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061 - Der Zinker

061 - Der Zinker

Titel: 061 - Der Zinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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aber da er nicht aufsah, bemerkte er es nicht.
    »Wenn Sie glauben, daß Sie der einzige sind, der mir diesen Rat gegeben hat, irren Sie sich«, erwiderte sie spitz. »Das gleiche hat mir auch Mr. Sutton geraten, als ich ihm neulich erzählte, wie furchtbar langweilig es in London ist.«
    Leslie legte den Brief, den er in der Hand hielt, auf den Tisch.
    »Wie lange sind Sie eigentlich schon mit Mr. Sutton bekannt?«
    Sie dachte nach.
    »Vierzehn Jahre bin ich in seinem Geschäft. Ich war schon bei ihm, als er ein Schnittwarengeschäft in Rio de Janeiro hatte. Und auch vorher schon war ich bei ihm in Leeds. Damals lebte sein alter Vater noch - William Sutton.«
    Es war das erstemal, daß sie ihm etwas über die Entwicklung der Firma Sutton mitteilte.
    »Eine gute, alte Familie, nicht wahr? Sie mögen Sutton?«
    Sie zuckte die Schultern.
    »Ich möchte nicht gerade sagen, daß ich ihn liebe. Ich mag ihn ganz gern. Chefs sind im allgemeinen nicht sehr freundlich, aber wenn sie es sind, bleiben sie nicht lange Vorgesetzte ihren Sekretärinnen gegenüber. Er ist zwei Jahre älter als ich. Das würden Sie kaum für möglich halten. Er sieht so jung aus und ist in mancher Beziehung auch das reinste Kind. Jeder kann ihn übers Ohr hauen. Er hört auf alle und hat durch seine Gutmütigkeit schon Tausende verloren.« Sie machte eine lange Pause, bevor sie weitersprach. »Kennen Sie Remington Mansions? Es liegt in der Nähe der Harrow Road. Ich habe dort eine Wohnung im Erdgeschoß. Sie ist sehr hübsch, und es gibt keinen Portier, der sich um mein Kommen und Gehen kümmert.« »Das klingt ja ganz ermunternd für jemand, der Sie heimlich besuchen möchte!«
    Sie schaute ihn wütend an, wurde rot und überdeckte ihre Verlegenheit mit einem nervösen Lachen.
    »Sie sind ein merkwürdiger Mann«, sagte sie mit leichter Betonung des letzten Wortes.
    Ein paar Minuten später verließ sie das Büro. John Leslie lachte vor sich hin. Aber dennoch war ihm Millie Trent ganz sympathisch. Irgend etwas an ihr zog ihn an, eine gewisse rauhe Herzlichkeit und Geradheit. Was für böse Seiten dahinter verborgen sein mochten, wußte er allerdings nicht, doch hielt er sie im allgemeinen für eine aufrichtige Person.
    Er beeilte sich bei seiner Arbeit, denn es war Donnerstag, und am Donnerstagnachmittag ging Beryl Stedman gewöhnlich nach Hyde Park Crescent, um eine Gesangstunde zu nehmen. Sie hatte sich angewöhnt, vom Marble Arch nach Queen Anne's Gate zu Fuß zu gehen.
    Er wartete am Wegrand. Der Wind trieb die herbstlichen Blätter durch die Anlagen. Es dauerte nicht lang, dann sah er sie quer über die Straße auf sich zukommen. Ihr Gruß war nicht so unbeschwert wie früher, formeller, und er war bestürzt.
    »Haben Sie etwas Unangenehmes erlebt? Vielleicht Streit gehabt?«
    »Sie meinen mit Onkel Lew? Nein, er ist immer sehr nett zu mir, ich habe nie Auseinandersetzungen mit ihm.«
    »Ich dachte, er hätte Sie vor mir gewarnt.«
    »Er hat mir eine Menge Dinge von Ihnen erzählt, die ich lieber nicht erfahren hätte.«
    »So - was hat er Ihnen erzählt?« fragte er kühl. Die Anklage schien ihn nicht sehr zu berühren.
    Lange antwortete sie nicht.
    »Ich wollte, ich hätte es von Ihnen erfahren - nicht, daß es an unserer Freundschaft etwas geändert hätte. Aber sagen Sie, warum ... Ein Mann wie Sie!«
    »Ach so, Sie meinen meine unrühmliche Vergangenheit?«
    In seinem Ton war eine Spur von Ironie, die sie verletzte.
    »Onkel Lew sagte mir, daß Sie in England im Gefängnis gesessen hätten. Ist das wahr?«
    »Ja, es stimmt. Ich war auch in anderen Ländern im Gefängnis, zum Beispiel in Südafrika. Sie sollten Mr. Friedman darauf aufmerksam machen. Und glauben Sie nur nicht, daß ich das unschuldige Opfer von Intrigen gewesen bin. Für jede Stunde, die ich im Gefängnis saß, bin ich selbst verantwortlich.« Schweigend gingen sie eine Weile nebeneinander her. »Es tut mir leid, daß ich Ihnen solche Unannehmlichkeiten bereite. Trotzdem möchte ich Sie bitten, mir - zu vertrauen. Ich weiß, daß es ...«
    »Sie meinen, daß Sie jetzt ein ordentliches Leben führen?«
    Sie sah ihm ins Gesicht.
    »Ja, ich führe jetzt ein ordentliches Leben.«
    Sie legte, ohne etwas zu sagen, ihren Arm in den seinen. Er fühlte ihren leichten Druck.
    »Ich bin so froh«, flüsterte sie. »Aber - ich muß Ihnen etwas sagen, John!« Sie brachte die Worte nur mit Mühe heraus, und sein Herz verkrampfte sich, denn er wußte, was jetzt kam. »Ich werde heiraten -

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