0617 - Das Blut der Mumie
große Ziel…
Ann Tobey wußte nicht genau, um was es sich dabei handelte. Es hing aber mit dem Land Ägypten und seiner Vergangenheit zusammen, mit den Pyramiden, dem Wissen der Hohepriester und der Mumien-Verehrung. Zweimal hatte sie nachgefragt, aber nur ausweichende Antworten bekommen. Bis zu dem Tag, wo ihr Chef sie zwar nicht aufgeklärt, ihr aber zu verstehen gegeben hatte, daß sie etwas Besonderes leisten mußte.
Ann stimmte zu.
Dieser Tag war gekommen. Die Büroräume der Firma Mitrex lagen im Dunkeln, als die Frau in den Lift stieg und sich nach unten fahren ließ, wo der alte Hausmeister sie anlächelte.
Er mochte die etwas mollige Person mit dem runden Gesicht und den braunen Haarlocken. »Na, Mrs. Tobey, mal wieder die letzte?«
»Wie immer.«
Der Hausmeister nickte. »Es ist kalt geworden. Ich glaube, wir kriegen doch noch Winter. Aber zum Jahreswechsel keinen Schnee. Feiern Sie groß, Mrs. Tobey?«
»Nein, überhaupt nicht. Ich werde wahrscheinlich allein sein.«
»Oh, das tut mit leid.«
Die Frau lachte. »Es braucht Ihnen nicht leid zu tun, Mister. Ich freue mich darauf, allein zu sein. Ich bin jemand, der gut mit sich selbst auskommen kann.«
»Das kann ich nicht nachvollziehen. Aber Sie sind morgen wieder im Büro?«
»Sicher. Die anderen Angestellten haben zwischen den Jahren freigenommen. Einer muß die Stellung halten. Vielleicht schaut auch unser Chef vorbei.«
Der Hausmeister grinste. »Da scheinen wir wohl die letzten beiden Aufrechten zu sein.«
»So ähnlich. Schönen Abend noch.«
»Danke – gleichfalls.«
Kaum draußen, verschloß sich das eben noch lächelnde Gesicht der Frau. Einen schönen Abend würde es kaum geben. Es stand einfach zuviel auf dem Spiel. Sie würde noch Besuch bekommen, und sie wußte bis jetzt nicht, mit welchen Gefühlen sie diesem Besuch entgegensehen sollte. Sie freute sich nicht, sie war irgendwo abgespannt. Der Chef hatte ihr gesagt: »Ann, ich bringe Ihnen eine Überraschung mit.«
Und um diese Überraschung hatte sich in den letzten Tagen alles gedreht. Mr. Sale hatte von einer Revolution gesprochen, von einer völlig neuen Erkenntnis für die Welt. Da würden sich Gräben des Wissens schließen und einer bestimmten Personenzahl Perspektiven eröffnen, über deren Inhalt man kaum etwas ahnen konnte.
Ann war gespannt darauf. Allerdings fürchtete sie sich ein wenig davor, denn sie sollte zu einem Bindeglied in dieser Kette werden.
Und gesetzlich lief ebenfalls nicht alles ab. Dazu hatte Ibrahim Sale zu geheimnisvoll getan, auch als er damit begann, gewisse Helfer anzuheuern, die wie Schattenwesen hin und wieder in der Firma erschienen waren und ebenso rasch wieder verschwanden.
Ann Tobey wohnte sehr gut. Das konnte sie sich auch leisten, denn sie hatte das Haus von ihrem Vater geerbt. Ein schuldenfreies Gebäude in einer guten Wohngegend, die zu Kensington gehört. Wer hier lebte, der hatte es geschafft.
Das Haus selbst war klein. Es lag fast in der Kurve einer winzigen Sackgasse, verschwand hinter einer bewachsenen Mauer, und erst ein Stück entfernt waren die neuen Häuser gebaut worden. Der alte Baumbestand auf ihrem Grundstück war noch vorhanden.
Zum Haus gehörte eine Garage, in der ihr kleiner BMW des Nachts stand. Auf der Fahrt durch London, das im Lichterglanz der Reklamen und im weißblauen Licht der Straßenbeleuchtung fast unterging, dachte sie über die Zukunft nach, aber auch über die nahe Vergangenheit. Der Anruf dieses John Sinclair hatte ihr überhaupt nicht gefallen. Der Name war ihr irgendwo bekannt vorgekommen.
Ann hatte lange darüber gegrübelt, bevor sie zu einer Lösung gekommen war.
Ibrahim Sale hatte ihn ein- oder zweimal erwähnt. Sie überlegte, bei welcher Gelegenheit dies geschehen war und kam erst auf das Ergebnis, als der bleiche Lichtfluß der Scheinwerfer in die Gasse hineinschwenkte, an deren Ende sie wohnte.
Da wußte sie Bescheid!
Ibrahim hatte sie vor gewissen Leuten gewarnt, die ihnen möglicherweise gefährlich werden konnten. Dazu gehörte ein gewisser John Sinclair, der als Polizist arbeitete.
Er hatte sie angerufen.
Ann Tobey bog in die schmale Zufahrt ein. Das Garagentor ließ sich per Fernbedienung öffnen. Sie schaute zu, wie es in die Höhe glitt. Das Licht der Scheinwerfer leuchtete den Bau aus. Das Fahrrad stand noch dort, auch lagerte sie dort die Sommerreifen.
Im Auto war es warm gewesen. Als sie den BMW verließ, überlief sie ein Frösteln. So rasch wie möglich schloß sie die
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