0649 - Der Junge von Stonehenge
des Leidens hinein. Ich konnte ihm nicht helfen. Auf meine Fragen bekam ich keine Antwort. Er war nur mit sich selbst und mit seinen Gedanken beschäftigt.«
»Kannte er Stonehenge?«
»Natürlich. Die Steine haben ihn fasziniert. Sie sind zu seinem Hobby geworden. Er forschte, er wollte unbedingt herausfinden, woher sie kamen. An der Uni hat er mit keinem darüber gesprochen, Stonehenge war seine Privatsache, und er musste genau dort auf etwas gestoßen sein, das ihn so veränderte.«
»Und er hat Ihnen wirklich nicht gesagt, was dieser Fund gewesen sein könnte?«
»Nein, ich stand außen vor.«
»Aber er war wichtig.«
»Sicher, denn er veränderte meinen Mann.«
Ich hatte gemerkt, dass die Frau nichts mehr wusste. Und ich glaubte auch nicht, dass sie mich anlügen würde, nicht in einer Situation, in der sie steckte.
»Halten Sie durch, Mrs. Conrad!« sagte ich zum Abschluss. »Halten Sie um Himmels willen durch.«
Sie weinte plötzlich, dann legte sie sich zurück, und es sah so aus, als würden die Flammenzungen ihren Bewegungen folgen.
Ich schloss die Tür von außen. Erst als ich wieder im Flur stand, merkte auch ich die Weichheit in meinen Knien. Dieser Anblick hatte mich hart getroffen, denn auf ihn war ich nicht vorbereitet gewesen. Auf dem Weg nach unten drehten sich meine Gedanken um Tim, den Jungen.
Wer war er? Wieso kannte er mich? Was hatte ihn in diese Zeit geführt?
Er wollte mich bei den Steinen haben, und ich würde dort bestimmt die Erklärung bekommen.
Auf der Straße war es noch immer ruhig. Sie lag im grellen Glanz der Sonne. Allmählich schien sie schon zu lang. In gewissen Gebieten war es bereits zu trocken geworden. Man sprach bereits von Wasserknappheit. Auf manchen Feldern vertrocknete die Ernte.
Ich setzte mich in den Rover und schloss die Tür nicht, als ich zum Hörer griff und mit Sir James telefonierte. Dessen Stimme hörte sich schlapp an. Auch er litt unter dem Wetter, obwohl er in seinem Büro saß. »Haben Sie etwas erreicht, John?«
»Ich denke schon.«
»Bitte.«
Ich erklärte ihm, wo mein nächstes Ziel liegen würde, und Sir James zeigte sich überrascht.
»Direkt nach Stonehenge?«
»Genau. Man wird dort auf mich warten, Sir.«
»Und Sie in eine Falle hineinlaufen lassen.«
»Das würde ich nicht direkt unterschreiben, Sir. Dieser Tim will etwas von mir. Ich möchte nicht vermessen sein, Sir, aber ich habe den Eindruck, die Hauptperson in diesem Fall zu sein, obwohl ich mich bisher mit der Nebenrolle zufrieden geben musste.«
»Dann ändern Sie das.«
»Ich werde mich bemühen, Sir.«
»Viel Glück, John…«
»Danke Sir. Und noch etwas. Ich liebe die Steine…«
***
Kara hatte natürlich nicht mehr geschlafen und ständig nachgedacht.
Auch als der lichthelle Tag die Dunkelheit vertrieb, war sie noch zu keinem Ergebnis gekommen. Sie hatte für die Herkunft des Jungen keine Erklärung.
Nicht nur mit Myxin sprach sie darüber, auch der Eiserne Engel wurde hinzugezogen. Er lebte ebenfalls bei den Flammenden Steinen, war aber auch oft unterwegs, da er gewisse Nachforschungen treiben musste, die seine Vergangenheit angingen.
Er hörte zu, was die beiden zu sagen hatten. Sie standen draußen vor der Hütte. Der Eiserne schaute gegen die Steine, über ihnen leuchtete der grelle Ball der Morgensonne.
»Wie hat der Junge überhaupt den Weg gefunden?« erkundigte er sich mit leiser Stimme.
»Das fragen wir uns auch.«
»Und du kanntest ihn wirklich nicht, Kara?«
»Nein. Aber ich spürte, dass er gefährlich ist, was er mir schließlich auch bewiesen hat. Ich konnte nicht einmal mein Schwert gegen ihn einsetzen.«
»Wolltest du ihn denn töten, Kara?«
»Auf keinen Fall, nur bewusstlos schlagen. Er hatte sich zu einem Hasserfüllten Bündel verwandelt. Ich bekam den Eindruck, in das Gesicht eines Zerstörers zu schauen, der alles vernichten wollte.«
Der Eiserne und auch Myxin dachten darüber nach, dass es dem Jungen gelungen war, Karas Schwert zu manipulieren. »Gibt es ein Beispiel dafür in Atlantis?« fragte der kleine Magier.
Der Eiserne Engel, eine mächtige Gestalt, die aussah, als bestünde sie tatsächlich aus Metall, hob die Schultern. »Ich denke die ganze Zeit darüber nach. Auch aus meiner atlantischen Hochblüte kenne ich niemand, das muss ich euch sagen.«
»Was ist mit dir, Myxin?«
Der kleine Magier lächelte. »Muss ich dir da noch eine Antwort geben, Kara? Wäre er mir über den Weg gelaufen, hättest du es als erste
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