063 - Das Monster lebt
sich breitschlagen ließ, einen Vertrag zu unterzeichnen, der ihrem Verleger mindestens sechs Manuskripte im Jahr sicherte.
Viermal hatte sie den Klappentext schon geändert. Er war immer noch nicht so, wie sie ihn sich vorstellte. Irgend etwas fehlte ihm noch. Er traf noch nicht hundertprozentig den Punkt.
Das Telefon läutete. Vicky schaltete die Maschine ab und griff nach dem Hörer. Als sie erfuhr, wer am anderen Ende der Leitung war, wäre ihr der Hörer beinahe aus der Hand gerutscht.
Cuca!
Vicky Bonneys Kopfhaut spannte sich. Natürlich wußte sie, wer Cuca war. Immer wieder fiel der Name in diesem Haus, und Mr. Silver brannte darauf, die Hexe, die ohne sein Wissen vor langer Zeit seinen Sohn geboren hatte, zu finden.
Cuca befand sich anscheinend in London. Oder kam der Anruf von auswärts?
»Ich begegnete heute deinem Freund Tony Ballard«, sagte die Hexe.
Vicky schluckte trocken. Sie fragte . sich, ob Tony diese Begegnung überlebt hatte, denn Cuca war eine gefährliche Gegnerin.
»Er wollte sehr viel wissen, doch ich war nicht bereit, ihm auf seine Fragen zu antworten«, sagte Cuca. »Inzwischen hatte ich Zeit, mir die Sache durch den Kopf gehen zu lassen, und ich bin bereit, wenigstens zwei Fragen zu beantworten.«
»Tony ist nicht zu Hause«, erwiderte die Schriftstellerin.
»Ich würde die Antworten auch dir geben«, sagte die Hexe.
»Die Antworten auf welche Fragen?« erkundigte sich Vicky Bonney.
»Ihr wollt doch alle wissen, wie mein Sohn heißt und wo ihr ihn finden könnt. Darauf bin ich bereit, dir die Antworten zu geben.«
Vicky Bonneys veilchenblaue Augen weiteten sich aufgeregt. Endlich sollte dieses große Geheimnis gelüftet werden, und sie würde es als erste von Cuca erfahren.
Doch plötzlich fiel ihre Begeisterung wie ein Strohfeuer in sich zusammen. Cuca tat nichts ohne Hintergedanken.
»Wo ist der Haken?« fragte Vicky Bonney rasch.
»Es gibt keinen«, entgegnete die Hexe. »Mr. Silver denkt, seinen Sohn umdrehen zu können. Er will ihn zu einem Kämpfer des Lichts machen. Ich will, daß er von seinem eigenen Sohn eine schmachvolle Abfuhr bekommt. Er soll seinen Sohn sehen und erkennen, daß dieser sein Todfeind ist.«
Vicky leckte sich nervös die Lippen. »Wo lebt er? Wie heißt er?«
»Das sage ich dir ganz bestimmt nicht am Telefon«, erwiderte Cuca.
»Dann komm her. Ich erwarte dich.«
Die Hexe lachte. »Für wie dumm hältst du mich? Ich begebe mich doch nicht in Tony Ballards Haus! Wer weiß, wie viele weißmagische Fallen er eingebaut hat.«
Vicky wollte wissen, wie sie an die wichtige Information kommen konnte, und Cuca nannte einen nahen Park. Dort wäre sie bereit, sich mit ihr zu treffen. Ehe Vicky noch irgend etwas sagen konnte, legte die Hexe auf.
Die Schriftstellerin ließ den Hörer langsam sinken. Sie kräuselte die Nase. Es war Abend, im Park würde es dunkel sein, und irgendwo in der Finsternis würde Cuca lauern.
Das roch nach einer Falle, deshalb beschloß Vicky Bonney, sich nicht ohne Schutz zum vereinbarten Treffpunkt zu begeben.
Boram sollte sie begleiten. Wenn sie unter dem Schutz des Nessel-Vampirs stand, würde ihr Cuca nichts anhaben können.
Sie holte den weißen Vampir aus Roxanes Zimmer und erklärte ihm die Situation. Er war sofort bereit, auf die Schriftstellerin aufzupassen.
Gemeinsam verließen sie das Haus…
***
Ben Coltrane zog seine Schuhe wieder an. Jennifer Hershey zitterte. Dieses Krachen vorhin war die Folge einer ungeheuren Krafteinwirkung gewesen.
Jemand mußte die Haustür aufgebrochen haben. Da er sich nicht die Mühe machte, lautlos in das Haus einzudringen, war es ihm wahrscheinlich egal, ob jemand von seinem Kommen wußte oder nicht.
Vielleicht wollte er sogar, daß sein Eintreffen bemerkt wurde.
Der Regisseur schlüpfte in sein Hemd, schloß es jedoch nicht, schob es auch nicht in den Hosenbund. Sein Rausch schien fast völlig verflogen zu sein.
Die Cutterin stellte sich kopfschüttelnd, mit bangem Blick, vor ihn hin. »Geh nicht hinaus, Ben. Ich fühle, daß etwas Schreckliches passiert, wenn du das Schlafzimmer verläßt.«
»Etwas Schreckliches! Ja, und zwar wird es mit dem Kerl passieren, der hier eingebrochen ist!« knurrte der Regisseur.
Er schob Jennifer zur Seite und eilte zur Tür. Mit der Waffe in der Hand trat er hinaus und ging bis zur Metallbrüstung vor.
Von dort konnte er in die großzügige Halle hinuntersehen, und die Entdeckung, die er machte, ließ sein Herz um vieles schneller
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