stieß und die Frau regelrecht aus dem Weg räumte, so daß ich freie Bahn hatte.
Die brauchte ich auch, denn in der Zimmermitte hielt sich das widerliche Monstrum auf.
Es mußte an der Hauswand hoch und durch das offene Fenster in den Raum geklettert sein. Daß es Lydia noch nicht überfallen hatte, sah ich als einen Glücksfall an.
Unbeweglich stand es mir gegenüber. Jetzt im Licht konnte ich seine ganze Scheußlichkeit noch besser erkennen. Zum erstenmal sah ich dieses daumendicke Etwas. Es peitschte aus dem offenen Maul, als wäre das Untier dabei, etwas hervorzuwürgen.
Widerlich…
Rechts neben mir atmete die Frau hart und heftig. Auf ihrem Gesicht lag eine dicke Schweißschicht. Die Augen waren zwei ängstliche Kreise in einem verzerrten Gesicht.
»Okay, Lydia, okay, behalten Sie die Nerven. Das hier regele ich schon.«
»Ja, aber…«
»Kein Aber, Mädchen.«
Ich hatte die Beretta gezogen und zielte schräg gegen den Körper des Untiers.
Da war plötzlich die Zunge. Sie huschte handbreit über den Boden hinweg und schlug zu.
Ich spürte sie an meinem rechten Fußknöchel. Sie wickelte sich darum, riß mich nach vorn, und ich schoß.
Die geweihte Silberkugel sägte förmlich in den mißgestalteten Körper der höllischen Kreatur. Etwas spritzte aus dem Schädel über meinen Kopf hinweg, während ich durch den harten Zug der Zunge zu Boden glitt, mich aber abstützen konnte und sah, daß die Zunge zurückzuckte. Sie war grau geworden und verschwand wie ein sich windender Schatten im offenen Maul des Monstrums.
Das Untier selbst hatte dem Silber ebenfalls nicht widerstehen können. Dieser Raum hatte sicherlich schon viel gesehen und erlebt, aber so etwas bestimmt nicht.
Das Monstrum löste sich auf, verlor den schwarzen Schleim, über dem eine dünne Wolke schwebte, und der Teppich saugte sich mit dem stinkenden Zeug voll. Gleichzeitig wehte uns ein penetranter Geruch entgegen.
Ich hörte Lydia würgen, stand auf und sah, daß sie sich umgedreht hatte, die Hand vor die Lippen gepreßt hielt und in das kleine Bad rannte, wo sie sich übergeben mußte.
Ich blieb bei den Resten des Monstrums.
Schwarzer, dunkler Schleim, Haare und Knochen, eine ekelhafte Pfütze, das war alles.
Wie bei den Ghouls…
Allmählich kam ich zu der Überzeugung, daß diese Kreaturen zu den Ghouls zählen mußten. Vielleicht waren es sogar Mutationen von ihnen, obgleich ich die Ghouls selbst als eine Mutation ansah, die irgendwo in der Dämonenwelt entstanden war.
Ich schritt um die Lache herum und ging auf das kleine Bad zu.
Die Tür war wieder ins Schloß gefallen. Bevor ich klopfte, schaute ich nach draußen.
Mein Blick glitt nicht über den Vorgarten, sondern nach hinten hinaus. Auch dort war nichts zu sehen. Keine Außenleuchte riß ein Loch in die Dunkelheit.
So genau besah ich mir die Hauswand, leuchtete sie sogar ab und entdeckte die Kratzspuren, die die Krallen des Monsters hinterlassen hatten, bevor es in das Zimmer geklettert war.
Das Fenster ließ ich noch offen, damit wenigstens ein Teil des Gestanks abziehen konnte.
Im Bad fand ich Lydia. Bleich im Gesicht hockte sie auf dem Wannenrand und schrak zusammen, als ich die Tür öffnete. Wahrscheinlich rechnete sie mit dem Schlimmsten, doch ich lächelte ihr beruhigend zu. »Keine Sorge, es ist vorbei.«
»Aber nicht für immer.«
»Zunächst.«
»Mr. Sinclair, was…?«
»Sagen Sie ruhig John zu mir.«
»Okay, John. Was war das nur? Wie ist so etwas möglich? Wie kann ein Geschöpf existieren, das…?«
»Ich kann Ihnen keine Antwort geben, Lydia, noch nicht.«
»Haben Sie
Weitere Kostenlose Bücher