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0633 - Wenn Druidenseelen trauern

0633 - Wenn Druidenseelen trauern

Titel: 0633 - Wenn Druidenseelen trauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht, dafür hatte jedes Haus einen kleinen Garten, in dem die Menschen, die zumeist vom Langustenfang lebten, ihr Gemüse und Obst anbauten.
    Am Ortseingang blieb Colette stehen.
    »Hast du was?« fragte ich sie.
    »Nein, nein, es ist nur das ungewohnte Gefühl des Heimkehrens. Die Erinnerung.«
    »So hat es immer ausgesehen?«
    »Ja, John, immer. Es hat sich nichts verändert. Es ist nichts hinzugekommen, man hat auch nichts weggenommen. Hier ist wirklich die Zeit stehen geblieben, und hinzu kommt der Wind, der auch nicht nachgelassen hat.«
    »Ohne die Stimmen?«
    »Die höre ich nicht. Ich habe auch hier auf der Insel noch nicht diesen Geist gesehen.« Sie wies nach vorn. »Meine Großmutter wohnt ziemlich am Ende des Dorfes, wir müssen noch einige Schritte gehen.«
    Begleitet wurden wir vom Schlagen der Brandung, dem Schreien der Möwen und dem Signalhorn der Fähre, als sie den kleinen Hafen wieder verließ.
    »Jetzt müssen wir bleiben«, sagte Colette.
    »Oder schwimmen.«
    »Du hast Humor.«
    Wir gingen über eine Straße, die eigentlich keine war, sondern nur ein breiter Weg, auf dem hin und wieder Grasbüschel wucherten wie Haare.
    Ich sah kein Auto, dafür Fahrräder, die an den schützenden Steinwällen lehnten, und hin und wieder ein Fuhrwerk.
    Plötzlich waren sie da.
    Sie hatten auf uns so lange gewartet, bis wir etwa die Mitte des Ortes erreicht hatten, wo rechts von uns der eckige Kirchturm ein Mahnmal bildete.
    Hinter ihren Häusern, Wällen und Hecken hatten sich die Menschen versteckt gehalten, kamen nun vor und bildeten an den Rändern der primitiven Straße ein Spalier.
    Männer, Frauen, Halbwüchsige und Kinder.
    Sie alle waren einfach, doch zweckmäßig gekleidet und machten den Eindruck, als hätten sie die Vergangenheit verlassen, um in der Gegenwart zu erscheinen. Sie sprachen kein Wort, sie schauten uns nur an, denn auch wir gingen nicht mehr weiter.
    Bei den zahlreichen Gesichtern suchte ich vergeblich nach dem des angeblichen Pfarrers Lerain. Er ließ sich nicht blicken, wobei ich mir vorstellen konnte, dass er durchaus die Fäden im Hintergrund zog.
    Colette gefiel der Empfang überhaupt nicht. Sie bewegte ihren Kopf und schaute sich vorsichtig um.
    Dann öffnete und schloss sie ihre Hände, bewegte die Augen, schluckte einige Male und flüsterte, bevor ich eine Frage stellen konnte: »Das hat etwas zu bedeuten, John.«
    »Glaube ich auch, aber was?«
    Bevor sie eine Antwort geben konnte, geschah etwas anderes. Rechts von uns bewegte sich innerhalb des Kirchturms ein Schatten. Deutlich durch die Fensterluke zu erkennen.
    Eine Glocke schlug an.
    Nicht dröhnend und wuchtig, sondern eher dünn und klagend.
    Fast jammervoll wehte uns der Klang entgegen, und Colette wusste auch, was er zu bedeuten hatte.
    »Das ist die Totenglocke, John. Sie läuten für uns die Totenglocke, glaube mir.«
    »Okay, das nehme ich dir ab. Was hat es zu bedeuten?«
    Sie drückte den Kopf vor, als hätte sie einen Schlag in den Nacken erhalten. »Ich kann es dir nicht genau sagen. Die Totenglocke läutet nur, wenn jemand gestorben ist oder aber, wenn jemand bald sterben wird und die Bewohner hier froh darüber sind.«
    »Die meinen uns?«
    »Natürlich!«, flüsterte sie. »Du brauchst dir nur die Gesichter anzuschauen. Sagen dir die nicht genug? Da siehst du keine Freundlichkeit, kein Gruß des Willkommens, das hier ist pure Feindschaft, als hätten wir den Menschen etwas getan.«
    »Hängt es mit dir zusammen?«
    »Nur indirekt, John, nur indirekt. Lerain hat uns gewarnt. Er wird die Bewohner infiziert haben, das glaube ich stark. Sie stehen gegen uns, für sie sind wir Eindringlinge und Feinde. Du bist ein Fremder, ich bin durch meine lange Abwesenheit von der Insel zu einer Fremden geworden. Man heißt uns beide nicht willkommen.«
    »Das habe ich schon festgestellt.«
    »Und die letzte Fähre ist verschwunden. Jetzt können wir nicht mehr fliehen, wir müssen auf der Insel bleiben, ob wir wollen oder nicht. Daran geht kein Weg vorbei.«
    Das erschien mir auch so. Wir wollten uns trotzdem nicht von unserem Ziel abhalten lassen, was ich Colette auch sagte und sie mir zustimmte.
    Die Glocke läutete noch immer. Dieser dünne, klagende Ton konnte bei einem sensiblen Menschen schon mehr als Unbehagen verursachen. Hinzu kamen die Bewohner, die sich nicht von der Stelle rührten und das Spalier aus Leibern beibehielten.
    »Weißt du, welchen Eindruck ich habe, John?«
    »Nein - woher?«
    »Die haben sich hier

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