0609 - Operation Sternstunde
gelöst.
Ich schüttelte mich innerlich vor Lachen.
Wie hatte doch Professor Dr. Thunar Eysbert, der Chef-Psychologe der MARCO POLO, zu mir gesagt? Ich würde nie mehr den krankhaften Zugang zum Stehlen verspüren. Der arme Irre! Es hatte einen solchen krankhaften Zwang niemals gegeben. Ganz irrt. Gegenteil. Seit mich die Pai uhn Kasaltic in ihre Diebesgilde aufgenommen und mich zu einem Meisterdieb mit der Ehrenbürgerschaft von Na nac ernannt hatten, war es für mich Ehrensache, daß ich mich dieses Titels würdig erwies.
Selbstverständlich stahl ich niemals, um mich zu bereichern, sondern nur aus moralischer Verpflichtung gegenüber meinen Gildenbrüdern. Ich brauchte ja nicht, wie die „Vielgestaltigen mit den flinken Händen", die die abziehenden Onos uns als Danaergeschenk zurückgelassen hatten, meinen Lebensunterhalt durch Stehlen zu verdienen. Deshalb schickte ich die entwendeten Gegenstände stets an die Eigentümer zurück. Thunar Eysbert hatte mich mit seiner psychiatrischen Behandlung daran gehindert, diese schöne Kunst weiter auszuüben und er hatte angenommen, das wäre von ewiger Dauer. Jetzt wußte ich, daß er mich damit fast um das höchste Glück gebracht hätte, das es für einen Meisterdieb gab. Und mit diesem Wissen brach die Barriere, die er in meinem Geist errichtet hatte.
Wie aus weiter Ferne hörte ich Heegen-Tsors Stimme sagen: „Es hat gewirkt, Thun-Aleen. Wir können sie in die Beobachtungsstation bringen lassen."
Ich kicherte, als ein Medoroboter erschien und mich auf eine Antigravtrage legte. Neben mir wurde auch Dalaimoc Rorvic auf eine Trage gehoben. Auf dem Vollmondgesicht des Mutanten lag ein zufriedenes Lächeln, er lutschte am Daumen.
Unsere Medoroboter schoben die in der Luft schwebenden Tragen vor sich her, und die beiden Aras begleiteten uns. Weder sie noch die Roboter bemerkten, daß verschiedene Gegenstände ihre Besitzer wechselten und in den Taschen meiner Kombination verschwanden. Als Heegen-Tsor das Panzerschott zu einer Kabine mit seinem Kodeimpulsgeber öffnete und wieder zurückstecken wollte, wandte ich den Hand-als-Tasche-Gefühl-Trick an, bei dem das Opfer einen Gegenstand in die Hände des Künstlers schiebt, im Glauben, ihn in eine Tasche seiner Kleidung zu stecken.
Die Medoroboter luden uns in einem großen, quadratischen Raum ab, der mit zahlreichen großen Würfeln, Dreiecken und anderen Spielsachen aus Weichplastik angefüllt war. Danach gingen sie, und das Panzerschott schloß sich automatisch hinter ihnen.
Ich ließ die Zweitpositronik des einen Medoroboters zwischen mehreren Würfeln verschwinden.
Fast alle Roboter besitzen zwei gleichwertige Positronengehirne und setzte mich auf den Boden.
„Die werden sich wundern", bemerkte ich zu Rorvic.
Doch der Tibeter reagierte nicht darauf. Er saß auf dem Boden, an zwei Plastik-Pyramiden gelehnt, und schien zu meditieren.
Mein Blick fiel auf seinen linken Arm, und plötzlich weiteten sich meine Augen.
Die linke Hand des Tibeters war verschwunden. Statt dessen kroch aus dem linken Ärmel seiner Kombination etwas, das wie grün gefärbte Bündel Endlos-Nudeln aussah. Allmählich leerte sich die gesamte Kombination Rorvics, während sich auf dem Boden davor die grünen Endlos-Nudeln zu einem zitternden Hügel türmten.
„Was soll das?" fragte ich erschrocken. „Wenn Sie sich schon verwandeln. dann könnten Sie wenigstens eine Gestalt wählen, bei deren Anblick einem nicht gleich übel wird."
Ich berührte den Nudelhaufen mit dem Zeigefinger-und zog ihn sofort wieder zurück. Die Gebilde waren kochend heiß.
Während ich wie gebannt zusah, verschmolzen die Endlos-Nudeln zu etwas, das wie eine riesige, dünne schleimige Haut aussah. Als diese Haut sich unter wellenförmigen Bewegungen langsam in die Luft erhob, sah ich, daß sie von dreieckiger Form war. An jeder Ecke wölbte sich ein faustgroßes, in allen Farben schillerndes Auge hervor.
Das Hautgebilde stieg auf etwa zwei Meter Höhe und überdachte damit ungefähr die Hälfte des Zimmers. Die drei Augen drehten sich, richteten sich auf mich, und dann schwebte das Gebilde langsam in meine Richtung.
Ich flüchtete auf die andere Seite des Zimmers, doch das Hautgebilde folgte mir. Verzweifelt holte ich die Positronik aus ihrem Versteck und schleuderte sie nach Rorvic. Als das Zweitgehirn des Medoroboters die Haut traf, ertönte ein schmatzendes Geräusch. Im nächsten Moment brodelte die Haut rings um die Positronik, dann war das technische
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