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0623 - Markt der Gehirne

Titel: 0623 - Markt der Gehirne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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besaß etwas Tröstliches, denn er bewies, daß das Gesetz von Ursache und Wirkung auch bei diesem unglaublichen Geschehen seine Gültigkeit besaß.
    Die Gedanken, die das Gehirn beschäftigten, hatten es derart aufgeputscht, daß es erst jetzt auf das Raunen aufmerksam wurde, das es seit seinem Erwachen empfing und für das es noch keine Erklärung gab.
    Trotzdem zwang sich das Gehirn zu einer realistischen Einschätzung der Lage.
    Es war sich darüber im klaren, daß es kein Wesen mit Armen und Beinen, sondern ein in einem Behälter schwimmendes Etwas war, dessen zahllose Nervenenden mit Hilfe einer unverständlichen Technik konzentriert an einem Mikrogerät an der Innenwandung des Behälters endeten. Dieses Mikrogerät war offenbar eine Art Nervenimpuls-Kommunikator, der alle Gedankenströmungen des Gehirns verarbeitete und weitergab, gleichzeitig aber auch in der Lage war, optische und akustische Eindrücke aufzunehmen und an das Gehirn weiterzugeben.
    Was völlig fehlte, waren Geruchs- und Geschmackssinn, der Sinn für körperliche Schmerzen und vor allem ein Körper, der auf die Muskelbewegungsimpulse reagiert hätte.
    Trotzdem hatte das Gehirn ab und zu den Eindruck, daß es noch einen Körper besaß. Wahrscheinlich war dieser Eindruck vergleichbar mit den Phantomschmerzen, die ein Mensch mit amputierten Gliedmaßen oft empfindet.
    Ein zweites Gefühl breitete sich in dem Gehirn aus und lähmte seine Aktivität: Völlige Hilflosigkeit.
    Es war in diesem Behälter eingeschlossen und konnte hören und sehen.
    Doch es war zu völliger Bewegungslosigkeit verdammt. Es besaß nicht einmal einen Pseudokörper, der anstelle des echten Körpers bestimmte Handlungen durchgeführt hätte.
    Selbst ein lebendig begrabener Mensch konnte nicht solche Qualen empfinden, denn er durfte hoffen, daß er durch den Tod aus seinem unerträglichen Zustand erlöst wurde.
    Das Gehirn wußte jedoch nicht, wann sein Tod eintreten würde.
    Vielleicht war es in diesem Zustand unsterblich!
    Ich muß irgend etwas tun! dachte das Gehirn.
    Der Anblick all der anderen Gehirne rief widersprüchliche Gefühle in ihm hervor. Es konnte deutlich erkennen, daß es sich um die Gehirne verschiedenartiger Lebewesen handelte, eine Feststellung, die den makabren Eindruck, Teil einer Ausstellung von Gehirnen zu sein, noch verstärkte.
    Andererseits wirkte die Nähe der anderen Gehirne tröstlich.
    Es gab noch andere, die ein ähnliches Schicksal erlitten hatten und damit fertig werden mußten.
    Wie bewältigten sie ihre Probleme?
    Nachdem es diese Flut von Daten und Wahrnehmungen in sich aufgenommen hatte, verfiel das Gehirn wieder in Panik. Seine Gedanken rasten.
    Die Sehnsucht nach Freiheit wurde übermächtig.
    Es beruhigte sich erst, nachdem es völlig erschöpft war. Doch der Zustand der Ruhe war trügerisch. Es überlegte, daß es sinnlos war, mit den Gedanken gegen das Gefangensein anzukämpfen, obwohl es wußte, daß es sehr lange brauchen würde, um alle seine Empfindungen zu kontrollieren.
    Zu diesem Zeitpunkt empfand das Gehirn das Raunen als immer stärker, und es begann seine Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren.
    Das Raunen wurde allmählich zu einem Gewisper.
    Es hörte sich an wie weit entfernte Stimmen.
    Das Gehirn begann zu lauschen. Nach einiger Zeit konnte es einzelne Stimmen unterscheiden und verstehen. Das konnte nur bedeuten, daß an den Behälter, in dem es sich befand, eine Art Translatorgerät angeschlossen war.
    Die Stimmen, die das Gehirn wahrnahm, konnten nur von den anderen Behältern kommen.
    Die Konsequenz, die sich aus dieser Feststellung ergab, war phantastisch: Die Gehirne in den Behältern unterhielten sich miteinander. Ihre Gedanken wurden verstärkt und von Funksprechgeräten übertragen. Einer Technik, der es gelang, körperlose Gehirne am Leben zu erhalten, mußte es auch möglich sein, den Gehirnen untereinander eine Verständigungsmöglichkeit zu geben.
    Das einsame Gehirn konzentrierte sich und lauschte.
    Es erlebte eine neue Überraschung. Zunächst war ihm fast alles unverständlich, was gesprochen wurde. Zwar verstand es die Worte, doch sie ergaben keinen Sinn. Alles war zu fremdartig, ein weiterer Beweis dafür, daß das Gehirn sich an einem den Menschen unbekannten Punkt des Universums befand.
    Aus den Gesprächen der Gehirne war jedoch weder Furcht noch Verzweiflung herauszuhören.
    Im Gegenteil: Überall herrschten Freude und eine gespannte Erwartung. Niemand schien gegen seinen augenblicklichen Zustand

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