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0633 - Wenn Druidenseelen trauern

0633 - Wenn Druidenseelen trauern

Titel: 0633 - Wenn Druidenseelen trauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Land verwachsen waren. So kann es sein.«
    »Was hast du gehört?«
    »Es war - es war wie eine Botschaft, die man mir schickte, John. Ja, wie eine Botschaft.«
    »Hatte sie auch einen Text?«
    Beinahe unwillig schaute sie mich an. »Nein, der Wind kann keine Worte formen.«
    »Tatsächlich nicht?«
    »Glaubst du mir nicht?«
    In der Tat hatte ich das Gefühl, sie würde mir etwas verschweigen. Ich ging nicht weiter darauf ein, sondern fragte noch einmal nach, was sie genau erfahren hatte.
    »Der Wind brachte mir einen Gruß. Er hieß mich willkommen, John. Ja, er hieß mich tatsächlich willkommen in der alten Heimat. Es kam mir so vor, als hätten die Menschen auf mich schon immer gewartet.« Sie lächelte weich. »Irgendwie tat es mir gut, kannst du das begreifen?«
    »Sicher.«
    »Das war ein Flüstern und Raunen«, sprach sie weiter. »Ich kann es nicht erklären, aber ich weiß nun, dass die Ile de Sein reich ist an geheimnisvollen Wesen. Hier leben die Geister, John, hier grüßen die Seelen der Toten, glaube ich.«
    »Wer könnten diese Toten sein?«
    »Sie sind uralt. Druiden, die Geister der Druiden leben weiter. Es war ihr Stöhnen, das sich mit dem aus der Bucht der Verstorbenen vereinigte.«
    Für mich war ein neuer Begriff aufgetaucht. »Bucht der Verstorbenen? Was ist das schon wieder?«
    »Dort halten sich die Geister der Ertrunkenen auf, die keine Ruhe finden können. Sie sind in das Reich der Druiden eingegangen, erzählt man sich hier.«
    »Was war sonst noch?«
    Sie schloss die Augen. »Nichts mehr, John, es war gar nichts. Ich habe dir alles erzählt.«
    Das glaubte ich ihr nicht. Im Gegensatz zu London hatte sich Colette verändert. Sie kam mir wie eine Fremde vor und schien zu mir auf Distanz gegangen zu sein, die ich mir auch nicht erklären konnte, denn in London hatte sie anders reagiert. Da war sie viel zutraulicher gewesen, jetzt schien es ihr nicht zu gefallen, dass ich mich an ihrer Seite aufhielt.
    Ich fragte sie direkt. »Hast du etwas gegen mich, Colette?«
    Sie erwachte wie aus einem tiefen Traum, schreckte zusammen und starrte mich an. »Wieso?«
    »Es war nur eine Frage. Mir kommt es vor, als hättest du dich verändert. Du bist anders als in London. Ich könnte mir vorstellen, dass du sogar mit deinem Lebensretter gesprochen hast.«
    War das Erschrecken in ihren Augen echt? Hatte ich mit meiner Frage einen bestimmten Punkt getroffen?
    »Nun?«
    Sie lächelte, dann lachte sie, schüttelte den Kopf und sagte nur: »Unsinn, John.«
    »Okay, du musst es wissen.«
    Colette lief weg und nahm ihre Reisetasche hoch. »Sollen wir nicht zu meiner Großmutter gehen?«
    »Ich habe nichts dagegen, aber du hast auch gesagt, dass du dem Friedhof und damit dem frischen Grab deines Großvaters einen Besuch abstatten willst. Oder möchtest du nicht?«
    »Du denn?«
    Ich nahm meine Reisetasche ebenfalls an die Hand. »Colette, ich bin nicht der unmittelbar Betroffene. Es ist allein deine Entscheidung, ob du es willst oder nicht.«
    Sie nickte. »Du hast im Prinzip Recht, John. Es wird sich wohl gehören, wenn wir ihn besuchen.«
    »Das meine ich auch.«
    »Den Weg kenne ich. Der alte Friedhof liegt in der Nähe des Dorfes. Er ist sehr klein.«
    Mir kam die Insel menschenleer vor. Auf unserem Weg begegneten wir niemandem. Dafür konnten wir den Anblick der Landschaft genießen, die mir in ihrer Kargheit sehr gefiel.
    Diese Gegend musste man entdecken, man konnte sie einfach nicht beim ersten Hinsehen erfassen.
    Auch die zahlreichen Steine, die wie weggeworfene Murmeln von Riesen wirkten, passten in ihrer weißgrauen Farbe genau in das Bild.
    Colette sprach wenig, hin und wieder nickte sie, als wollte sie sich bestätigen.
    »Woran denkst du?«
    »An früher.« Sie blieb stehen, schaute zum Meer hin und fragte: »Sieht es nicht toll aus?«
    »Wunderschön.«
    Colette lachte. »Komisch, ich kann überhaupt nicht begreifen, dass ich die Insel verlassen habe.«
    »Man wird eben erwachsen.«
    »Möglich.«
    Sie ging weiter, beschwingter als sonst, und näherte sich dem kleinen Ort, einer Ansammlung von Häusern, über deren Dächer der Kirchturm ragte.
    Es war eine sehr alte Kirche. An der Bauweise erkannte ich noch die romanische Form. Eckig und schmucklos, bestehend aus hellgrauen bis weißen Steinen.
    Straßen existierten hier nicht. Wenn jemand die Landschaft verließ, musste er über Pfade gehen, von denen einer den Friedhof als Ziel hatte. Er war einfach da, es gab keine Mauer, die ihn einfriedete,

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