0622 - Gehirn in Fesseln
zum Schmelzen gebracht.
„Meterbreite Spalten!" murmelte Atlan verblüfft.
Über den Hang zogen sich, einem Spinnennetz vergleichbar, Spalten nach allen Richtungen. Zwischen den einzelnen gläsernen Flächen schimmerte matt der Basalt des Urgesteins.
Dann sah Atlan seinen Freund.
„Ich sehe dich, Perry! Vorsicht, ich lande!" rief er.
„...verstanden, Atlan!"
Rhodan stand, etwa hundert Meter schräg unter der Jet, zwischen dem Eis, das sich neu gebildet hatte, und dem Ausläufer des Berghangs. Hinter ihm befand sich eine breite Spalte, aus der Dampf und Rauch hervorkamen und im Wind weggerissen wurden.
Atlan betätigte einige Schalter, und die Landestützen schoben sich aus dem Unterschiff. Die Jet sank genau auf den Rand des Eises zu. Rhodan hob einen Arm und winkte; im blassen Sonnenlicht hier in der mäßig tiefen Schlucht sah Atlan, wie der biegsame Stab einer Antenne kurz aufleuchtete. Ein harter Ruck ging durch die Konstruktion, als die Jet zehn Meter von Rhodan entfernt aufsetzte.
Atlan warf sich den Mantel über die Schultern, zog schnell die Handschuhe an und turnte durch den Antigravschacht hinunter in die Polschleuse. Dort schwang er sich über die breite Leiter auf den Boden hinunter und lief rutschend und mit den Armen rudernd auf die einsame Gestalt zu.
Rhodans Anzug war versengt. Rhodan selbst schien zu frieren, aber er war aufgeregt und hob beide Hände. Atlan bremste vor ihm und stürzte beinahe auf die Felsen.
„Wir haben alle gedacht... du wärest tot!" stieß er hervor.
Rhodan warf das Funkgerät in eine Düne aus Schnee, die sich zusehends vergrößerte. Aus der riesigen weißen Wolke fiel Schnee in breiten, schrägen Bahnen und begann wieder, um die weißen Spitzen des Berges zu wehen.
„Beinahe!" sagte Rhodan trocken. Seine Lippen waren blau. Er steckte die Waffe ein und schüttelte Atlans Hand mit der gleichen Begeisterung, wie es der Arkonide tat.
„Wie bist du ihm entkommen?" fragte Atlan aufgeregt.
Rhodan packte ihn am Arm und zog ihn in die Felsspalte hinein.
Rhodan taumelte; der Schock schien ihn ziemlich stark getroffen zu haben. Atlan legte seinen Arm um die Schultern des Freundes und ging mit ihm zusammen die zehn oder fünfzehn Schritte durch die Spalte, stolperte über scharfkantiges Geröll und Eissplitter und stand plötzlich, nach einer scharfen Biegung, in einer kubischen Halle.
„Der Transmitter aus dem Nullzeit-Deformator schleuderte mich hierher. Ich konnte in letzter Sekunde in den Transmitter flüchten.
Vermutlich sollte ich an einer anderen Stelle herauskommen, aber dieses Gerät... es ist detoniert, nicht wahr?"
Atlan sah sich um. Zwei Leichen lagen in entgegengesetzten Winkeln der halbzerstörten Halle.
„Ja. Der Nullzeit-Deformator ist zerstört. De Lapal ist vermutlich entkommen; man hat ihn angeblich angemessen. Ein Mutant!"
sagte Atlan kurz.
Er sah sich sorgfältig um.
Ein paar Leuchtkörper arbeiteten noch immer flackernd. Durch den breiten Spalt im Felsen leuchtete matt das Tageslicht herein.
Hier war es weitaus wärmer als draußen. Die Wände schienen starke Hitze abzustrahlen. Atlan ging vorsichtig auf eine der Leichen zu und drehte sie mit den Händen um.
„Wer ist das?"
Hinter ihm erwiderte Rhodan mit einer Stimme, die deutlich den erlittenen Schock erkennen ließ: „Keine Ahnung. Ein Helfer von Markhor de Lapal. Er sprang mir nach, und ich mußte ihn töten."
„Das Funkgerät?" fragte Atlan und drehte sich um, blickte vom Boden aus nach oben. Rhodan lehnte an einem halb zerschmolzenen Pult und massierte mit beiden Händen seine Gesichtshaut.
„Gefunden. Hier drüben."
„Was ist passiert?"
Atlan richtete sich auf, betrachtete die Schußverletzungen im Körper des schwergebauten Mannes, dessen Gesicht merkwürdig gelöst aussah. Auf den schmalen Lippen lag ein undeutliches Lächeln, als habe der Mann kurz vor seinem Tod sein persönliches Paradies gesehen.
„Im Nullzeit-Deformator hielt mir de Lapal einen Vortrag. Er wolle mich mitnehmen. Ein sehr weites Ziel, eine lange Reise, sagte er immer wieder. Er war unachtsam und berührte einmal kurz die Steuerung des Fesselfeldes. Der Transmitter war in Betrieb."
Atlan ging hinüber zu dem anderen Mann, der gegen eine Wand geschleudert worden war und dort im Tod heruntergerutscht war. Der Hals und die Brust waren eine einzige Schußwunde mit schwarzen, verkohlten Rändern.
„Die beiden Wächter sprangen hinter dir her?" fragte der Arkonide und sah die schwere Waffe im
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