0629 - Der Racheengel
beherrschten die Telekinese, sie konnten mit Gegenständen spielen, dabei war es egal, um wen es sich handelte. Ein Mensch würde ebenso in ihre Fänge geraten wie ein normaler toter Gegenstand.
Wenn sie es wollten, dann verwandelten sie Trenton in eine Hölle aus Mord, Tod und Gewalt.
Es muss mir gelingen, dachte Suko, sie aus Trenton wegzulocken und sich ihnen dann stellen. In die Einsamkeit der Umgebung hinein, wo es keine Menschen gab, die sie als Geisel gegen ihn ausspielen konnten. War das geschafft, traute sich Suko sogar zu, allein gegen die drei Männer anzugehen.
Er verließ seinen Platz und trat an eines der Fenster. Durch die Öffnung konnte er auf mehrere Häuser schauen, die jenseits kleiner Gärten lagen. Ein schmaler Weg, nicht gepflastert, bildete die Straße. Vor den Häusern standen Autos.
Menschen sah Suko nicht, auch die Söldner konnte er nicht mehr sehen, denn das Dach des Polizeigebäudes war frei.
Eine Sirene jaulte. Wahrscheinlich hatte jemand die Feuerwehr alarmiert.
Wohin?
Es war schwer für Suko, hier eine Entscheidung zu treffen, ohne dass dabei Unschuldige in Gefahr gerieten. Er musste sich als Köder zeigen und anbieten, dann konnte er nur hoffen, dass die Veränderten diesen Köder auch annahmen.
Suko verließ den Rohbau. Es war dunkler geworden. Der Himmel wurde von der Dämmerung erfasst. Sie schob sich wie ein großes, dünnes Tuch immer näher. Bald würden die ersten Lichter angehen und Trenton ein geisterhaftes Leben einhauchen.
Suko hatte die schmale Straße erreicht, hinter der die Häuser lagen. Er sah eine Laterne und unterhalb der Kuppe ein Schild mit einem Richtungspfeil. Darauf stand Cemetery.
Friedhof.
Das wiederum brachte Suko auf eine Idee.
Wenn er die drei Hundesöhne schon locken musste, wäre der Friedhof ein geeigneter Platz. Er glaubte nicht daran, dass um diese Zeit noch Besucher erschienen. Viele Menschen fürchteten sich davor, ein derartiges Gelände in der Dämmerung oder während der Dunkelheit zu betreten, aber das Trio würde es anders sehen.
Bevor Suko seine Idee in die Tat umsetzte, schaute er sich noch einmal um.
Die Umgebung kam ihm verlassen vor. Niemand war ihm gefolgt, auch kein Bewohner aus Trenton.
Hinter den Fenstern der drei Häuser brannte Licht, aber kein Mensch verließ die schützenden Mauern.
Das Heulen der Sirene war verstummt, und Suko beschleunigte seine Schritte. Er wollte es so schnell wie möglich hinter sich bringen und auf dem Friedhof warten.
Schon bald hatte er die alte Mauer erreicht. Die Steine mussten einmal hellgrau gewesen sein, im Laufe der Zeit hatten sie eine grüne Patina bekommen.
Suko kletterte kurzerhand auf die Mauer und ließ einen ersten Blick über den alten Friedhof schweifen.
Alt, aber gepflegt.
Jedes Grab hatte einen Stein. Sie sahen verschieden aus. Manche waren hoch, andere wiederum breit. Die Kreuze schimmerten in der hereinbrechenden Dämmerung wie starre Silhouetten.
Büsche säumten die beiden Hauptwege. Links von ihm, dabei weit in den düsteren Hintergrund geschoben, schimmerten stahlgrau die Dachpfannen einer kleinen Trauerhalle.
Suko sprang auf den weichen Boden.
Die Luft war kalt geworden. Sie schmeckte nach Tau und Nebel. Der Boden hatte die Nässe gesammelt. Wie ein Tuch breitete sie sich auf dem Gelände aus und ließ die Blätter der Buschgruppe schimmern.
»Was machen Sie denn hier?«
Suko erschrak und zuckte zurück, als er die weibliche Stimme hörte. Aus dem Schatten einer Buschnische war eine alte Frau getreten. Sie trug einen schwarzen Mantel und trocknete sich die Hände mit einem dunklen Handtuch ab.
»Ich wollte mir den Friedhof einmal ansehen.«
»Sie sind fremd hier, nicht?«
»Ja.«
Die Frau zeigte keine Angst. Prüfend schaute sie dem Inspektor ins Gesicht. »Und Sie sind derjenige, um den es den drei Männern geht, die in Trenton eingefallen sind.«
»Da haben Sie auch Recht.«
Die Frau nickte, schaute an Suko vorbei und sagte: »Ich habe mich nicht davon abhalten lassen, das Grab meines Mannes zu besuchen. Ich mache das jeden Abend.«
»Hören Sie, Madam, wenn Sie wissen, wer ich bin, dann könnten Sie mir einen Gefallen tun.«
»Wie käme ich dazu?«
»Ich bin Polizist. Die drei Fremden stehen unter einer fremden Kontrolle. Sie haben es auf mich abgesehen, aber sie werden auch den anderen gegenüber keine Rücksicht kennen. Wenn sie mich nicht bekommen, werden sie in Trenton ein Chaos hinterlassen. Da müssen Sie dann mit Toten rechnen.«
Die
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