0642 - Horror im Harem
zu sehen. Jedenfalls keinen normalen Menschen.«
»Stimmt.«
»Du - du auch?«
Jane gab keine Antwort, denn das unbekannte Wesen war so dicht herangekommen, dass sie, mehr von ihm erkennen konnten. Vom Kopf an war die Gestalt von einem dunkelgrauen Gespinst umgeben, das an ihr hing wie leichte, luftige Tücher.
In Höhe des Gesichts wurde aus dem Gespenst ein Schleier, der bei jeder Bewegung mitschwang und auch mal gegen die Haut drückte, bevor er wieder weggeweht wurde.
Wer oder was war das?
Noch zwei Schritte, dann musste die Gestalt die Höhe der beiden Frauen erreicht haben.
Keine von ihnen traute sich, das Wasser zu verlassen. Sie blieben darin schweben, empfanden die Flüssigkeit aber längst nicht mehr als warm.
Die Gestalt blieb stehen…
Zunächst tat sich nichts. Sie schaute über das Becken hinweg und schien allein dem leisen Plätschern der Wellen zu lauschen, die an den Rändern ausliefen.
»Was will sie?«, hauchte Glenda. »Sie ist unter dem Gewand nackt, Jane, völlig nackt.«
»Ich weiß…« Janes Antwort war kaum zu hören gewesen. Ihre Sensoren standen auf Alarm. Die Detektivin und ehemalige Hexe wusste plötzlich, dass diese Begegnung für ihr weiteres Hier sein entscheidend sein konnte. Daran glaubte sie fest.
Die Unbekannte ging in die Knie. Sie tat es sehr langsam, als hätte sie damit Mühe. Wieder bewegte sich der dünne Schleier vor Gesicht und Körper, nur wurde er von keinem Windhauch zur Seite geweht. Er blieb in der Nähe des Körpers, als wäre dieser ein Magnet.
Beide Frauen hörten das Knacken der Sehnen, als sich die Gestalt in die Hocke setzte.
Sie schaute zu ihnen hinunter. Noch verdeckte der Schleier das Gesicht. Durch die feinen Poren konnten beide Frauen hindurchblicken. Glenda, die näher zum Rand hin lag, sah es als Erste und glaubte, ihr Herz würde zerspringen, so rasend schnell fing es an zu klopfen.
Unter dem sehr dünnen, rauchgrauen Schleier zeichnete sich zwar ein Gesicht ab, aber das war es nicht. Wenigstens kein normales Gesicht, wie man es von einem Menschen her gewohnt war.
Und auch die Flecken auf der Innenseite des Schleiers wollten nicht dazu passen.
Sie klebten dort wie lange Streifen, wie hineingetupft und hatten eine rote Farbe.
So rot wie Blut…
Wie auch das Blut, das an der rechten Mundhälfte klebte, wo ein Teil der Lippen fehlte und Zahnreihen sichtbar wurden.
War das ein Mensch?
Einen Moment später erhielten die beiden Frauen die Antwort, denn mit einer blitzschnellen Kopfbewegung schleuderte die Frau den dunklen Schleier zurück.
Ein Gesicht mit lederartiger Haut starrte beide Frauen an. Das war nicht alles.
Die Frau riss ihren halb verwesten oder zerfetzten Mund völlig auf und präsentierte ihre Zähne.
Zwei davon waren lang und spitz.
Vampirhauer!
***
Die Welt um beide Frauen herum erstarrte. Die Zeit blieb stehen. Das Paradies hatte sich in diesem Moment tatsächlich in eine Hölle verwandelt. Alles andere war nebensächlich geworden. Glenda und Jane hatten nur Augen für diese furchtbare Fratze, die nun kein Schleier mehr verbarg.
Wer war diese Person mit der dunklen Haut? Ein Vampir, das stand fest, aber gehörte sie in den Harem des Sultans? Beherbergte dieser Potentat als Gespielinnen tatsächlich Blutsaugerinnen unter seinem Dach?
Der Anblick war furchtbar. Das Paradies war eine blutige Vampirhölle, ein blutiger Harem, in dem sich furchtbare Wiedergänger und Untote bewegten.
Kaum zu fassen, aber der grausamen Wahrheit entsprechend. Beide im Wasser liegenden Frauen wussten nicht, wie viel Zeit nach Entdeckung dieses schrecklichen Anblicks vergangen war, sicherlich nur Sekunden, ihnen aber kam es mehr als dreimal so lang vor.
Noch hockte die Gestalt am Beckenrand, präsentierte die halb verwesten Lippen und ihre beiden gelblichweißen Vampirzähne, bevor sie eine Handfläche von den Fliesen nahm und die gleitende Bewegung fortführten, sie nur in eine andere Richtung brachten.
Eine Hand schoss auf Glenda zu!
Bespannt mit einer dünnen, graubraunen Haut, vergleichbar mit Pergament.
Glenda wurde von dieser plötzlichen Attacke überrascht. Es gelang ihr nicht mehr, den Kopf zur Seite zu drehen. So krümmten sich die Finger der Klaue und griffen tief hinein in das anvisierte Ziel, Glendas Haare.
Sie schrie auf, als der Schmerz ihren Kopf durchzuckte, denn das weibliche Monstrum hatte an den Haaren gerissen, und so wollte es auch das erste Opfer aus dem Wasser zerren.
Mit Händen und Beinen schlug Glenda um
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