0614 - Werwolf-Begräbnis
Teufel geschickt, was ich mir leider nicht erlauben konnte, denn sie kannte sich in diesem Land aus, ich leider nicht.
Ich ließ es sogar zu, daß sie meine Hand faßte und mich durch den dichten Dschungelwirrwarr führte, wobei wir von keinem Raubtier attackiert wurden.
Nur einmal erschreckte ich mich, als ich in der Ferne ein gewisses Heulen hörte.
»Was war das?«
»Ein Wolf.«
»Ach, die gibt es hier?«
»Das müßtest du doch wissen.«
»Sicher, ich sah ihn ja, aber ich habe auch darüber nachgedacht, ob es ein normaler Wolf oder ein Werwolf ist.«
»Das wird sich noch herausstellen. Komm mit mir. Ich werde dir zu trinken und zu essen geben.«
Auf weitere Fragen verzichtete ich, hielt allerdings die Augen auf, weil ich Glenda suchte. Sie war in diesem verdammten Land gefangen, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß man auf sie Rücksicht nahm.
»Zeig mir die Stelle, wo ihr Glenda aufgehängt habt«, forderte ich Raphaela auf.
»Nein, da kommen wir nicht vorbei.«
»Du willst es nicht.«
»Stell keine Fragen mehr!« fauchte sie mich an. »Du hast nicht das Recht dazu.«
»Für dich bin ich schon so gut wie tot, was?«
Sie warf mir nur einen langen Blick zu, eine akustische Antwort bekam ich nicht.
Plötzlich, ich hatte nicht damit gerechnet, erreichten wir offenes Gelände. Das heißt, so offen war es auch nicht, denn mein Blick fiel auf eine Ansammlung von Hütten, die einen Halbkreis bildeten.
»Ist das unser Ziel?«
Raphaela nickte. »Ja, das ist unser Ziel. Wir werden in meine Hütte gehen.«
»Bekomme ich dann auch die Dinge zurück, die man mir abgenommen hat?« fragte ich.
»Du brauchst sie nicht mehr.«
Ich hielt sie fest. »Wo sind sie denn?«
»Stell keine Frage!« zischte die Frau und zerrte mich auf einen Hütteneingang zu.
Der Platz, über den wir schritten, war leer und lag unter einer dunstigen Glocke. Es roch nach Staub, der sich wie Puder auf mein Gesicht gelegt hatte.
Trotz der Leere ging ich davon aus, daß man uns beobachtet und unter Kontrolle hielt. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, daß Raphaela allein die Herrschaft besaß, weil es da noch einen Mensch namens Aci gab, den ich nicht vergessen hatte.
»Geh hinein!« forderte sie mich auf und zerrte an der Hüttentür.
Ich blieb noch stehen. »Was erwartet mich in der Hütte? Ist es eine Falle?«
»Du sollst gehen!«
Ich war allmählich sauer. »Hör zu, ich bestimme noch immer, was ich tun und lassen werde. Hast du das verstanden? Ich bin derjenige, der für sich selbst bestimmt.«
Wütend schaute sie mich an. »Hast du vergessen, wer dir das Leben rettete?«
Ich lächelte kalt. »Ob ich dir dafür tatsächlich dankbar sein soll, wird sich noch herausstellen. Mal sehen, was die Zukunft bringt.«
Nickend betrat ich die Hütte, wo mich nicht nur die Düsternis empfing, auch fremdartige Gerüche umwehten mich, so daß ich den Eindruck bekam, in eine Hexenküche getreten zu sein.
Aus Bambus oder Rattan waren die Regale an den Innenseiten der Hüttenwände gefertigt. Auf ihnen standen die zahlreichen Tiegel, Flaschen und Schalen. Falls die Gefäße nicht verschlossen waren, entströmte ihnen ein betäubender Duft, der auch an meinen Nasenlöchern vorbeistrich. Einzelne Düfte herauszufinden, war mir nicht möglich.
Bleich schimmerte das Gerippe eines Krokodilschädels. Ich zwinkerte ihm zu und freute mich darüber, daß er mich nicht erwischt hatte. Auf dem Boden lag eine Bastmatte, daneben, sorgfältig zusammengefaltet, zwei oder drei bunte Decken. Gemeinsam bildeten Matten und Decken eine Schlafstätte.
Raphaela war mir gefolgt, hielt sich noch in meinem Kücken auf.
Deshalb drehte ich mich um und schaute in ihr lächelndes Gesicht, von dem ein Teil im Schatten lag.
»Was soll ich hier?«
»Es dir gut sein lassen, John.«
Mit der Antwort hatte ich nicht gerechnet, runzelte die Stirn und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Das darf doch nicht Ihr Ernst sein. Ich soll es mir hier in dieser Hütte gut sein lassen? Glauben Sie tatsächlich, daß ich deswegen hergekommen bin?«
»Gefällt es dir nicht?«
»Im Vergleich zu diesem verdammten Sumpfgebiet mit den Krokodilen schon. Ansonsten könnte ich mir einen angenehmeren Fleck vorstellen. Außerdem bin ich nicht hergekommen, um es mir gutgehen zu lassen. Ich will Glenda Perkins finden.«
»Darf ich ehrlich sein, John?«
»Ich bitte darum.«
»Du solltest diese Glenda vergessen, das ist am besten. Denke nicht mehr an sie.«
»Ach ja?«
»Nimm
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