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0640 - Hexentränen

0640 - Hexentränen

Titel: 0640 - Hexentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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der Gehörnte.
    Eva sah ihn ernst an. »Ich rate dir, probier's nie aus. Ich will dich nicht verletzen, Doe. Nicht so, nicht so unwiderruflich. Magie ist etwas Heiliges. Geh jetzt - bitte!«
    Er erhob sich und ging tatsächlich.
    Yaga trat hinzu.
    Eva starrte sie überrascht an. Sie machte ein paar Schritte rückwärts und wäre dabei fast in den Bach gefallen. Sie konnte sich gerade noch fangen.
    »Du spionierst mir doch wohl nicht nach?«
    »Nein«, sagte Yaga und strich ihr durch das Haar. Da war unwahrscheinlich viel Liebe und Zuneigung in ihr, die durch diese einfache Geste zu Eva floß. Sie lächelte Yaga an.
    »Ich bin zufällig hier«, sagte die Hexe. »Aber ich konnte nicht verhindern, euch beide zusammen zu sehen.«
    »Es ist nichts zwischen uns«, sagte Eva hastig.
    »Das weiß ich.«
    »Doe ist nett, aber ich mache mir nichts aus ihm«, fuhr die Blonde fort. »Er ist ein Junge… äh«, sie biß sich auf die Unterlippe. »Er ist ein Mann«, korrigierte sie sich. »Und zwar sehr unübersehbar. Ich mag das nicht. Mädchen sind weicher und sanfter. Ich mag lieber Mädchen. Sie sind wie ich.«
    Yaga lächelte etwas verloren.
    »Gefällt dir das nicht?« fragte Eva zögernd.
    »Es ist deine Sache«, erwiderte Yaga. »Aber ich möchte etwas von dir wissen. Seit wann ist dir bewußt, daß du anderen magischen Wesen gefährlich werden kannst?«
    »Noch nicht lange«, sagte Eva.
    Ihre Augen, die eben noch vor Freude geglänzt hatten, zeigten plötzlich Trauer, wurden feucht. »Ich konnte nichts dafür«, sagte sie. »Es ist einfach geschehen. Doe sagte eben: In Broceliande tötet niemand einen anderen. Aber ich habe getötet. Ich wollte es nicht. Es war ein Troll. Er wollte… er wollte mir Gewalt antun. Und dann war da etwas in mir, das ihm all seine Magie nahm. Er starb einfach. Yaga, ich wollte das nicht. Wirklich… ich will nicht töten. Ein Leben auszulöschen, das ist schlimm. Wie soll ich das jemals wieder gut machen? Wie kann ich es ausgleichen? Der Troll ist tot, es gibt ihn nicht mehr. Yaga… beginnt jetzt das Zeitalter der Zerstörung in Broceliande?«
    »Das Zeitalter der Zerstörung?« Yaga runzelte die Stirn. »Wie kommst du darauf? Es gibt kein Zeitalter der Zerstörung.«
    »Wirklich nicht?«
    »Wer sprach so zu dir?«
    »Ein Traum«, sagte sie leise. »Ein böser Traum vom Sterben. Aber ich will nicht sterben, und ich will niemanden töten. Dennoch ist es geschehen. Durch meine Para-Gabe.«
    »Du mußt lernen, sie zu kontrollieren. Dann kann das nicht wieder geschehen«, sagte Yaga.
    »Das - das… nein, Yaga!« stieß sie erschrocken hervor. »Das kannst du nicht verlangen! Ich kann nicht damit arbeiten! Das geht über meine Kraft! Yaga… wenn ich beginne, mit dieser unheimlichen Gabe zu arbeiten, kann es während des Lernens wieder geschehen, daß ich jemanden töte! Aber das will ich nicht, und es könnte sein, daß ich es doch nicht verhindern kann, weil ich diese Kraft nicht beherrsche… Nein, das werde ich niemals tun!«
    »Du wirst es lernen müssen.«
    »Und in Versuchung geraten, das, was ich kann, irgendwann doch zu mißbrauchen? Für den Moment aufwallender, unkontrollierter Gefühle? Ganz ohne wirkliche Absicht, nur im Affekt?«
    »Du denkst weit für dein Alter«, sagte die Hexe.
    »Ich war schon älter…«
    Baba Yaga hob die Brauen. »Was sagst du da? Was weißt du darüber?«
    »Nichts. Ich… habe ich das gerade wirklich gesagt?« Auf ihrer Stirn erschienen Falten, als sie angestrengt nachdachte.
    Es ist der Einfluß den Waldes, dachte Yaga. Broceliande weckt einen winzigen Teil ihrer Erinnerungen. Aber es wird niemals wirklich durchdringen, auch hier nicht.
    »Was geschieht mit mir, Yaga?« fragte das Para-Mädchen leise. »Ich habe getötet. Niemand tötet in Broceliande einen anderen. Ich will kein Leben zerstören. Und doch tat ich es.«
    »Ungewollt«, sagte die Hexe. »Weißt du, auch ich habe es getan, ich mußte es tun, oft. Sehr oft. Ich habe sehr viele Leben zerstört. Es gab keinen anderen Weg. Manches Leben, das ich löschte, war böse, aber auch viele gute Leben sind auf meinem Konto. Damit muß ich mich abfinden. Ich muß Entscheidungen treffen. Ein Leben gegen ein anderes. Wenige Leben gegen viele.«
    »Ich will das nie tun müssen.«
    »Niemand kann sich aussuchen, was geschehen wird«, sagte Yaga. »Keiner entflieht seinem Schicksal.«
    »Und mein Schicksal soll es sein, andere zu töten, indem ich ihnen ihre Magie nehme? Wesen, deren ganze Existenz auf Magie

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