065 - Dem Dämon als Geschenk
dich auf den Reichtum, der dich erwartet.«
Ihre Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit. Sie tappten nicht mehr wie Blinde durch die Kapelle.
Vor ihnen stand der Altar in der Finsternis. Kevin Crawford blickte sich suchend um. Er hielt nach dem Gold Ausschau, von dem sein Freund so viel erzählt hatte.
»Wo ist denn nun das viele Gold, der irre Reichtum, hm?« fragte er. Er konnte seine Enttäuschung kaum noch unterdrücken. Wieder einmal war er auf das Geschwafel dieses Blödmanns hereingefallen. Aber das war nun wirklich das letzte Mal gewesen. Noch einmal sollte ihn Mahoney nicht drankriegen.
»Es muß Gold hier sein!« sagte Mahoney überzeugt.
»An den Wänden hängt nichts, das wirst du inzwischen ebenfalls gemerkt haben.«
»Na schön, dann eben hinter dem Altar. Oder darin. Bist du zu bequem, um nachzusehen?«
Kevin Crawford sog die Luft prüfend ein. »Riechst du das?«
»Was denn? Du weißt, daß mein Richkolben die meiste Zeit verlegt ist. Wenn du mir die Augen verbindest, kann ich einen Hering nicht von Chanel Nr. 5 unterscheiden. Was riechst du denn?«
»Ich weiß es nicht. Es riecht irgendwie eigenartig.«
»Wundert dich das? Hier ist zweihundert Jahre lang nicht gelüftet worden.«
»Modergeruch… Fäulnis… Verwesung…«
»Komm schon, nicht nach so langer Zeit. Du bildest dir ein, die Hexe und ihren Freund zu riechen, aber das kann nicht sein. Vielleicht fand eine Ratte hier rein und nicht mehr raus.«
»Mittlerweile suchen uns die Bullen«, sagte Crawford.
Mahoney lachte verhalten. »Aber mit Sicherheit nicht hier. Auf die Idee, wir könnten in der Teufelskapelle sein, kommen die nie.«
»Ich bin dafür, daß wir verduften.«
»Ohne das Gold? Hast du 'ne Meise?« empörte sich Mahoney.
»Begreifst du nicht, daß du dich geirrt hast? Du findest in meinem Mund mehr Gold als in dieser Kapelle. Laß uns gehen, Fred. Ich fühle mich hier drinnen nicht wohl.«
Fred Mahoney war nicht dazu zu bewegen, die Teufelskapelle zu verlassen. Selbst als sein Komplize drohte, allein zu gehen, gab er nicht nach, und so wollte ihm Kevin Crawford beweisen, daß es ihm mit seiner Drohung ernst war.
Er wandte sich dem Tor zu.
Ein leises Flappern geisterte durch die Kapelle. Crawford konnte nichts sehen, aber er war sicher, daß sich die erste Fledermaus in die unheimliche Kapelle verirrt hatte.
Verrückt war das, eine Kapelle ohne Fenster zu bauen.
Crawford machte den ersten Schritt. Da war ihm, als sehe er in der Dunkelheit zwei Gestalten.
Er blieb stehen und quetschte Mahoneys Vornamen durch die Zähne.
»Ich dachte, du wolltest gehen«, spöttelte der Freund. »Soll ich dich an der Hand hinausführen? Findest du den Weg nicht allein, oder hast du Angst?«
»Laß den Blödsinn, Fred! Wir sind nicht allein hier!«
Crawford zog sich zurück. Im Krebsgang ging er an Mahoney vorbei. Vor dem Altar verließ ihn der Mut für einen weiteren Schritt. Ihm war auf einmal, als würde er nachtsichtig werden. Er vermochte die Dunkelheit mit den Augen plötzlich besser zu durchdringen. So etwas hatte er noch nicht erlebt. Wieso konnte er auf einmal besser sehen? Er nahm nicht mehr nur die Umrisse seines Freundes wahr, sondern Einzelheiten, und ihm fiel auf, daß die Wände der Teufelskapelle völlig kahl waren.
Von wegen Gold! dachte er ärgerlich. Fred ist ein Idiot, und ich bin ein noch viel größerer, weil ich mich von ihm immer wieder überreden lasse.
Er hielt die Luft an. Dieser üble Geruch hatte sich verstärkt. Roch es Fred immer noch nicht?
Seine Nase muß zugelötet sein, sagte sich Kevin Crawford. Aber ist er auch blind? Sieht er die beiden Gestalten immer noch nicht?
Crawford schluckte trocken, als ihm bewußt wurde, daß die Gestalten schwarze Kutten mit hochgeschlagenen Kapuzen trugen.
War es möglich, daß er Vanessa Drake und Zachary Jaggom sah? Aber die waren doch damals ermordet worden!
Aber die unheimlichen Kuttengestalten waren kein Trugbild. Sie kamen näher! Endlich erblickte auch Fred sie.
»He, wer seid ihr denn?« fragte er. »Hattet ihr zufällig dieselbe Idee wie wir? Habt ihr die Mauer niedergerissen? Euer Pech, daß wir die Kapelle zuerst betreten haben. Also verschwindet!«
Stumm kamen die Gestalten näher. Fred Mahoney kniff die Augen zusammen, um noch besser zu sehen.
»Sagt mal, was soll denn die Maskerade?« fragte er.
Was meint er denn damit? fragte sich Kevin Crawford, denn er konnte noch nicht sehen, was sein Freund wahrnahm.
Die beiden
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