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0623 - Markt der Gehirne

Titel: 0623 - Markt der Gehirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Park. Das zwischen den Säulen sichtbare Land war leicht gewellt. Auf den Hügeln wuchs moosgrünes Gras.
    Dazwischen ragten die wie kahlgefressen aussehenden Stümpfe einiger uralter Bäume empor. Auf dem höchsten der sichtbaren Hügel stand eine Art Tempel. Es war ein etwa fünf Meter hohes Bauwerk mit einem stufenförmigen Dach. Die Wände bestanden aus mehreren Gittern, die übereinander befestigt waren. Ein breites Podest führte rund um das Gebäude. Auf diesem Podest saßen und lagen ein paar Gestalten, die auf diese Entfernung nicht genau zu erkennen waren. Sie schienen das warme Licht der Sonne zu genießen.
    Alles wirkte fremdartig und doch vertraut. Es war wie ein Ausschnitt aus einem längst vergessenen Traum, die Erinnerung an ein Fragment, das irgendwann einmal Bedeutung besessen hatte.
    Trotz der Helligkeit des Tages und der Sanftheit der Landschaft war irgend etwas an dieser Szenerie unheimlich. Das Land erinnerte an eine überdimensionale Maske, die sich über unsichtbaren Schrecknissen spannte, ohne deren Existenz völlig verbergen zu können.
    Die Blicke des Gehirns wanderten zu den Säulen zurück.
    Der Mechanismus, der das Gehirn sehen ließ, hatte nicht die Funktionsweise menschlicher Augen. Er arbeitete vielmehr wie eine Kamera, mit kurzen und langen Schwenks, Einblendungen und Verzögerungen.
    Der Schwenk vom Tempel draußen auf dem Hügel zurück zu den Säulen führte weiter ins Innere der Halle.
    Quer durch die Halle zogen sich geschmückte Regale.
    Von seinem Platz aus konnte das Gehirn etwa zwanzig dieser Regale sehen. Sie verliefen von den Säulen bis zur Wand irgendwo im Hintergrund, die das Gehirn jedoch nicht sehen konnte.
    Auf den Regalen standen Tausende von transparenten Behältern.
    In jedem dieser Behälter schwamm ein Gehirn.
    Das Gehirn begriff, daß es ebenfalls in einem solchen Behälter lag, der zwischen ein paar hundert anderen auf einem Regal stand.
    Der Schock, den diese Erkenntnis auslöste, war so tiefgreifend, daß das Gehirn glaubte, von innen heraus erstarren zu müssen.
    Es war, als breitete sich eisige Kälte zwischen den grauen Zellen aus. Das Gehirn hörte auf zu denken. Es war eine instinktive Schutzmaßnahme, mit der es sich vor dem drohenden Wahnsinn schützte.
    Die Regale waren mit bunten Papierschlangen und Bildern geschmückt. Die Farbenpracht und das zwischen den Säulen einfallende Sonnenlicht sollten eine Atmosphäre unbeschwerter Heiterkeit schaffen.
    Das Gehirn wurde unwillkürlich an die Bestattungszeremonien vergangener Zeiten auf der Erde erinnert, wo man mit blumengeschmückten Särgen den Eindruck erweckt hatte, der Tod sei etwas Heiteres.
    Denn, so überlegte das Gehirn mit neu aufsteigendem Entsetzen, auch der Behälter, in dem es lag, war eine Art Sarg.
    Der unglaubliche Gedanke, es könnte sich in einem phantastischen Mausoleum befinden, durchfuhr das Gehirn wie ein elektrischer Schlag. Es versuchte sich auszumalen, was es empfinden würde, wenn es von nun an bis in alle Ewigkeit hier liegen würde.
    Der Blick hinaus zu den grasbewachsenen Hügeln, hinauf zum Tempel mit den in der Sonne liegenden Gestalten, zurück zu den Säulen, zu den Regalen mit den Behältern darauf.
    Zwischen den Regalen verliefen breite Gänge, so daß das Gehirn vermutete, daß sich dort unten ab und zu jemand bewegte.
    Welche Wesen mochten das sein, die zwischen diesen Regalen hin und her gingen, um sich Gehirne zu betrachten?
    Befinde ich mich etwa in einem Museum? fragte sich das Gehirn. In einer teuflischen Ausstellung, deren Sinn ich nicht einmal erahnen kann?
    Das Gehirn erinnerte sich genau, auf welche Weise man es von seinem Körper getrennt hatte. Es wußte auch, daß nun ein Androidengehirn in seinem Körper ruhte und an seiner Stelle die Verbindung zur Umwelt aufrechterhielt.
    Doch das war auf der Erde geschehen.
    Die Welt, auf der sich das Gehirn jetzt befand, war nicht die Erde. Dazu war alles zu fremdartig. Außerdem war die Erinnerung an eine phantastische, unendlich lange Reise noch zu frisch.
    Die Frage, die immer drängender wurde, lautete: Wo bin ich?
    Das Gehirn hatte niemals zuvor von einem solchen Platz gehört, deshalb begann es zu befürchten, daß es sich in einem unbekannten Gebiet der eigenen Galaxis, oder sogar in einer fernen Galaxis befand.
    Das Gehirn hatte soviel erlebt, daß es abstrakt denken konnte.
    Allein diese Tatsache rettete es vor dem Wahnsinn. Irgend jemand war dafür verantwortlich, daß es sich hier befand. Dieser Gedanke

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