0649 - Killer-Vampire
Die Sache mit dem Gehorsam gefällt mir übrigens auch nicht.«
Kimura nickte. »Das stimmt. Es ist seltsam, aber wenn Leigh etwas befiehlt, will ich es sofort ausführen, als wäre das der größte Wunsch in meinem Leben… oder was auch immer ich jetzt habe. Ich kann mich nicht dagegen wehren.«
»Na und?« entgegnete Matsuo. »Früher hast du alles tun müssen, was dein Boß gesagt hat, ob's dir gepaßt hat oder nicht. Jetzt tust du eben alles, was Leigh will. Wir haben einfach nur eine Familie gegen die andere getauscht. Was soll's?«
»Eigentlich hast du recht«, gab Takahashi zu. »Trotzdem gefällt es mir nicht. Wißt ihr, daß ich keine Menschen da draußen auf dem Bürgersteig sehe? Für mich ist da nur potentielle Beute.«
Matsuo lachte. »Natürlich. Das siehst du, weil wir an der Spitze der Nahrungskette stehen. Da draußen ist nur Beute.«
Er sah zurück auf den Monitor. »Apropos Beute«, sagte er dann. »Da kommen unsere ersten Opfer.«
Takahashi und Kimura gesellten sich zu ihm und betrachteten das Bild.
»Wer ist das denn neben den beiden?« fragte Matsuo.
Kimura seufzte. »O nein, das ist O'Neill. Mit dem hatte ich letztes Jahr ganz große Schwierigkeiten.«
Matsuo schlug ihm aufmunternd auf die Schulter. »Dann hast du jetzt die Gelegenheit, dich zu revanchieren. Ich mache euch einen Vorschlag. Du nimmst den Bullen, Takahashi die Frau und ich den Dämonenjäger. Einverstanden?«
Takahashi beachtete ihn kaum. Er starrte die drei Menschen auf dem Monitor an, ohne sie richtig zu sehen. Fast glaubte er zu hören, wie das Blut durch ihre Adern und Venen raste, vorbei an dem pochenden Herzen und hinauf zur Halsschlagader, wo man am leichtesten an den roten Saft herankam. Akira Takahashi, der eben noch philosophische Diskussionen über seinen Zustand geführt hatte, spürte plötzlich, wie die Bestie ihn ihm erwachte und die Kontrolle über seinen Geist übernahm. Jetzt wußte er, was es wirklich bedeutete, ein Vampir zu sein.
»Los, fahren wir!«, zischte er gierig.
***
O'Neill stand im Hinterhof einer der zahlreichen Sushi-Bars in Little Tokyo und überlegte, wie, zum Teufel, er auf die Idee gekommen war, sich auf diese Sache einzulassen. Dabei hatte er anfangs geglaubt, die Situation im Verhörraum unter Kontrolle zu haben, zumindest bis zu dem Moment, in dem dieser Zamorra ihn irgendwie dazu gebracht hatte, eine Nummer in Florida anzurufen, von der aus er weiter verbunden wurde und auf einmal mit Robert Tendyke von Tendyke Industries sprach, einem Mann, den er nur von den Titelbildern bekannter Wirtschaftszeitschriften kannte. Der hatte dem Detective von der Zusammenarbeit seines Unternehmens mit Zamorra und Nicole Duval vorgeschwärmt und O'Neill dazu beglückwünscht, solche Berater bei einem so schweren Fall zu haben. Schließlich hatte der Detective sich nur noch bei Tendyke bedankt und aufgelegt. Keine fünf Minuten später hatte er den beiden Franzosen alles erzählt, was er über den Fall wußte, ihnen Akteneinsicht versprochen und sogar seine Theorie über die verschwundenen Killer geschildert. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, war er mit seinen neuen »Beratern« ins Auto gestiegen und zu dem Tatort gefahren, an dem einer der Killer verschwunden war.
Und jetzt stand er in einem dunklen, nach altem Fisch stinkenden Hinterhof und sah zu, wie Zamorra und seine zugegebenermaßen sehr attraktive Begleiterin mit einer Metallscheibe spielten.
Dabei hätte allein Zamorras Bemerkung über die blutleeren Leichen reichen sollen, ihn als dringend tatverdächtig einzustufen. Außerdem gab es keinen Beweis, daß er tatsächlich mit Robert Tendyke gesprochen hatte. Das hätte auch jemand sein können, den die Franzosen engagiert hatten, zu einer bestimmten Zeit irgendwo in Florida ans Telefon zu gehen und seinen Text aufzusagen.
Und - was hatte dieser Tendyke überhaupt mit der Sache zu tun? Der war weder Staatsanwalt noch Richter noch Polizist noch Detektiv.
Du kannst es ruhig zugeben, Jack, dachte O'Neill sarkastisch, du hast den Verstand verloren.
»Sie sehen nicht sehr glücklich aus, Detective«, unterbrach Nicoles Stimme seine Gedanken.
Er zuckte die Achseln. »Mir wird nur langsam klar, daß ich gerade dabei bin, meinen Job zu verlieren.«
Aus dem Augenwinkel sah er, wie Zamorra sich im Schneidersitz auf den Boden setzte und die Metallscheibe anstarrte.
»Was macht denn Ihr Partner da?« fragte er neugierig.
»Er versucht herauszufinden, was mit dem Japaner passiert
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