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061 - Der Fuerst der Finsternis

061 - Der Fuerst der Finsternis

Titel: 061 - Der Fuerst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Ball
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schon seit hundert Jahren dort sein. Seine Kleidung ist sehr altmodisch. So geht heutzutage kein Mensch mehr gekleidet.“
    Bills Interesse schien zu erwachen.
    „Und Sie sind sicher, daß Sie nicht wieder einen Fieberanfall hatten?“
    „Fieber? Oh, nein. Sie waren wirklich da. Das war nicht das erste Mal in meinem Leben, daß ich Leichen gesehen habe.“
    „Ja. Ich hab auch schon genug Leichen gesehen. Bei der Armee. Ich war Infanterist. Ich hab sie zu Haufen aufgeschichtet gesehen.“
    Nach einer Weile fügte er hinzu: „Ich werde mir die Sache einmal selber ansehen.“
    „Warten Sie, Bill. Da ist noch etwas.“
    „Noch mehr Leichen?“
    „Nein, das meine ich nicht. Es waren zwar noch etliche unten, aber ich blieb nicht lange genug, um sie zu zählen. Ich meine … sie hat auch damit zu tun.“
    „Mrs. Raybould?“
    „Brenda!“
    Bills Miene verlor jeden Ausdruck, wurde uninteressiert, fast verächtlich.
    „Wie?“
    „Ja! Ich habe noch nicht alle Fakten beisammen, aber alles beginnt, irgendwie zusammenzupassen! Sogar die Daten.“
    „So?“
    „Und die Art, wie sie die Mädchen beeinflußt.“
    Ein abfälliges Grinsen machte sich auf Bills Gesicht breit.
    „Ach, unsere Brenda. Die zieht doch bloß eine Show ab! Sie macht sich ganz einfach einen Mordsspaß draus.“
    Wenn es um Brenda ging, war mit Bill nicht zu reden. Jerry spürte, wie hilflos er war.
    „Und die Daten.“
    „Was?“
    „Die Daten! Wann geschahen solche Dinge immer? Die Leute verschwanden immer um diese Jahreszeit, Ende April. Das ist kein Zufall, Bill.“
    „Sie sollten jetzt lieber schlafen. Ich gehe inzwischen hinunter, um mich zu überzeugen, was da unten wirklich ist. Und wenn es Sie beruhigt, gebe ich auch acht, daß Brenda und die Mädchen nicht auf eigene Faust Entdeckungsreisen machen.“
    Jerry war verzweifelt. Wie konnte man einem ungebildeten Menschen bloß begreiflich machen, daß jede Legende auch eine tiefere Wurzel besaß, wie sehr die Geschichte auch im Lauf der Zeit entstellt worden war.
    „Gehen Sie, Bill.“
    „Schlafen Sie sich tüchtig aus, das wird Ihnen guttun.“
    „Eine Frage noch, Bill. Als die Pfadfinder verschwanden, war es da nicht Ende April?“
    „Ja, das stimmt.“
    „Also passen die Daten.“
    „Ja, schon gut, wo passen sie?“
    Jerry fühlte, daß irgendwo am Rande seines Bewußtseins etwas auftauchte. Irgendwo hatte er schon von diesem Datum gelesen. Aber welche Bedeutung hatte dieser Tag bloß?
    „Können Sie mir einen Gefallen tun, Bill? Fragen Sie Raybould, an welchem Tag die Brindleys verschwanden. Und besorgen Sie mir bitte einen Kalender.“
    Bill sah ihn verwundert an, zuckte dann mit den Schultern und versprach, alles zu tun, was Jerry von ihm verlangte.
    Als Bill zurückkam, lag Jerry tief unter seinem Federbett vergraben. Der Sturm rüttelte an den Fenstern. Der Raum hatte etwas von der Zelle eines Irrenhauses des neunzehnten Jahrhunderts an sich.
    „Da ist Ihr Kalender.“
    „Und was ist mit den Brindleys?“
    „Nun, er war nicht ganz sicher, aber es dürfte damals genauso geschneit haben wie heute. Eine alte Frau in der Kneipe, wo Sam immer sein Bier trinkt, erzählte …“
    Jerry fuhr mit dem Finger die Seite des Kalenders entlang.
    „Da!“ rief er plötzlich. Er war weiß wie die Wand geworden. Ihn schwindelte. Das Böse war hier verborgen. Das Böse bestand aus Höhlen, Dunkelheit, Figuren und sich windenden Körpern, aus Offenbarungen der Vergangenheit, die tote Dinge ans Tageslicht brachten. Tote Dinge, die besser tot und begraben geblieben wären. Er hielt mit zitternden Fingern Bill den Kalender unter die Nase und deutete auf ein Datum.
    „Sehen Sie sich das einmal an!“
    Der Lastwagenfahrer las stockend das fremdländisch klingende Wort unter der roten Datumsziffer:
    „Wal … Walpur … Walpurgisnacht?“
    „Ja. Walpurgisnacht.“ In Jerry Howards Augen stand das blanke Entsetzen.
    „Wie?“
    „Hexensabbat!“ Das Datum war im Kalender rot angestrichen. „Wem gehört der Kalender?“
    „Mir, Jerry. Wie geht es Ihnen?“
    Jerry richtete sich auf, als er die helle und wohlerzogene Stimme von der Tür her hörte. Julie lächelte ihm entgegen.
    „Ich dachte, ich sollte einmal nachschauen, wie es Ihnen geht. Ich habe Ihnen eine Tasse Kaffee mitgebracht.“
    Jerry schloß die Augen. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Er hörte, wie der Lastwagenfahrer das Mädchen wieder fortschickte. Als Jerry sicher war, daß sie auch wirklich gegangen war,

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