065 - Dem Dämon als Geschenk
wir uns an den offenen Kamin, in dem dicke Buchenscheite krachend brannten. Das Feuer gab eine angenehme Wärme.
Di Meola hob sein Glas, nickte zuerst Vicky und dann mir zu und sagte: »Es freut mich aufrichtig, daß Sie meiner spontanen Einladung gefolgt sind. Ehrlich gesagt, so ganz sicher war ich nicht, daß Sie kommen würden. Schließlich haben Sie beide sehr viel zu tun.«
Ich lächelte. »Eben deshalb muß man ab und zu ein paar Tage Erholung in die Hektik einstreuen, damit die Sache nicht in Streß ausartet.«
»Das ist eine sehr vernünftige Einstellung, Mr. Ballard«, lobte der Maler, aber ich war eigentlich nicht an seinem Lob, sondern an der Wahrheit interessiert. Wann würde er endlich damit herausrücken?
Ich nippte von meinem Drink und mußte zugeben, daß di Meola den Scotch mit Recht gelobt hatte. Der edle Saft schmeckte tatsächlich hervorragend.
Das schien mir der Maler anzumerken, denn er fragte: »Gut?«
Ich rollte die Augen und schnalzte mit der Zunge. »Sehr gut. Woher haben Sie den?«
»Ich beziehe ihn von einer kleinen Brennerei direkt aus Schottland. Wenn Sie wollen, gebe ich Ihnen gern die Adresse.«
Ich wollte, und di Meola erhob sich, verließ kurz den Salon und brachte mir eine Geschäftskarte der Brennerei.
»Vielen Dank«, sagte ich und steckte die Karte ein.
Der Maler war mit seinem Drink sehr schnell fertig, holte die Flasche und goß sich noch einmal ein. Auch damit bewies er Vicky und mir, daß er Probleme hatte. Herrgott noch mal, warum redete er nicht endlich von sich aus mit uns darüber? Das war doch der wahre Grund, weshalb er uns in sein Haus geholt hatte. Er wollte uns nicht nur wiedersehen. Er brauchte anscheinend Hilfe.
Da er nach dem dritten Glas immer noch keine Anstalten machte, uns zu sagen, was ihn bedrückte, entschloß ich mich, ihm helfend unter die Arme zu greifen.
»Wir waren überrascht, als wir Ihre Einladung bekamen«, sagte ich.
Er lachte gepreßt. »Hoffentlich angenehm überrascht?«
»Das auf jeden Fall. Ich erinnere mich noch genau an unsere erste Begegnung. Wir haben uns auf Anhieb verstanden.«
»Ja, das klappt nicht bei jedem. Ich fand Miß Bonney und Sie sofort sympathisch.«
»Und Sie hatten Vertrauen zu uns«, sagte ich.
»Das auch.«
»Und weil Sie damals Vertrauen zu uns hatten, und weil Sie erfuhren, welchen Job ich habe, sind Vicky und ich heute hier, ist das richtig, Mr. di Meola?«
Er wich meiner Frage geschickt aus, indem er sagte: »Ach, bitte, nennen Sie beide mich Tom, ja? Einfach Tom. Es würde mir gefallen, wenn wir Freunde würden.«
»Ich hätte nichts dagegen einzuwenden, Tom«, fuhr ich fort. »Aber wäre unter Freunden nicht mehr Aufrichtigkeit angebracht?«
Er schaute mich an, als hätte ich ihm eine Ohrfeige gegeben. »Wie darf ich das verstehen, Tony?«
»Sie haben ein Problem«, sagte ich ihm jetzt auf den Kopf zu.
Seine Augen wurden groß. »Woher wissen Sie…?«
»Man braucht sich nur Ihre Bilder anzusehen. Oh, sie sind großartig wie alle Ihre Werke, aber ihnen fehlt der spürbare Optimismus früherer Werke.«
»Sie scheinen ein sehr guter Beobachter zu sein, Tony.«
»Das gehört mit zu meinem Beruf«, sagte ich. »Aber vielleicht hätten mich Ihre Bilder nicht so schnell darauf gebracht, daß Sie Schwierigkeiten haben. Die depressive Note Ihrer Werke hätte auch eine neue Masche von Ihnen sein können. Inspektor Andrews erzählte uns keine besonders erfreuliche Geschichte.«
Tom di Meola atmete tief durch. Er senkte den Blick. Bevor er uns endlich sagte, was ihn bedrückte, mußte er noch einmal zur Flasche greifen. Ich fragte mich, wie oft er das in den letzten Tagen und Wochen wohl getan hatte, bevor er sich dazu überwand, Vicky Bonney und mir diesen Brief zu schreiben.
»Ich hatte nicht die Absicht, unaufrichtig zu sein«, sagte der Maler. Langsam hob er den Blick und schaute abwechselnd Vicky und mich an. »Ich fand es unpassend, gleich in meinem Schreiben die Angst zu schildern, die mir im Nacken sitzt. Ich dachte, es wäre besser, Ihnen erst davon zu erzählen, wenn Sie hier sind. Und selbst da wollte ich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Ich wollte es Ihnen langsam beibringen. Schonend, gewissermaßen.«
»Uns brauchen Sie nicht zu schonen«, sagte ich. »Wir sind einiges gewöhnt.«
»Ja, das hätte mir eigentlich klar sein müssen«, sagte der Maler unglücklich. »Und nun sieht es so aus, als wäre ich Ihnen gegenüber nicht ganz ehrlich. Vielleicht haben Sie von mir sogar
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