0605 - Das Gespenst vom Tower
es, Nunoz.«
Er faßte meine Hand an. Seine Finger waren blutverschmiert. Sie hinterließen auch Spuren an mir. »Gebt auf sie acht. Conchita darf nicht auch sterben.«
»Weshalb sollte sie?«
»Mateo weiß, daß ich ihn verraten habe. Er wird alles tun, um sich zu rächen.«
»Du hast ihn gesehen, nicht?«
»Ja, er kam aus dem Dunkeln.«
»Wohin lief er?«
Nunoz verzog das Gesicht, als ein Strom von Schmerzen seinen Körper durchschoß. »Nicht geflüchtet«, flüsterte er, »nein, er ist nicht geflüchtet. Hier in der Nähe…«
»Dann werden wir ihn finden.«
»Sie… sie haben ihn damals in das Verlies gesteckt, aber sie wußten nicht, wer er war. Jetzt rächt er sich furchtbar, jetzt …« Dem Schwerverletzten versagte die Stimme. Noch einmal riß er die Augen auf und öffnete auch den Mund, als wollte er mit dieser Bewegung Leben zurückholen. Das aber schaffte er nicht mehr. Die Wunde war zu groß, zu tief, zu grausam.
Ich sah es seinen Augen an, daß er nicht mehr lebte. Plötzlich waren sie starr und glanzlos geworden. Sein Geist befand sich in einer anderen Welt.
Ich richtete mich langsam auf und hörte Conchita weinen. Suko mußte sie stützen. Auch andere weinten, und als ich mich umdrehte, schaute ich in Gesichter, die vor Entsetzen maskenhaft wirkten, aus denen jegliches Leben verschwunden war.
»Habt ihr es gehört?« fragte ich. »Habt ihr verstanden, was Nunoz in den letzten Minuten seines Lebens sagte?«
Die meisten schwiegen, einige nickten. Schließlich drängte sich Luella in den Vordergrund. »Ich habe es verstanden«, erklärte sie.
»Und ich weiß auch, was geschehen ist. Er hat mich nicht angelogen, nein, das hat er nicht, denn er sprach noch vor kurzer Zeit mit mir, als ich aus dem Fenster schaute.« Mit dem gekrümmten Zeigefinger wischte sie Tränen aus den Augen. »Er hat euch beiden vertraut. Jetzt zeigt euch dieses Vertrauens auch würdig.«
»Weshalb sprach er mit Ihnen?« erkundigte ich mich.
»Er wußte, daß ich den anderen Freunden Bescheid geben würde. Er hatte nicht die Zeit.«
»Habt ihr erst heute von dem Grauen erfahren, das unterwegs ist?«
»Nicht direkt. Ich ahnte es, als er seine Trommel hervorholte und damit wegging.«
»Danke.« Danach wandte ich mich an die anderen. »Nunoz hat es nicht geschafft, der Zombie war schneller. Er heißt Mateo, ist ein Medizinmann, den man in den Tower gesteckt hat, um ihn lebendig zu begraben. Nur ahnten die Menschen, die das damals taten, nicht, was sie angerichtet hatten. Sie kannten seine Kräfte nicht. Mateo überlebte und ist nun zurückgekehrt. Er wird töten.«
»Uns auch?« rief eine Frau.
»Ich kann es nicht sagen. Zumindest hat er Nunoz als einen Verräter angesehen. Es kann sein, daß er seine Meinung auch auf die Umgebung des Toten überträgt.«
»Dann ist Conchita in Gefahr!« flüsterte Luella.
»Damit müssen wir rechnen. Vielleicht auch Sie, man weiß es nicht. Ich möchte wissen, ob einer von euch die Worte genau verstanden hat, die Nunoz mir sagte?«
Eine positive Antwort bekam ich nicht. Der Schwerverletzte hatte zu leise gesprochen. Aus diesem Grunde wiederholte ich sie in etwa und machte ihnen auch klar, daß Nunoz damit rechnete, daß sich der Mörder noch in der Nähe aufhalten würde. »So lange wie möglich wird er bleiben, damit müssen Sie alle rechnen.«
Nach meinen Worten entstand eine längere Schweigepause. Ein jeder hing seinen Gedanken nach, die sicherlich nicht positiv waren.
Viele zeigten sich nervös, daran zu erkennen, wie sie ihre Hände und Füße bewegten. Manche zwinkerten auch mit den Augen, als hätten sie große Mühe, die Tränen zurückzuhalten.
Ein junger Mann kam auf mich zu. »Was sollen wir denn tun? Was raten Sie uns?«
»Jedenfalls dürfen Sie sich nicht unnötig in Gefahr begeben. Bleiben Sie am besten in den Wohnungen. Finden Sie sich zu Gruppen zusammen, so kann einer den anderen unterstützen, wenn es nötig sein sollte. Mehr kann ich Ihnen nicht mit auf den Weg geben.«
Sie schauten sich gegenseitig an. Auf manchen Gesichtern wuchs eine zweite Haut. Dann flüsterten sie miteinander und wollten schließlich wissen, was wir vorhatten.
Diesmal gab Suko die Antwort. »Das ist einfach. Wir werden den Zombie jagen.«
»Und ihn töten?« flüsterte Luella. Sie sah so aus, als könnte sie es nicht glauben.
»Ja.«
»Womit?«
»Das überlassen Sie mal uns«, erwiderte mein Freund. »Aber seien Sie versichert, daß wir es schaffen werden.«
Ob sie sich damit
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