0635 - Der achtarmige Tod
überhaupt nichts. Vielleicht aber entriß sie diesmal auch Zamorra Kraft. Das wollte er nicht riskieren.
Ein weiteres Risiko ging jetzt von Eva aus.
Sie war mit Magie aufgeladen. Diese Magie würde sie aber sehr bald wieder freisetzen müssen.
Und dann wollte Zamorra nicht ihr Opfer werden.
Manchmal ging es harmlos ab, manchmal wurde das Magiepotential in Eva allerdings auch zu einer gefährlichen Waffe. Einige Male hatte es ihr und anderen schon das Leben gerettet. Aber so wenig sie ihre Fähigkeit kontrollieren konnte, so wenig konnte sie bewußt zwischen Feind und Freund unterscheiden. Zumindest im Para-Bereich! Wenn gerade ein Feind, der sie oder ihre Freunde bedrohte, in der Nähe war, entlud sich die Energie gegen ihn. War aber kein Feind nahe…
Was dann?
Die ganze Sache wurde von Minute zu Minute unangenehmer.
Nur einfach in die Vergangenheit reisen, Don Cristofero und den Gnom treffen und wieder zurückkehren…
Davon waren sie weiter entfernt als je zuvor.
Zamorra nahm die Muskete an sich. Langsam und voller Unbehagen schloß er zu Eva auf, die die Lichtung bereits erreicht hatte. Dort lag ein Mann von geradezu hünenhafter Gestalt.
Zamorra wünschte sich nicht, im Ringkampf gegen ihn antreten zu müssen. Automatisch begann sein lädierter Brustkorb wieder zu schmerzen.
Er erkannte den Mann wieder. Es war der Schütze. Zamorra registrierte sofort, daß er sich in Paralyse befand. Das war Nicoles Werk.
Und auf dem Rückweg von der Lichtung hatte es sie nun selbst erwischt!
»Was machen wir jetzt?« wollte Eva ziemlich ratlos wissen.
»Einen möglichst guten Eindruck, damit die Nachwelt uns in bester Erinnerung behält«, gab Zamorra etwas spöttisch zurück.
»He, du nimmst mich nicht ernst!« beschwerte sich das Para-Mädchen.
»Ich muß schließlich selbst erst einmal überlegen!« konterte Zamorra. »Nicole ist etwas zugestoßen. Das geht auf jeden Fall vor!«
Eva schwieg.
Zamorra kauerte sich neben den Fremden. Und genau in diesem Augenblick machte sich sein Amulett bemerkbar. Es signalisierte ihm einen schwachen Hauch Schwarzer Magie.
Sie ging von dem Hünen aus.
Aber er war kein Dämon, kein Schwarzblütiger. Seine Ausstrahlung war anders. Für Zamorra war es, als sei der Mann ›nur‹ mit einem schwarzmagischen Keim infiziert worden. Schlimm genug, doch es hätte noch schlimmer sein können.
Wenigstens konnte die ›Infektion‹ noch nicht sehr lange zurückliegen, denn sonst wäre die Ausstrahlung wesentlich stärker gewesen. Ein paar Stunden, vermutete Zamorra. Vielleicht ein Tag. Länger sicher nicht.
Das hieß, daß er noch zu retten war.
Das aber kostete magische Kraft, und Zamorra war in diesem Fall gezwungen, die Prioritäten anders zu setzen. Einmal ging es ihm um Nicole; es war ihm wichtiger, sich um sie zu kümmern und sie zu retten. Zum anderen konnte er nicht absehen, ob dieser Mann nicht mit dem magischen Keim infiziert bleiben mußte, um den Zeitablauf nicht durcheinander zu bringen.
»Wir können ihn doch nicht einfach hier liegenlassen!« protestierte Eva. »Was, wenn ein wildes Tier über ihn herfällt?«
»Dann kann ich es auch nicht ändern«, knurrte Zamorra verärgert darüber, daß sie genau einen der wunden Punkte an dieser Sache gefunden hatte. Einen zweiten fand sie sofort: »Vielleicht sind wir sogar gezwungen, ihm zu helfen, wenn das im Zeitverlauf so vorgesehen ist!«
»Dann kommt es nicht darauf an, ob wir es ein paar Stunden früher oder später tun«, sagte Zamorra schroff und erhob sich wieder. Er legte die Muskete neben dem Mann ab. Wenn er aufwachte, konnte er sich damit zur Not wehren. Damit ging Zamorra zwar für sich und den Fall einer Wiederbegegnung ein höheres Risiko ein, als Nicole zu tragen gewillt gewesen war, aber er war der Ansicht, daß er es eingehen konnte.
Schließlich konnte der Mann sie jetzt nicht mehr überraschen.
»Ich schaue mal, was aus Nicole geworden ist«, sagte er. »Bleib bitte noch ein wenig hier. Ich rufe dich, wenn ich fertig bin.«
»Du willst mich nicht in der Nähe haben, wenn du Magie einsetzt«, erkannte Eva. »Geht in Ordnung.«
Zamorra nickte ihr zu und kehrte zu der Stelle zurück, an der Nicole verschwunden war. Dort begann er mit der Zeitschau.
***
Nach einer Weile wurde das Maultier des Gnoms langsamer, so daß Don Cristofero mit seinem Reittier aufschließen konnte. Zugleich fielen auch die Verfolger endlich zurück. Sie wurden langsamer, zögerten und begannen sich zu fragen, was sie hier
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