061 - Der Zinker
du gern gesehen hättest, sorgfältig unter einer Kappe verborgen war!‹
Josua stieg in den Wagen und gab dem Fahrer Anweisungen.
»Fahren Sie über Barnes und Hammersmith zurück - ich glaube, dann kommt die Fahrt einen halben Shilling billiger.«
7
Obgleich Josua Harras und Inspektor Barrabal sich nie persönlich getroffen hatten, standen sie schon einige Zeit brieflich und telefonisch miteinander in Verbindung. Begonnen hatte es, als Josua so tadellos über den Mord in Edmonton berichtete und alle Indizien meisterlich zusammenfügte, so daß Scotland Yard den größten Nutzen daraus ziehen konnte. Mr. Barrabal hatte ihm damals einen sehr liebenswürdigen Brief geschrieben.
Zweimal seither versuchte Josua, den Chefinspektor aufzusuchen, aber jedesmal war er abgewiesen worden. Barrabal war der scheueste Mann, der je ein Polizeirevier verwaltet hatte. Er blieb nur zwei Jahre im Außendienst, dann wurden seine besonderen Fähigkeiten erkannt. Sie brachten ihm eine Rangerhöhung, und die Verwaltung des Aktendepartements von Scotland Yard wurde ihm übertragen. Von diesem Moment an ließ er sich erst recht nicht mehr blicken.
Eines Abends spät saß er in seinem Büro in New Scotland Yard. Vor ihm lag ein maschinengeschriebenes Aktenstück, das sechs Seiten lang war und in dem ausführlich über die Ermordung Larry Graemes berichtet wurde. Doch das Schriftstück sagte ihm nichts Neues; alles, was darin stand, hatte er selbst schon herausgebracht.
Barrabal brütete, die Stirn in die Hand gestützt, über dem Bericht, als Inspektor Elford eintrat.
»Ich habe die Wohnung Larry Graemes gefunden«, meldete Elford. »Er hatte einige Zimmer am Trinity Square.«
»Haben Sie die Wohnung durchsucht?«
»Ja, aber es war nicht viel da. Er hatte alles weggeschafft und seine Habseligkeiten in zwei große Koffer verpackt - an dem Tag, an dem er ermordet wurde. Die Billetts nach Deutschland hatte er sich von Cooks beschafft, und wie Sie ja wissen, fanden wir die beiden Koffer bei der Gepäckaufbewahrung der Victoria Station.«
Barrabal lehnte sich im Stuhl zurück, streckte die Arme in die Höhe und gähnte.
»Was für ein dummer Mensch - und was für unnütze Sachen er da angestellt hat. Er war der letzte, von dem ich solchen Unfug erwartet hätte.«
»In der letzten Zeit im Gefängnis soll er sehr nervös gewesen sein. Haben Sie den Bericht des Gefängnisdirektors über ihn gelesen? Ich habe schon oft erlebt, daß Leute wie er solche Dinge anstellten. Sie haben doch an dem Abend, als er verhaftet wurde, mit ihm gesprochen und ihn am nächsten Morgen noch einmal verhört? Hat er Ihnen denn an dem Morgen irgendwas anvertraut?«
»Er war ziemlich gesprächig im großen und ganzen, aber von all dem, was er mir erzählte, war nur eine Kleinigkeit von Interesse.«
Barrabal war, wie gewöhnlich, wenig mitteilsam. Elford strich sein Bärtchen und ging zum Fenster, das nach dem Themseufer hinausging.
»Ich habe das übliche gelbe Kuvert gesehen mit den Vermerken ›Privat‹ und ›Vertraulich‹, das heute um acht Uhr auf Ihrem Schreibtisch lag, als ich hineinschaute. War es wieder eine Denunziation vom Zinker?«
»Ja, eine recht umfangreiche«, antwortete Barrabal, »und obendrein eine recht interessante.«
Er holte eine Kassette aus dem Geldschrank und zeigte seinem Assistenten den Brief.
Elford hielt das Papier unter die Tischlampe und las die folgende Botschaft:
›Drei Diamantbroschen, vier Smaragd- und Diamantringe, sieben Ohrringe (Diamanten), die aus dem Raub in Berners Juwelenladen stammen, sollen heute abend verschoben werden. Nachricht, wo sie zu finden sind, folgt morgen.‹
»Auf der gleichen Remington Reiseschreibmaschine geschrieben«, stellte Elford fest, »und ganz offensichtlich auf dem gleichen Papier.«
»Das bedeutet also«, sagte Barrabal, »daß der Zinker ein Angebot gemacht hat, die gestohlene Ware zu kaufen, daß dieses Angebot aber bisher nicht angenommen wurde, und er auch nicht glaubt, daß es angenommen wird. Aber er steht noch in Unterhandlung. Sollte der Schmuck trotzdem in seinen Besitz kommen, werden wir nichts mehr von der Sache hören. Wir haben diese Variante schon einige Male erlebt, nämlich immer dann, wenn ein Dieb, der zuerst ablehnte, nachträglich seine Meinung doch noch änderte.«
Eine Stunde später verließ Barrabal das Büro, er schlug den Mantelkragen hoch und trat auf die Straße hinaus. Am Themseufer sah er unter einem Laternenpfahl einen Mann stehen, der, als sich
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