064 - Die Orgie der Teufel
fünfundzwanzig Meter hohen Megalithen, in die vom Boden bis zur Spitze runenähnliche Schriftzeichen gemeißelt waren. In der Länge maß diese Halle vierzig Meter. Der Boden bestand aus einem glasartigen Material, das bei jedem Schritt zu vibrieren schien und wie unter elektrischer Spannung knisterte.
Die Schriftzeichen an den Wänden schienen sich ständig zu verändern. Sie wurden eckig und rund, flossen ineinander, trennten sich, standen isoliert im Raum. Sie schienen ein eigenes unheilvolles Leben zu haben.
Dorian versuchte, seine Gedanken abzuschirmen, weil er das Gefühl hatte, daß von den Schriftzeichen tastende Impulse ausgingen.
Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen. Erst als er die Mitte der Halle erreicht hatte, entdeckte er die dunkle Öffnung auf der gegenüberliegenden Breitseite. Und dort tauchte eine Gestalt auf. „Olivaro!" entfuhr es Dorian.
„Sie scheinen einen anderen erwartet zu haben, Dorian", stellte Olivaro mit süffisantem Lächeln fest. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sein zweites Gesicht aufzusetzen. Er zeigte Dorian jene Seite seines Januskopfes mit dem majestätisch-überirdischen Knochengesicht, das Kraft, Kälte und grausame Würde ausstrahlte.
Das war das wahre Gesicht des Dämons Olivaro.
„ Wen haben Sie erwartet, Dorian?"
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Laurence Wytton traute seinen Augen nicht. Er wollte einfach nicht wahrhaben, was er zu sehen glaubte.
Die Wesen, die eben noch wie seine Gefährten ausgesehen hatten, wurden auf einmal zu fürchterlichen lüsternen" Teufeln, zu Geschöpfen mit Hörnern und weitgespannten Flügeln. Ihre Gesichter blieben, wie ihre Oberkörper, menschlich. Nur ihr Unterleib hatte die Form von Ziegen, Reptilien und Vögeln.
Das Wesen, das gerade noch Claire Douglas' Aussehen gehabt hätte, besaß auf einmal gefiederte Vogelbeine. Und Herbert Ohms Doppelgänger bekam Beine wie ein Bock, während dem Wesen, das Alain Gabin geglichen hatte, geschuppte Echsenbeine wuchsen.
Diese Teufel... Sie erinnerten Laurence Wytton an die Faunen und Sirenen der griechischen Mythologie - hinterhältig, gefährlich und lüstern.
„Nein - das kann nicht sein!" stammelte er. Er wich langsam vor den Teufeln zurück, die auf ihn zukamen.
Die Sirene mit den üppigen Brüsten schlug plötzlich mit den Flügeln aus und rannte auf ihren Vogelbeinen auf die linke Seite. Dabei sang sie zwitschernd und zirpend, daß es Wytton in den Ohren schmerzte. Dieser Gesang hatte nichts Verführerisches an sich.
Kurz darauf sprang der Teufel mit den Bocksbeinen in die Höhe und brachte , sich mit einigen Sprüngen auf die andere Seite.
Sie wollen mich einkreisen! dachte Wytton verzweifelt. Er blickte sich wie ein gehetztes Tier um.
Da sah er in seinem Rücken einen vierten Teufel auftauchen, der ihm faunisch entgegengrinste.
Sie hatten ihn eingekreist. Es gab keinen Ausweg mehr für ihn.
Die Sirene legte sich auf den Boden, rekelte sich und begann zu gurren. Dabei ließ sie Wytton nicht aus den Augen.
„Er hat Angst", sagte einer der Faune zufrieden und ließ sich ebenfalls zu Boden sinken. Auch er ließ Wytton nicht aus den Augen.
„Ihm gefällt unser Spiel nicht", ließ sich der Teufel mit den Echsenbeinen vernehmen. Er hatte eine tiefe, grollende Stimme.
Er duckte den Kopf und lächelte Wytton mit seinem gabelförmigen Mund bösartig an. Wytton konnte den Blick nicht von ihm wenden.
Der Echsen-Faun breitete seine Flügel aus, erhob sich mit einigen kräftige Flügelschlägen vom Boden und stürzte sich im Tiefflug auf Wytton.
Wytton warf sich instinktiv zu Boden. Er spürte den Luftzug über sich und bemerkte, daß sich etwas in seinem Gewand verfing. Er wurde herumgewirbelt. Das Geräusch reißenden Stoffes war zu hören - und dann ertönte diabolisches Gelächter.
Die schemenartige Gestalt war immer noch über ihm. Die Flügel breiteten sich über ihn, als wollten sie ihn einhüllen. Wytton schlug verzweifelt um sich, als Krallenhände ihn befingerten. Aber seine Gegenwehr entlockte dem Teufel nur erneutes Gelächter. Er sah, daß die Fratze sich seinem Gesicht näherte, und spürte die ekelerregende Ausdünstung so intensiv, daß ihm der Atem stockte.
„Ah, wie leicht es mir fiele, dich leerzusaugen!" sagte der Teufel mit heiserer, lüsterner Stimme. „Genug!"
Flügel raschelten. Der Schemen über Wytton wirbelte herum und segelte schließlich mit lahmen Flügelschlägen davon. Die Sirene flatterte heran. Wytton wagte aber nicht aufzuatmen, denn er konnte sich nicht
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