Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0633 - Wenn Druidenseelen trauern

0633 - Wenn Druidenseelen trauern

Titel: 0633 - Wenn Druidenseelen trauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sie dort etwas Bestimmtes sehen.
    Ich tippte sie an.
    Colette musste es bemerkt haben, sie schrak zusammen, aber sie registrierte mich nicht.
    »Bitte, Colette, was ist, geschehen? Wer war dieser Geist? Ich habe ihn gesehen, ich weiß, dass du nicht gelogen hast. Du musst über ihn reden, hörst du?«
    »John?« Sie fragte, als könne sie es nicht glauben, dass sie von mir angesprochen worden war.
    »Ja, wer sonst?«
    »Er - er war wieder da, John, aber diesmal habe ich nicht geschossen. Ich werde nicht mehr auf ihn schießen.«
    »Weshalb nicht?«
    Sie schob einen der im Weg liegenden Steine zur Seite. »Er will mir nichts tun, denn er ist ein Freund von mir. Er hat mir gesagt, dass er mich beschützen will und dass er mich willkommen heißt zu Hause. Hast du das verstanden? Er hat mich zu Hause willkommen geheißen. Es ist kaum zu glauben. Ich bin zurückgekehrt.«
    »Was sagte er noch?«
    »Nichts mehr - oder doch?« Sie dachte angestrengt nach. »Er sprach vom Stöhnen der Toten, von den Seelen, die auf mich gewartet haben. Sehr lange, viel zu lange.«
    »Dann bist du doch die Druiden-Braut?«
    »Ich weiß es nicht genau. Man hat mich so angesprochen, aber ich kann es nicht sagen. Alles liegt zu tief in meiner Erinnerung begraben. Es kommt nicht hervor.« Colette schaute sich um. »Es ist so leer hier. Wo sind die Menschen geblieben?«
    »Sie gingen wieder zurück in ihre Häuser. Als der Geist kam, haben sie sich furchtbar erschreckt. Vorher wollten sie uns steinigen, dann erschien der Geist und trieb sie in die Flucht. Sie müssen vor ihm eine schreckliche Angst haben.«
    Colette lächelte still vor sich hin, dann drehte sie sich um und ging weiter.
    »Wo willst du hin?«
    Lässig drehte sie sich beim Gehen um. »Wolltest du nicht meine Großmutter kennen lernen, John?«
    »Sicher.«
    »Dann komm mit.«
    Es war wie verwunschen, denn in diesem kleinen Ort rührte sich nichts mehr. Die Umgebung war erstarrt, kein Mensch ließ sich blicken. Sie alle hielten sich in ihren Häusern verborgen, auch der komische Guru namens Lerain traute sich nicht hervor.
    Ich wusste wirklich nicht, wie ich die Verhältnisse hier einstufen sollte. Die Bewohner der Insel gehörten zu der Gruppe von Menschen, die mit ihrem Stück Land verwachsen und auch mit dessen Geschichte aufgewachsen waren. Für sie hatte jeder Baum, jeder Stein, jeder Flecken Gras eine geschichtliche und mythische Bedeutung. Sie waren herbe, verschlossene Personen, und auch die Kirche als äußeres Zeichen des Glaubens schaffte es nicht, den Aberglauben zu verdrängen.
    Da hatten sie etwas mit den Brasilianern gemeinsam, wo sich ebenfalls Religion und Aberglaube mischten.
    Natürlich dachte ich über den Druidengeist nach. Er und Colette Ingram. Zwischen beiden musste es einen Zusammenhang geben. Für den Geist war sie sehr wichtig.
    Ich sprach Colette auf ihre Großmutter an. »Findest du es nicht auch ungewöhnlich, dass sie uns noch nicht begegnet ist?«
    »Nein. Denk daran, John, dass sie trauern wird. Sie hat meinen Großvater geliebt, das kannst du mir glauben. Beide hielten stets fest zusammen.«
    »Das will ich nicht bestreiten. Mich macht nur misstrauisch, dass sie nicht auf der Straße bei den anderen Zuschauern erschienen ist. Ich hoffe nur, dass ihr nichts passiert ist.«
    »Wir hätten es längst erfahren, John. Außerdem ist es bis zum Haus der alten Margot Ingram nicht weit.« Colette lächelte mir zu. Sie hatte sich in den letzten Minuten verändert, benahm sich viel lockerer, auch irgendwie mädchenhafter, sodass ich mich über sie nur wundern konnte und mich fragte, ob der Geist ihr nicht doch Mut gegeben hatte.
    Das Haus der Ingrams lag etwas versetzt und duckte sich in eine kleine Mulde. Über dem weit nach vorn reichenden Dach kreisten Vögel, zumeist Möwen, aber ich entdeckte auch das bläulich schimmernde Gefieder der Tauben, die überall waren.
    Wilder Rasen umwuchs das Haus. Die weißen Steine der Außenmauern wirkten wie frisch gestrichen. Grüne Fensterkreuze bildeten einen Farbkontrast. Da das Gebäude tiefer lag, hatte man auf eine Schutzmauer verzichten können.
    Ich rechnete damit, dass sich die Räume in der unteren Etage verteilten. Aus dem Dach ragte noch ein breiter Schornstein hervor. Seine Öffnung war durch ein Gitter geschützt, auf dem sich einige Tauben ausruhten.
    Colette war bereits dicht an die breite Eingangstür herangetreten. Sie klopfte nicht, sondern drückte die schwere Klinke nach unten und nickte zufrieden, als

Weitere Kostenlose Bücher