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0623 - Ein Tropfen Ewigkeit

0623 - Ein Tropfen Ewigkeit

Titel: 0623 - Ein Tropfen Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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schwieg. Sie tat auch nichts, als sich der Schatten über sie senkte, Gestalt annahm und zu einer Hand wurde, deren Finger sie umfaßten.
    Ebenso mühelos wie beim erstenmal wurde sie auch jetzt in die Höhe gehoben. Auf einmal schwebte sie über dem Grund und sah ihn als schwankenden Boden unter sich, als der Riese sie bewegte.
    Seine Hand zitterte nur, wobei diese Bewegungen ausreichten, um das Opfer hin- und herschwingen zu lassen wie einen Klöppel in der Glocke.
    Der Riese drehte sich gelassen herum. Dennoch kam sich Melu vor, als würde sie in einer Zentrifuge hocken, aber nicht hinausgeschleudert werden.
    Sie blieb in der Klammer…
    Und der Riese ging mit ihr weiter. Bei jedem Fußtritt hörte sie das leichte Grollen. Die Hand hatte sich fast zu einer Faust geschlossen; Melu schaute nur mehr mit dem Kopf hervor. Von der Umgebung bekam sie kaum etwas mit, weil diese sich vor ihren Augen hin- und herbewegte und zu einem tanzenden Kreisel wurde, wenn sich die mächtige Gestalt bei ihrem Marsch drehte.
    Die unmittelbare und steile Felsregion der Berglandschaft verließen sie und gelangten in ein anderes Gebiet, das ebenfalls einen bergigen Charakter zeigte, aber dennoch weiter auseinanderlief, die Höhen nicht mehr so steil gegen den Himmel ragten, die Täler mehr weiten Schüsseln glichen, in denen sich Staub und Dämpfe gesammelt hatten. Eine fiel ihr selbst in ihrer schlimmen Lage auf.
    Sie war besonders weit und besaß tatsächlich die Form eines Kessels. Was sich dort unten befand, konnte sie nicht erkennen, weil dichte Nebelschwaden vom Grund her in die Höhe stiegen und einen Großteil der Sicht nahmen.
    Dyfur hatte es ihr nicht gesagt, doch sie ging davon aus, daß dieses Nebelgebiet nur der Wunderkessel sein konnte. Wenn sich der Nebel an den Seiten etwas gelichtet hatte, wurde ihr Blick frei auf die Ränder, die in einer ungewöhnlichen Farbe schimmerten. Sie bestand eigentlich aus zwei Komponenten.
    Grün und Gold…
    Beide waren eine Mischung eingegangen, die auf den Betrachter kostbar wirken mußte.
    Auch wenn sie hätte sprechen wollen, es wäre ihr nicht gelungen, eine Frage zu stellen. Ihr Hals saß voller Schleim, der gegen die Stimmbänder drückte.
    Manchmal beugte sich der Riese beim Gehen vor. Dann klammerte sich Melu an seinem Finger fest, weil sie das Gefühl überkam, in die Tiefe zu rutschen.
    Sie blieb auf seiner Hand, auch dann, als er seinen Weg änderte und sich nach links wandte, um über eine Felsenbrücke zu gehen, die zwei verschiedene Gebiete innerhalb der urwüchsigen Landschaft miteinander verband.
    Wenn er den Weg fortsetzen würde, mußten sie sehr bald den Rand des Zauberkessels erreicht haben.
    Dort würde sie ihr Ende finden…
    Der Riese ging nahezu vorsichtig mit ihr um, vielleicht wollte er ihre Qualen verlängern und ihr zuvor noch zeigen, wie schön das Leben sein konnte.
    Behutsam stellte er Melusine de Lacre auf dem Boden ab und drehte sie so herum, daß sie über das Land und auch über den Kessel hinweg schauen konnte, bis hin zu den weiten Flächen mit den blühenden Apfelbäumen und dem Strand dahinter, wo die Wellen als weiße Schaumstreifen anliefen.
    Es war die wunderschönste Seite der Insel, obgleich sie auch an diesem neuen Ort keine Gefahr spürte. Wäre der Schatten des Riesen nicht über sie gefallen, hätte sie sich wohl gefühlt. So aber steckte die Furcht vor dem Ende tief in ihr.
    Dyfur, dessen Größe sie nicht einmal geschätzt hatte, beugte sich wieder vor. Dabei streckte, er seine mächtige Hand aus. Sie und der Arm besaßen die graue Farbe der Felsen. Mit dem Zeigefinger deutete er gegen den Zauberkessel. »Schau hinein«, sagte er. »Du stehst günstig, wie diejenigen, die als Tote hineingelangen, um durch die uralten Kräfte wieder ihr Leben zu erringen.«
    »Wohin gehen sie dann?«
    »Sie bleiben auf Avalon, aber sie sind nicht mehr tot. Ich bin der eigentliche Tod der Insel, weil ich einen Gegenpol zu meinem Bruder bilden muß.«
    »Und König Artus? Ist er nicht auch nach Avalon gegangen, um zu sterben und gleichzeitig das ewige Leben zu erlangen?«
    »Das stimmt schon.«
    »Dann kann ich ihn sehen?«
    »Nein, er hat sich zurückgezogen und kommt aus seiner Region kaum hervor.«
    Wieder zerbrach eine Hoffnung. Melusine de Lacre schaute nach vorn und gleichzeitig in die Tiefe, wo der geheimnisvolle Nebel durch den Kessel wallte.
    Es war seltsam, aber sie fühlte sich nicht einmal von ihm abgestoßen. Sie suchte nach einem Vergleich, wie ihr

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