0648 - Die Stunde des Ghouls
Friedhof des Nachbardorfes von Ghouls überfallen worden, die Schwester und Jaime Hernandez ermordet, und die Ghouls hätten auch versucht, diese beiden Menschen noch umzubringen…
Auch hier kein weiterer Vermerk, nur die Niederschrift.
Zamorra sah auf. »Und was haben Sie unternommen, Teniente?«
Felipe Cordobez zuckte mit den Schultern. »Was hätte ich unternehmen sollen? Hingehen und die Ghouls verhaften?«
»Ich fragte nicht, was Sie hätten unternehmen sollen, sondern was Sie unternommen haben«, ließ Zamorra nicht locker.
»Ich habe die beiden wieder nach Hause geschickt«, sagte Cordobez. »Es liegt doch auf der Hand, daß es sich um den gleichen Unsinn handelt wie auf unserem Friedhof. Die Leute drüben haben gesehen, daß El Palmito auf diese Weise in die Zeitung gekommen ist, und wollten dasselbe auch für sich und ihr Dorf erreichen. Da spiele ich aber nicht mit. Irgendwo hat auch so etwas eine Grenze.«
»Hier wird erwähnt, daß es Tote gegeben hat«, sagte Zamorra und trommelte mit den Fingern auf das Papier. »Das war in El Palmito nicht der Fall.«
»Nun, jeder Wichtigtuer setzt bekanntlich noch eins drauf, damit er im Gegensatz zu seinem Vorgänger ernster genommen wird.«
»Sie haben also nicht versucht, herauszufinden, ob an der Sache etwas dran ist?«
»Hören Sie, Señor Zamorra. Es war mitten in der Nacht. Mein Kollege hätte eigentlich Dienst gehabt, war aber nicht zu erreichen. Gott allein weiß, wo er sich herumgetrieben hat. Also hat man mich aus dem Schlaf geklingelt. Mein Pech, daß ich nicht nur mein Büro hier habe, sondern auch hier wohne. Und dann kommen diese beiden jungen Leute mit einer so haarsträubenden Geschichte? Ich hätte ihnen noch 'ne Ohrfeige geben sollen, damit sie einen solchen Blödsinn künftig nicht noch einmal machen. Ghouls, die Menschen zerreißen… wo gibt es denn so etwas? Es gibt keine Ghouls, wirklich nicht. Das war hier bei uns ein Gag für die Presse. Wenn man normalen Vandalismus etwas aufbauscht, dann…«
»Wo ist Ihr arbeitsscheuer Kollege denn jetzt?« unterbrach Nicole ihn.
»Gormon? Was wollen Sie von dem? Der weiß doch erst recht nichts davon.«
»Gormon«, wiederholte Zamorra leise. »Zufällig Jorge Gormon?«
»Woher wissen Sie das?«
»Unsere Abteilung weiß mehr, als Sie ahnen«, warf Nicole ein. »Nett, daß Sie wenigstens die Personalien der beiden Leute aufgenommen haben. Dann erreichen wir sie leichter. Haben Sie vielen Dank für Ihre tatkräftige Unterstützung, Teniente Cordobez.« Sie notierte die Namen und Adressen auf einem kleinen Zettel und steckte den in Zamorras Hemdtasche, weil sie selbst an ihrem Kleid nichts taschenähnliches besaß und Handtaschen verabscheute - die waren nur lästig und hinderlich, wenn man beide Hände brauchte. Daher trug Nicole eigentlich lieber Jeans, aber hier im hintersten, provinziellen, traditionellen Mexiko hielt sie konservative Kleidung für angebrachter.
Sie ging zur Tür. Zamorra folgte ihr hinaus.
»Fahren wir also ins Nachbardorf«, sagte er, »und tun das, wozu dieser Sandkastensheriff zu dämlich war.«
»Eher zu arrogant.«
»Sicher auch das. Die Sache hat allerdings auch einen Vorteil: die örtliche Obrigkeit wird uns nicht dazwischenpfuschen. Wie bist du nur auf diese Idee gekommen, uns als irgendwelche Geheimdienst-Fuzzies hinzustellen? Das scheint der Bursche voll gefressen zu haben.«
»Und wie bist du auf den Namen Jorge Gormon gekommen?« fragte Nicole zurück. »Kennst du den etwa? Wenn ja, woher?«
»Kennen ist vielleicht etwas übertrieben. Aber der Name ist mir bekannt. Während des Fluges habe ich mich einmal kurz mit Destinato unterhalten.«
»Wann das denn? Der war doch die meiste Zeit in der Bordtoilette…«
Seiner körperlichen Ausdünstung wegen. Der typische Gestank von Ghouls ließ sich nicht immer hundertprozentig unterdrücken, und Nicole hatte darauf bestanden, daß Destinato sich so weit wie möglich von den anderen Fluggästen fernhielt, um sie nicht mit seinem Artgeruch zu belästigen. Dabei brauchten sie ihn nicht einmal unter direkter Aufsicht zu halten; wohin sollte er im Flugzeug schon flüchten? Nach draußen? Das überlebte auch eine Kreatur seiner Art nicht.
»Manchmal muß man ja auch mal zur Toilette«, grinste Zamorra. »Und da habe ich mich kurz mit ihm unter vier Augen unterhalten. Der Sippenchef, der diese ganze Horde von Schleimstinkern zusammengerufen hat, heißt Jorge Gormon.«
»Merde«, murmelte Nicole. »Ein Polizist als
Weitere Kostenlose Bücher